Eine Geschichte ohne Happy End

Mit dem Konzept einer Kaffee-Buch-Bar sorgte das Nasobem für frischen Wind im Basler Buchhandel. Der Einsatz war gross, doch der Umsatz zu gering. Ende Juni müssen Franziska und Mich Freivogel den Laden schliessen.

Mit dem Konzept einer Kaffee-Buch-Bar sorgte das Nasobem für frischen Wind im Basler Buchhandel. Der Einsatz war gross, doch der Umsatz zu gering. Ende Juni müssen Franziska und Mich Freivogel den Laden schliessen.

«Twitter erbricht jetzt dann grad», sagt Franziska Freivogel. Die 31-jährige Buchhändlerin hat ihren wunderbar trockenen Humor nicht verloren. Dabei ist es zum Weinen: Das Nasobem, ihr Nasobem, muss schliessen. Das hat sie heute morgen auf den Online-Kanälen verbreitet – und seither zwitschert es unentwegt in der Timeline, und klingelt auch ständig das Telefon. Nur die Kunden im Laden an der Güterstrasse, die beiden Väter, die mit ihren Kindern in Büchern schneuggen, scheinen nicht zu wissen, dass die letzte Stunde des Nasobem geschlagen hat. Dass hier gerade ein letztes Kapitel geschrieben wird.

Eigentlich ein bestechendes Konzept

Dabei begann alles so viel versprechend: Gemeinsam mit ihrem Mann Michael setzte Franziska Freivogel vor vier Jahren ihren Traum in die Realität um und eröffnete ein eigenes Geschäft. Das Konzept war eigentlich bestechend: Ein Buchladen mit Treffpunktcharakter, mit Wohnzimmercharme, mit persönlicher Ausstrahlung, guter Musik, an der Güterstrasse, im Herzen des Gundeliquartiers.

Seit Pep + No Name Jahre zuvor in die Innenstadt umgezogen war, gab es in dieser Kleinstadt hinter dem Bahnhof keine Buchhandlung mehr. «Ganz bewusst entschieden wir uns daher fürs Gundeli», erzählt Franziska Freivogel. Die gelernte Buchhändlerin wusste, dass man den Leuten im Internetzeitalter einen Grund geben muss, damit diese für eine Buchbestellung ihre vier Wände verlassen. Kompetente Beratung ist das eine. Ergänzende Leistungen das andere: Eine Kaffeebar und ein Veranstaltungsraum lockten die Leute zusätzlich an.

An Buchstaben mangelte es nicht – wohl aber an schwarzen Zahlen

Dass ein Drittel der Einnahmen aus der Gastronomie stammen würde, war von Beginn so kalkuliert. Doch der Umsatz reichte nicht aus, um die Personal- und Mietkosten decken zu können. «Wir kamen nie aus den roten Zahlen heraus», sagt sie. Und das trotz unermüdlichem Einsatz des Gastgeberpaars, die zudem eine Lehrtochter und Serviceangestellte beschäftigen. Jetzt ziehen Hauptaktionärin Franziska und VR-Präsident Mich Freivogel die Notbremse.


Dass Freunde und Familie, die sie als Aktionäre unterstützt haben, Abstriche machen müssen, bedauern sie sehr. Ihren eigenen Verlust hingegen trägt Franziska Freivogel – zumindest nach aussen – mit Fassung. «Klar, ich verliere viel Geld. Aber dafür habe ich meinen Traum verwirklichen können. Wir hatten eine wunderbare Zeit hier», sagt sie. Wehmut? Sicher. 2010 wurde das Nasobem vom Verband der Schweizer Buchhändler noch als Newcomer des Jahres gewürdigt. «Ich finde das Konzept nach wie vor bestechend», gibt Freivogel auch selber zu. «Ein Freund erzählte mir kürzlich, dass in San Francisco vergleichbare Buchhandlungen wie Pilze aus dem Boden schiessen.»

Die Schweiz ist aber offenbar noch nicht so weit. Oder das Gundeli das falsche Quartier. Oder der Markt zu gesättigt. Keine Buchpreisbindung. Kein Kaufrausch … es mögen viele Gründe sein, die jetzt zur Schliessung des Nasobem führen, Franziska Freivogel will die Schuld gar nicht auf andere oder auf äussere Umstände zurückführen, sie zeigt Grösse, bis zuletzt. Selbst ihr Vermieter sei ihnen entgegengekommen, sagt sie. Es hat einfach nicht sollen sein.

Was folgt, ist der grosse Ausverkauf

Die Betroffenheit, das zeigte sich allein auf Twitter, ist gross. So gross, dass einige Kunden schon in den ersten Minuten solidarisch fragten, wie die Situation zu retten sei. Doch Franziska Freivogel winkt ab: Retten könne man das Nasobem nicht mehr. Aber helfen: Nach der Schliessung Ende Juni wird es einen grossen Verkauf des Inventars geben, auf dass nicht alles Geld der Freunde verloren sei. Zudem gehe es darum, möglichst schnell einen Nachmieter zu finden, läuft der Mietvertrag doch noch bis 2014. Freivogels selber suchen neue Jobs – und für ihre Lehrtochter einen anderen Ort, wo diese ihre Ausbildung abschliessen kann.

Bleibt noch die Frage: Wenn ein innovativer und umtriebiger Betrieb wie das Nasobem sich nicht halten kann, was bedeutet das dann für jene Buchhandlungen, die «nur noch» von der alten Stammkundschaft leben? Man weiss gar nicht, ob man die Antwort hören möchte.

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