2013 wird uns als sonniger Jahrgang des Sommerfestivals «Im Fluss» in Erinnerung bleiben. Für die Zukunft denkt Kapitän Tino Krattiger bereits über neue Finanzierungsformen nach: Zum Beispiel Crowdfunding für teure Acts.
Mit den Konzerten von Leonti (Freitag, 16. August) und Patent Ochsner (Samstag, 17. August) geht die diesjährige Ausgabe von «Im Fluss» zu Ende. Eine der betörendsten Stimmen Basels und eine der bekanntesten der Schweiz bilden damit den Abschluss der Konzertreihe.
Bereits heute kann man sagen: Es war ein starker Jahrgang. In Sachen Programm der beste, an den sich unsereiner erinnern kann – entsprechend waren auch die Reaktionen am Kleinbasler Ufer, wo die Mischung aus talentierten internationalen Bands und national-regionalen Lieblingen auf positive Resonanz gestossen ist.
Man soll auch mal loben, wenn etwas wirklich gut ist. Weshalb wir Kapitän Krattiger zu einem Kaffee eingeladen haben.
Tino Krattiger, warme Temperaturen, kaum Regen und ein Programm, das die hohen Erwartungen erfüllt hat. Sind Sie auch zufrieden mit dem Floss-Jahrgang 2013?
Ja. Es hatte während der Ferien sehr viele Leute in der Stadt – und vor dem Floss. Es hat nur zweimal geregnet, bei Anna Rossinelli merkten wir das gar nicht gross – offenbar hat sie eine hartnäckige Fanbasis, die in Pelerinen und mit Schirmen ausharrte. Das war eine schöne Erfahrung. Überhaupt war die Stimmung sehr friedlich, sehr schön. Seit dem letzten Wochenende sind die Temperaturen zwar leicht gesunken, und mit ihnen ging der Publikumsaufmarsch zurück – doch ist das wohl auch auf den Schulbeginn zurückzuführen.
Die Sitzplätze waren aber auch in dieser Woche fast jeden Abend belegt.
Ja, diese 600 Plätze sind eigentlich fast immer gut besucht. Aber in den letzten Tagen hat es nicht ganz so «gekocht» am Uferweg wie in den ersten zwei Wochen.
Das Programm war für ein breites Publikum ansprechend, heuer überzeugten gerade auch die internationalen Acts.
Dieses Lob gebührt Heinz Darr. Er hat dem Programm im dritten Jahr eine Handschrift gegeben, mit der auch ich sehr glücklich bin. Wir haben lernen müssen, dass Bands aus der Punkrock-Ecke nicht so passen. Heinz hat die Konsequenzen gezogen und einen Stilmix hingekriegt, der sehr gut ankam.
Und das, obschon Sie 2013 weniger Geld zur Verfügung hatten.
Wir hatten weniger Sponsorengelder, doch betraf das nicht das Gagenbudget. Wir haben dieses sogar erhöht und in diesem Jahr für die 17 Konzerte insgesamt 100’000 Franken ausgegeben. Das Tragische war, dass Heinz trotz höherem Gagenbudget viele Absagen erhalten hat. Die Gagen der internationalen Bands steigen ungebremst weiter – und übersteigen so oft unsere Möglichkeiten. Um all unsere Wünsche zu erfüllen, müssten wir das Gagenbudget nochmals verdoppeln. Doch das liegt leider nicht drin.
Hat die Kollekte diesen Sommer nicht deutlich mehr eingebracht?
Leider nicht. Warten wir jetzt mal noch das Konzert von Patent Ochsner ab, aber den Kollektenrekord von 2009, unserem 10-Jahr-Jubiläum, werden wir wohl nicht toppen können. Am meisten Geld brachten bisher Tocotronic ein, deren Fans nahmen zum Teil sogar die Fischernetze in die Hand und halfen sammeln. Sowas erlebt man aber längst nicht jeden Abend. Gerade Bands, die ein jüngeres Publikum anlocken, bringen weniger Geld ein. Andererseits sind aber die 30-jährigen Besucher selber noch Teenager gewesen, als wir starteten. Der Gedanke, dass wir jetzt schon eine Generation durch den Sommer begleitet haben, entschädigt ja auch irgendwie.
«Die Tocotronic-Fans brachten in diesem Jahr am meisten Geld ein.»
Sie haben via Crowdfunding eine zusätzliche Einnahmequelle aufgetan. Ein Versprechen für die Zukunft?
Naja, es war ein netter, wichtiger Zustupf. Wir konnten damit einen Teil der Infrastruktur verbessern, die Bar vergrössern. Aber wir müssen jedes Jahr 300’000 Franken auftreiben, so betrachtet sind die 13’000 Franken, die wir via wemakeit gesammelt haben, natürlich nicht entscheidend. Zumal der Zeitaufwand gross ist für eine Crowdfunding-Aktion. Womöglich wäre es ideal, wenn wir auf diese Weise die Gage für einen Wunschact sammeln würden. So könnte sich das Publikum seine Traumband aufs Floss holen und dazu beitragen, dass – nur als Beispiel – auch ZüriWest mal auf dem Floss spielen würden.
Eine interessante Idee. Möchten Sie künftig Wunschkünstler via Crowdfunding finanzieren?
Warum nicht? Doch die Sache hat einen Haken: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Booking-Agenturen damit einverstanden wären. Die wollen ja nicht, dass bei der Gruppe XY steht: 15’000 Franken. Denn über Gagen soll nicht öffentlich gesprochen werden.
«Mit Crowdfunding könnte das Publikum künftig vielleicht seine Traumband aufs Floss holen.»
Heisst das jetzt, auch am Ende einer tollen Ausgabe wie dieser bleiben Sorgenfalten?
Nein, so will ich das nicht verstanden haben. Wir haben in diesem Jahr wirklich viel bewegen können. Mit einem internationalen Programm, mit schönen Abenden am Rheinufer. Und auch in Sachen Infrastruktur und Gastronomie sind uns wichtige Schritte Richtung Professionalisierung gelungen. Nein, nein, ich will nicht klagen und bin zufrieden.
«Ich bräuchte einen zeitlichen Spielraum über das ganze Festival.»
Ihr persönliches Highlight kommt noch: Patent Ochsner. Ihre Begeisterung für die Berner ist bekannt. Was war bisher die grösste Freude für Sie?
Ich stehe besonders auf traurige, lyrische Musik. Der irische Singer-Songwriter Mick Flannery war daher eine tolle Entdeckung. The Bellrays aus New York haben mich förmlich weggeblasen. Bei Tocotronic gefiel mir sehr, dass sie ein ganz anderes Publikum angezogen haben. Und dann hat mir natürlich auch das Boban und Marko Markovic Orkestar sehr gut gefallen, welches Volksfeststimmung ans Ufer zauberte – und die Zugabe stehend auf dem Boot spielte.
Das Konzert des Markovic Orkestars war tatsächlich herrlich, voller Lebensfreude. Schade, dass Sie keinen Verlängerungs-Joker hatten, den Sie ausspielen konnten. Die Tausendschaften am Ufer hätten sich eine amtliche Zugabe gewünscht.
Ich weiss. Aber wir haben es jetzt gut mit Behörden und Anwohnern und halten uns an die Regeln. Das mit Jokermöglichkeiten ging mir aber auch schon durch den Kopf. Ich bräuchte einen Spielraum über das gesamte Festival. Manchmal wäre es gescheiter, ich könnte nach einem stündigen Konzert noch drei Minuten Spielzeit dazugeben. Ansonsten klatschen nämlich 3000 Leute am Ufer minutenlang, was ja nicht leiser ist. Aber immerhin: Wir hatten drei Konzerte, die 90 Minuten dauern durften. Das mussten wir im Vorfeld definieren und hat sich bewährt. Ich überlege mir nun, ob wir ein, zwei Abende streichen wollen – und dafür etwas längere Spielzeit beantragen. Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
- Die letzten Konzerte «Im Fluss»:
- Freitag, 16.8., 21-22 Uhr: Leonti (BS)
- Samstag, 17.8., 20.30-22 Uhr: Patent Ochsner (BE)