Ein Platz gibt zu reden

Die Neugestaltung des Basler Wielandplatzes stösst bei Architekten auf Kritik

Auf dem Wielandplatz sind immer wieder gefährlichen Szenen zu sehen. Weil der Platz aber so weitläufig ist, kommt es selten zu Unfällen. (Bild: Nils Fisch)

Die Verwaltung will den Basler Wielandplatz neu gestalten. Ein Vorhaben, das ausgerechnet bei Architekten auf Kritik stösst.

Der Wielandplatz ist eine Seltenheit in Basel. Keine Ampeln, keine Fahrspuren und kein Verkehrspolizist, der die sternförmig über den Platz fahrenden Verkehrsteilnehmer reguliert.

Busse, eilige Pendler auf dem Nachhauseweg, Töffli, Velos und E-Bikes kreuzen sich hier wild. Es gilt Rechts vor Links, aber weil das nicht jeder weiss, kommt es immer wieder zu riskanten Manövern. Weil der Platz im Gotthelfquartier aber so weitläufig ist, hat es immer genug Platz zum Ausweichen. Zu Unfällen kommt es vergleichsweise selten.

Trotzdem: Mit der Situation am ­Wielandplatz sind nur die wenigsten zufrieden. Im Grossen Rat gab es immer wieder Versuche, die Regierung dazu zu bewegen, den Platz umzugestalten. Erfolglos. Erst als Anwohner 2006 eine Petition einreichten, kam Bewegung in die Sache – wenn auch sehr zögerlich.

Seit zwei Jahren nun schmiedet das Bau- und Verkehrsdepartement in enger Zusammenarbeit mit der Quartierbevölkerung Pläne, wie sie den seit 1890 existierenden Platz erneuern soll. «Ziel der Umgestaltung ist es, die Verkehrsführung zu optimieren und die Fussgängerüberquerungen kürzer und sicherer zu gestalten», sagt Projektleiterin Tamara Scarpellini.

Die Zusammenführung der Verkehrsachsen schaffe klare Verhältnisse und biete die Chance, die gewonnenen Flächen neu zu nutzen. Die Umgestaltung habe aber nicht nur verkehrstechnische Optimierungen zum Ziel. «Der Wielandplatz wird zum Schützenmattpark geöffnet. Der Platz wird viel grüner und Sitzgelegenheiten werden zum Verweilen einladen», so Scarpellini.
Für den neuen Wielandplatz müssen 27 Parkplätze gestrichen werden. Geben Regierung und Parlament grünes Licht, wird die Umgestaltung, die geschätzte 3,5 Millionen Franken kosten soll, 2014 in Angriff genommen.

Kritik am Projekt kommt jetzt jedoch von unerwarteter Seite – vom Bund der Schweizer Architekten (BSA), Sektion Basel. Eine Berufsgruppe, die nicht gerade dafür bekannt ist, sich gegen Erneuerungen zu wehren. «Manchmal ist keine Veränderung auch gut. Wir würden es aus städtebaulicher und architekturhistorischer Sicht sehr bedauern, wenn dieser, in seiner Grosszügigkeit für Basel einmaligen Platz, in seiner räumlicher Ausprägung verändert werden sollte», sagt Vorstandsmitglied und Architekt Marco Zünd.

«Völlig überflüssiger Eingriff»

Man sehe weder die Dringlichkeit von verkehrstechnischen Massnahmen, noch könne man die gestalterische Begründung nachvollziehen. «Der Eingriff ist völlig überflüssig. Das Faszinierende und Qualitative am Wielandplatz ist ja gerade, dass man nicht weiss, wohin es gehen soll.»

Der BSA-Vorstand hat seine Bedenken Kantonsbaumeister Fritz Schumacher schriftlich mitgeteilt. Eine Antwort gab es bisher nicht. Schumachers Mitarbeiterin Tamara Scarpellini zumindest kann die Einwände des BSA nicht nachvollziehen. «Der Platz wird auch nach der Umgestaltung grosszügig bleiben.»

Mehr mit der Umgestaltung anzufangen weiss der Neutrale Quartierverein (NQV) Spalen-Gotthelf. Eine vernünftige Sache sei das, auch wenn manche den Wegfall der Parkplätze bedauern würden, sagt Co-Präsident Claude von Orelli. Gerade für ihn als Velofahrer sei die aktuelle Situation auf dem Platz manchmal unmöglich, zumal die Fläche so gross sei.

Etwas vorsichtiger zeigt sich Johanna Gloor-Bär, Co-Präsidentin des NQV Bachletten-Holbein. Sie stört sich vor allem an den Übergängen des Platzes. «Ich begrüsse, dass wir vom Baudepartement einbezogen wurden. Wie sinnvoll die Umgestaltung ist, werden wir sehen.»

«Manchmal ist keine Veränderung auch gut.»
Marco Zünd

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 31.08.12

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