Das Drummeli 2012 von Regisseurin Bettina Dieterle feierte am Samstag im Musical Theater Uraufführung. Ein wuchtiger Monstre-Jahrgang mit markantem Bouquet und harmonischem Abgang.
Der Epilog bringt sie auf den Punkt: jene widersprüchlichen, starken, tiefen Gefühle, welche alle kennen, die dem Fasnachtsfieber verfallen sind. Kurt Walter, als gut bedienter Waggis auf einem späten Heimweg, gibt eine Jammer-Tirade zum Besten, die sich gewaschen hat. Ungekünstelt, aber voll von trunkenem fasnächtlichem Weltschmerz – und dann fegt das Grande Finale alle Zweifel hinweg.
Pfeifen und Trommeln mischt sich mit schrägen Guggemuusig-Tönen: Genauso, wie wir es an den drey scheenschte Dääg auf der Strasse erleben. Der rote Teppich für Frau Fasnacht ist ausgerollt. Der Vorhang fällt, eine sackstarke Drummeli-Premiere ist zu Ende gegangen.
Flink, scharfzüngig, elegant
Das Monstre 2012 mit seinen 18 Cliquen wird von der neuen Regisseurin Bettina Dieterle rasant inszeniert. Es hat nicht nur Rahmenspiele anzubieten, sondern neu auch Zwischenspiele, wie sie das Programmheft nennt. Es handelt sich dabei um Wortwitz-geladene Sprachspielereien, die vom Ensemble sitzend dargeboten werden. Auf der Leinwand im Hintergrund leuchtet dazu jeweils ein mächtiges Fragezeichen. Flink, scharfzüngig und elegant sind die Reime gedrechselt, die unsere zeitgenössischen Macken und Marotten durch den Kakao ziehen. Die Pointen treffen, ob es nun um das Basler Medien- Unwetter, um postmodern Essensgewohnheiten oder um den Jeep Chicoree – äh ‚tschuldigung – Cherokee geht, mit dem so mancher, der auf der Landschaft wohnt, in die Stadt Basel zu fahren pflegt. Très bon!
Dasselbe gilt für die eigentlichen Rahmenstiggli: In einer fröhlich absurden Fernsehnummer werden Plätzli für genauso absurde einsame Haustiere gesucht, die – ganz und gar nicht unabsichtlich – an Basler Politiker und Cervelat-Promis gemahnen. In der Balkonszene kommt es zu einem Showdown zwischen zwei ausgesprochen rüden Damen, die aus Zürich beziehungsweise aus Deutschland ans Drummeli gereist sind, die Sache eher seltsam interpretieren, und sich lautstark ankeifen. Über den Kopf eines verzweifelten Bebbi hinweg, der auf der Bühne einfach seinen Auftritt durchziehen will.
Stöffeli von Herrliberg
Auch das Käsperli-Theater über Herzog Stöffeli von Herrliberg, der mit seinen treudoofen Kameraden zusammen das Stöggli stürmen will, überzeugt auf der ganzen Linie. Und wenn dann die Fasnachts-Zombies den «Thriller» tanzen, steht die Welt sowieso Kopf! Zwischendurch gibt’s immer wieder warnende und mahnende Durchsagen der «Drummeli-Leidstelle», schliesslich kann man so ein grosses Publikum nicht einfach sich selbst überlassen: Eine ordnende Instanz muss sein! Bravo, Madame Dieterle, das alles ist mehr als nur ordentlich gemacht, ganz und gar nicht schlecht, um das Kompliment baslerisch zu formulieren.
Nun aber zu den Cliquen. Die ersten beiden Auftritte bringen Nostalgie-Flair auf die Bühne: D Seibi mit einem spritzigen «Hanswurscht» und d Pfluderi Clique mit einem starken «Festival Marsch». Dann feiert die Jungi Lälli als Drummel- und Pfyfferschuel ihren hundertsten Geburi, mit der Uraufführung eines flotten «Jubelmarsch». Gleich danach kommt der Lälli-Stamm auf die Bühne und spielt seinen Jungen ein «Regimäntsdochter»-Ständeli: Grandios. Auch die Aagfrässene schleichen sich mit einer Uraufführung ans Publikum an – der elegante Marsch heisst «Leopard» und schickt uns auf eine Safari.
Beste Basiliensia bringen uns der Barbara Club mit dem «Lisettli» und d Giftschnaigge mit «Die Alten Kameraden», hier ist sogar dr guet alt HD Läppli mit von der Partie. Es folgt eine dreifache Tour de Force: D Wiehlmys begeben sich mit dem «Pfadfinder» in die Wälder, d Olympia-Tamboure ruessen martialisch und kraftvoll «D Römer» und d Märtplatz-Clique lässt den «Gendarme» erklingen, als Hommage an den cholerischen Komödianten Louis de Funés.
…und zum Zweiten
Der zweite Teil wird vom Central Club Basel eröffnet: Sie meistern das anspruchsvolle Stück «Le Prisonnier De Hollande» bravourös. Der fetzige «Bossa Nova» der Rätz-Clique lässt die Temperatur im Musical Theater um einige Grade steigen. Herrlich absurd dann der «Radetzky-Marsch des Dupf Club, wie hier auf nackten Bäuchen (!) getrommelt wird – das hat wahrlich dadaistische Qualitäten. Sodann steigt «S’Gschpängschli» aus der Gruft, beschworen von den Rootsheere. Folgt die Kuddlebutzer- Hommage «Sodeli» von der Naarebaschi-Clique, die mit ihrem Auftritt s Bötschli ehrt, die grosse verstorbene Rahmestiggli-Dame: Das ist Fasnachtsmusik auf höchstem Niveau.
Das Gleiche dürfen wir über «Na Sdarowje» berichten, auch d Basler Bebbi haben es musikalisch nämlich faustdick hinter den Ohren! D Optimischte entführen uns mit dem «Escamillo» in die tönende Welt von Georges Bizet und packen den Stier bei den Hörnern. Nun folgt nur noch Seligkeit: d Muggedätscher und d Verschnuufer fusionieren für eine «Pfyffer Daagwach», sie pfeifen und ruessen uns direkt in den Fasnachtshimmel!