Eine runde Sache

Wieso sind Fotos eckig, obwohl die Linsen rund sind?

Der eine Gentlemen hält eine Kodak Nr.1 und wird von ebensolcher fotografiert. (Bild: Library of Congress)

Wieso sind Fotos eckig, obwohl die Linsen rund sind?

Da kann man fernsehen, wie man will. Pupillen und Netzhäute sind und bleiben trotzdem rund. Rund sind auch die Linsen von Fotoapparaten. Ebenso die Bilder, die sie in die Kamera projizieren. Dort drin sitzt jedoch ein rechteckiger Bildsensor oder Film. Und wenn der ein Bild aufzeichnet, dann wird es eckig. Das war nicht immer so.

1888 brachte die Fotofirma Kodak die erste Kamera für den Massenmarkt heraus, eine Boxkamera mit dem simplen Namen Kodak Nr. 1. Sie sollte das damals noch aufwendige Fotografieren wesentlich vereinfachen und eroberte die Welt in Windeseile. Was vorher nur Spezialisten mit Fachwissen vorbehalten war, konnte der frisch geborene Fotoamateur nun plötzlich millionenfach praktizieren.

Die Kamera hatte bloss zwei Knöpfe und ein Aufziehrad. War der Film voll, schickte man die Kamera an einen Filmentwicklungsdienst und erhielt Tage später die Bilder samt der frisch geladenen Kamera. Der Werbeslogan hiess: «You press the button, we do the rest.» Der Clou der Bilder war aber der: Sie waren kreisrund.

Die fehlenden Ecken und parallelen Bildränder zwangen den Fotografen mehr oder weniger, sein Sujet in die Bildmitte zu rücken. So sahen fast alle Aufnahmen ganz passabel aus. Ein Fotograf mit höheren Ambitionen hatte dadurch aber bald seine liebe Mühe, einen spannenden Bildaufbau zu gestalten.

Verflixte Form

Wie jeder weiss, ist es nicht ohne, einen Kreis zu zeichnen. Ein Papier kreisrund auszuschneiden ist ebenfalls erheblich aufwendiger, als zwei parallele Schnitte zu machen. Ein rundes Buch rollt davon, einen runden Falz gibt es trotz Origami immer noch nicht, und runde Bildschirme haben sich nie durchgesetzt, obschon wir so mehr Bild zu sehen hätten. Denn der Bildschirm muss ja immer dem von Natur aus runden Bild vier Stücke abschneiden, um es in die rechte Form zu bringen.

Gestalten im Kreis hat also seine Tücken. Meistens trifft am Ende der Merksatz zu: «Fehlen die Diagonalen, leidet der Fotograf Qualen.» Keine Ecken, keine Seiten, keine Diagonalen, keine Länge, keine Breite – das Wenige, was «rund» zu bieten hat, heisst Rand und Mitte. Selbst ein Bildhorizont zerschneidet die Scheibe in zwei langweilige Irgendwasse.

Eine App, die die Smartphone-Nutzer zu runden Bildern bewegen wollte, ist mittlerweile aus dem Appstore verschwunden. Es will einfach nichts werden mit den runden Bildern. Nur eines mit vier Ecken ist eine runde Sache.

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