Der Schnitzelbangg D Gwäägi und der Auftritt der alten Garde von Top Secret sind die raren Höhepunkte des Charivari 2014, das im Ganzen zwar flüssig, aber letztlich doch etwas gar bedächtig daherkommt.
Wenn wir hier den Auftritt des Schnitzelbanggs D Gwäägi hervorheben, dann liegt das nicht (zumindest nicht in erster Linie) daran, dass die Vortragenden Zeitungshüte mit dem Logo der TagesWoche tragen. Ihr Auftritt gehörte unbestritten zu den Höhepunkten der Charivari-Premiere vom Samstag. Die Bänggler überzeugten mit fein gedrechselten und originellen Versen, die in überraschenden Pointen mündeten. Auf grosse Begeisterung beim Publikum stiess vor allem der lange Schlussvers, der sich in mehreren Volten um die BVB-Affäre schlang:
Der Vers ist hier nur unvollständig zu hören, wer wissen möchte, wie’s weitergeht, muss halt ins Charivari gehen.
Das Charivari 2014 markierte einen Neubeginn. Nach der letztjährigen Ausgabe hatte sich Produzent Erik Julliard von Regisseur Danny Wehrmüller, der die traditionelle Kleinbasler Vorfasnachtsveranstaltung dreimal geleitet hatte, «getrennt», wie es hiess. An seine Stelle trat nun Colette Studer, die Tochter des Charivari-Obmanns Walter F. Studer, die dem Anlass bislang als Ensemblemitglied der Raamestüggli (so wird das im Programm geschrieben) verbunden war.
Schöne Bilder, flüssiger Ablauf
Dass die Regisseurin trotz ihrer Regiearbeit nicht darauf verzichtete, selber auf der Bühne mitzuwirken, darf als Gewinn verbucht werden. Denn ihre Soloauftritte als Charivarimännli (bzw. -fraueli) gehörten zu den inhaltlich besseren Raamestüggli an diesem Abend. Besonders als rotzige Gugge-Tussi vermochte sie ihre einnehmende Bühnenpräsenz unter Beweis zu stellen. Und es war zudem einer der wenigen Auftritte, der sich mit zumindest einigermassen frechen Sprüchen auszeichnete. Etwa so: «Dr Morin isch so grüen, dass d Küeh scho an ihm schlägge düen.»
Auch als Regisseurin vermochte Colette Studer im Grossen und Ganzen zu überzeugen. Sie bettete die Raamestüggli mit viel Fluss in das Gesamtgeschehen ein und schuf zusammen mit dem präzise aufspielenden Ensemble insbesondere beim Prolog und Epilog – eine Spieluhr mit vier philosophierenden Narren – auch schöne Bilder. Nur inhaltlich vermochte keine der Nummern von den Stühlen zu reissen. Dabei hätte das Basler Politjahr doch wahrlich genügend Stoff für bissige Nummer geboten. Dass dies durchaus möglich ist, bewiesen eben D Gwäägi mit ihrem Auftritt.
Den Raamestüggli fehlte es aber eindeutig an Biss. Ein Beispiel dafür ist das Baustellen-Stüggli mit dem Titel «Grääbe grabe» – eine Reverenz an den legendären Charivari-Auftritt von Frau Aenishänsli (alias Megge Buser) aus dem Jahr 1982 mit dem «Graabe-Lied». So wurde die Idee, die Bauarbeiter als Playmobil-Figuren zu zeigen, szenisch zwar durchaus originell umgesetzt. Wenn aber die einzige Pointe darin besteht, dass die Bauarbeiter da sind, um nichts zu tun, dann hat dies inhaltlich zu wenig Fleisch am Knochen. Aufgrund des klischeehaft deutsch radebrechenden italienischen Vorarbeiters wäre doch eigentlich offensichtlich ein Verweis auf den missratenen Comedy-Auftritt des Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät angesagt gewesen. Dieser aber blieb aus.
Musikalisch überzeugender
Einen besseren Eindruck hinterliess das Charivari 2014 mit den Musiknummern. D Spale Clique bewies mit ihren drei Auftritten (Regimäntsdochter, Spaledörli und S Hündli), dass sie zu den musikalisch herausragenden Stammvereinen der Fasnacht gehört. Die Trommler der VKB überraschten das Publikum damit, dass sie in römischen Legionärskostümen eingekleidet nicht etwa d Römer, sondern dr Dreier trommelten. D Schotte Clique bewies mit ihrem Auftritt zwar, dass sie zu den Vorzeige-Guggenformationen Basels gehört, das vorgetragene Stück «Lion King» hatte aber merkwürdig wenig Drive.
Bleiben die Auftritte der Schäärede Pfyfferinnegruppe und der alten Garde der Tambourengruppe Top Secret. D Schäärede demonstrierten insbesondere mit ihrer Darbietung von Bert Kaempferts Easy Listening-Klassiker «Swinging Safari» Piccolokunst auf höchstem Niveau. Allerdings wäre ihr präzise und überzeugend arrangierter Vortrag in einem intimeren Rahmen – etwa am alle zwei Jahre stattfindenden Museumsconzärtli – wohl besser zur Geltung gekommen als im grossen Saal des Volkshauses.
So vermochten die Spitzenpfeiferinnen den Ahnen der weit über die Basler Grenzen hinaus bekannten Top Secret-Tambouren nicht ganz das Wasser zu reichen. Ihr fulminanter, von einem Schlagzeuger begleiteter Auftritt, war der musikalische Höhepunkt des Abends. «Zrugg zem Groove» nennen sie ihr Stück, das auch den Untertitel «Zurück zur Basler Trommel» tragen könnte. Denn anders als der Hauptharst des erfolgreichen Basler Trommelexports traten sie nicht mit den kleineren Snare Drums auf, die mit der Basler Trommeltradition nur noch wenig zu tun haben, sondern eben mit der guten alten Basler Trommel, die sich, wie zu erleben war, für virtuose Vorträge mit Schlegelfechten und -jonglage noch immer bestens eignet.