Elefanten, Teppiche und Seelentöpfe

Vier Expeditionsteams reisten nach Südostasien, Ozeanien und Afrika und brachten interessante Gegenstände sowie Kulturwissen mit. Die erste Dauerausstellung im Museum der Kulturen nach dem Umbau heisst darum «Expeditionen. Und die Welt im Gepäck».

Durch das Fernrohr kann man Fotos von Expeditionen an der gegenüberliegenden Wand betrachten. (Bild: Karen Gerig)

Vier Expeditionsteams reisten im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Südostasien, Ozeanien und Afrika und brachten interessante Gegenstände sowie Kulturwissen mit. Die erste Dauerausstellung im Museum der Kulturen nach dem Umbau heisst darum «Expeditionen. Und die Welt im Gepäck».

Ab dem 29. Juni kann man die neue Dauerausstellung über Expeditionen im Museum der Kulturen besichtigen. Im Zentrum der Ausstellung stehen zahlreiche Objekte, die Expeditionsteams für das Museum mitbrachten.

Die Eröffnung der ersten Dauerausstellung nach dem Umbau im Museum der Kulturen ist keine Reaktion auf die Kritik am Ausstellungskonzept von Direktorin Anna Schmid, wie man aufgrund der gezeigten Fülle von Objekten meinen könnte. «Sie wurde bereits 2008 geplant», sagt Schmid. Trotzdem könnte die Dauerausstellung, in die man sich auch dank umfangreichem Dokumentationsmaterial auf Computerbildschirmen richtig vertiefen kann, ein paar der Kritiker besänftigen, die vor allem an der reduzierten Sprache der letzten Sonderausstellungen Anstoss nahmen.

Ceylon als erste Expedition

Die Dauerausstellung «Expeditionen» wurde von einem Kuratorenteam unter der Leitung von Gaby Fierz auf die Beine gestellt. Den Anfang machten die Gebrüder Paul und Fritz Sarasin, die zwischen 1883 und 1925 Ceylon (das heutige Sri Lanka) bereisten. Ursprünglich interessierten sie sich hauptsächlich für den Indischen Elefanten und eine Schlangenart. Vor Ort fiel ihnen der Stamm der Veddah als Studienobjekt auf und sie begannen auf einer weiteren Expedition diese Bevölkerungsgruppe mit naturwissenschaftlicher Gründlichkeit zu vermessen und zu dokumentieren.

In der Ausstellung ist eine Nachbildung einer Veddah-Familie aus Gips zu sehen, neben einigen Alltagsgegenständen. Des Weiteren fanden die Gebrüder Sarasin Artefakte aus der Steinzeit, die sie zu einer dritten Expedition veranlassten. Einige ihrer Funde aus diesen Grabungen sind ausgestellt.

Sammeln um zu retten

1910 unternahm Felix Speiser-Merian, der Neffe der Gebrüder Sarasin, eine Expedition nach Vanuatu, einem Inselstaat im Südpazifik. Er brachte Kultgegenstände – unter anderem in Form von Masken – mit. Er begann als erster systematisch ethnologische Gegenstände und Wissen über ursprüngliche Kulturen zu sammeln. Ihm sei es sehr darum gegangen, Gegenstände einer Ursprungskultur zu retten, indem er sie für das Museum sammelte, sagt Alexandra Wessel, Kuratorin für Ozeanien. Er dokumentierte die Ethnologie der Insel auch schriftlich. Eine Besonderheit der Inselbevölkerung sind die 183 Sprachen, die dort gesprochen werden. Eine Wand der Ausstellung von Speiser ist Objekten des Alltags gewidmet. Dort hängt beispielsweise ein Muschelhorn, das zu besonderen Anlässen wie einer Geburt geblasen wurde. «Speiser stellte Ethnografie am Objekttyp dar», beschreibt Wessel.

Kulturen vergleichen

Die Museumskommission beauftragte 1935 den damaligen Handelsschullehrer Alfred Bühler eine Expedition nach Ostindonesien und auf die Insel Timor zu unternehmen und die dortige materielle Kultur zu dokumentieren. Er versuchte anhand von Objekten den kulturellen Zusammenhang zwischen Südostasien und Melanesien nachzuweisen.

Neben Gegenständen der Insel Timor ist ein Musikinstrument der westlich davon gelegenen Insel Roti, ein «Sasando», ausgestellt. dabei handelt es sich um ein Zupfinstrument mit 18 Saiten. Mit dem «Sasando» sei ein junger Mann zurzeit gerade dabei, einen indonesischen TV-Talentwettbewerb zu gewinnen, weiss Kurator Richard Kunz. Anhand der Verarbeitung von Materialien und Ornamenten – unter anderem auf Teppichen – habe Bühler versucht, regionalspezifische Kulturprovinzen herauszuarbeiten.

Kamerun in den 1950er Jahren

Neben Bühler beschäftigten sich Paul Hinderling und René Gardi auf ihrer Expedition nach Kamerun 1953 mit vorindustriellen Herstellungstechnologien. Sie interessierten sich vor allem für das Schmiede- und Töpferhandwerk. Gardi und Hinderling filmten und fotografierten Arbeitsprozesse. Foto-, Ton- und Filmdokumente sind in der Ausstellung zu sehen und zu hören.

Auffallend sind die sogenannten «Seelentöpfe» im jüngsten Ausstellungsteil. Hinderling hatte sie extra bei einer Töpferin in Auftrag gegeben, da bestehende «Seelentöpfe» nicht zu verkaufen waren.

Die Kolonialmächte untersagten damals den Erwerb von Waffen. Hinderling konnte das Verbot umschiffen, indem er von einem Kolonialbeamten konfiszierte Waffen für das Museum erhielt.

Die gesamte Ausstellung bietet eine reiche Fülle an ästhetischen und spannenden Objekten. Sie wird voraussichtlich die nächsten fünf Jahre gezeigt.

Vernissage der Dauerausstellung «Expeditionen. Und die Welt im Gepäck» ist am 28. Juni um 18.30 Uhr mit Ansprachen und freier Besichtigung mit anschliessendem Apéro.

 

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