Eine Predigt voller Wärme – ohne sprödes Bibel-Blabla

Gottesdienst in der Basler Predigerkirche, 25. November 2012, 10 Uhr.

Gottesdienst in der Basler Predigerkirche, 25. November 2012, 10 Uhr.

Die Christkatholiken sind eine kleine ­Gemeinschaft. Da kennt man sich. Offensichtlich ist das schon bei der Begrüssung. Ein warmer Händedruck hier, ein paar ­Küsschen dort. Und so geht es in der Messe ­weiter – menschlich, auch bei der Predigt.

Die rund 50 Messegänger werden nicht mit Bibel-­Blabla gelangweilt und sie müssen sich erst recht nicht abkanzeln lassen. In der schlicht-schönen Predigerkirche spricht ein Mensch zu ihnen. Einer, der nicht perfekt ist, aber gut sein will, als Christ und als Mensch. Und auch als Prediger, mag das Thema noch so schwer sein – so wie heute. Die Apokalypse! Das schreckliche Ende – einerseits. Und das Ende aller Schrecken – andererseits. Gefürchtet von den einen, herbeigesehnt von den anderen, den Verzweifelten. Tausendfach angekündigt und tausendfach verschoben. Und was lernen wir daraus?

Dass Gott nicht direkt in die Geschichte eingreift, dass er das Böse nicht aufhält. Aber dafür hat er, und das ist die Hauptbotschaft dieser mit ­Bibelzitaten und aktuellen Be­zügen angereicherten Predigt, ein Gegenkonzept geschaffen und lebendig werden lassen: Jesus, der Wahrhafte, der Furcht- und Selbstlose. Ein perfektes Vorbild für uns Menschen, die für ihre vielen Schwächen nur allzu rasch eine Ausrede parat haben.

Natürlich hat man das alles auch schon mal gehört, nur nicht unbedingt so freundlich, so überzeugend ehrlich, so interessant auch. Diese inhaltliche Wärme scheint sich auf das Kirchenvolk zu übertragen. Hier singen die meisten noch richtig mit, mit voller Stimme. Schön auch die Orgelbegleitung wie überhaupt die ganze Ambiance in dieser Kirche, die in ihrer Ungekünsteltheit schon fast ­protestantisch wirkt.

Anders die Zeremonie; sie ist weder spröde, noch verkopft (wie zum Teil bei den Protestanten), gleichzeitig aber auch überhaupt nicht weihrauchgetränkt und überladen (wie zum Teil bei den Katho­liken, von denen sich die Christkatholiken 1870 nach der Verkündung der päpstlichen Unfehlbarkeit getrennt hatten). Ein Problem scheint dennoch offensichtlich: der Nachwuchs. In die Messe kommen vor allem ­Ältere – und nur ein Kind, das bald einschläft. Aber immerhin zufrieden. Was in anderen Kirchen ja auch kaum möglich wäre, so hart wie die Bänke dort sind.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.11.12

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