Erntezeit im Paradies

Im Ourika-Tal südlich von Marrakesch kultiviert Christine Ferrari Safran. Für die aktuelle Erntezeit beschäftigt die Baslerin bis zu 50 Berberinnen. Die Qualität ihres «roten Goldes» ist weltweit bekannt.

«Reich werde ich damit nicht»: Für Christine Ferrari steht eine befriedigende Beschäftigung im Mittelpunkt.

(Bild: Lucas Huber)

Im Ourika-Tal südlich von Marrakesch kultiviert Christine Ferrari Safran. Für die aktuelle Erntezeit beschäftigt die Baslerin bis zu 50 Berberinnen. Die Qualität ihres «roten Goldes» ist weltweit bekannt.

Im Paradies duzt man sich. Darum stellt sich Christine Ferrari, 56, auch nur mit dem Vornamen vor. Nur einmal nennt sie ihren Nachnamen: Als sie eine Geschichte von früher erzählt, als sie noch in der Schweiz arbeitete, Gemeindeverwaltung Ziefen BL, später Kaiseraugst AG, und ein Herr Porsche sie am anderen Ende der Telefonleitung begrüsste. 

Das sorgt für einen Lacher in der heiteren Runde von Schweizer Touristen an diesem Sonntagmorgen im Ourika-Tal am Fuss des Atlasgebirges, 30 Kilometer ausserhalb von Marrakesch, Marokko.

Christine Ferrari betreibt hier eine Safran-Farm, das «Paradis du Safran», auf zwei Hektaren verteilen sich die Knollen von Crocus sativus, der Safran-Pflanze. Und jetzt blühen die Blumen violett, sechs Blütenblätter und: drei rote Safranfäden. Erntezeit im Paradies.



200 Mal bückt sich eine Erntehelferin, um ein Gramm Safran einzusammeln.

200 Mal bückt sich eine Erntehelferin, um ein Gramm Safran einzusammeln. (Bild: Lucas Huber)

Um sie dreht sich alles; sie sind das teuerste Gewürz der Welt, das «rote Gold». Christine Ferrari verkauft ihren Safran für 25 Euro das Gramm. Kein Wunder: 200 Mal bückt sich eine Erntehelferin, um ein Gramm des kostbaren Gutes einzusammeln, erst dann werden die Stempel aus der Blüte gelöst, von ihrem aromafreien unteren Teil befreit, schliesslich getrocknet (übrigens in einem Dörrex), Restfeuchtigkeit: 6,2 Prozent, ein Spitzenwert. Ferrari hat es ausgerechnet: Dreieinhalb Stunden Arbeit summieren sich – für ein Gramm Safran.

Da überrascht es auch nicht, dass Safran ein beliebtes Opfer von Fälschungen ist. Besonders beliebt: Kurkuma, wegen der Farbe. Auch Färberdisteln werden verwendet, Hühnerfedern, geraspeltes Holz, sogar gefärbte und getrocknete Fleischfasern. Darum bietet Christine Ferrari beim Besuch auch ein Safran-Seminar an. Sie gibt Tipps und Tricks, um echten von gefälschtem Safran zu unterscheiden, etwa durch ihre Trichterform.

Wichtig: Safran kommt immer erst ganz zum Schluss der Kochzeit ins Gericht.

500 Gramm reinen Safrans warf die erste Ernte ab, je zwei Kilo die beiden letzten. Ferrari verkauft das Gewürz direkt, liefert auch in die Schweiz, wo ihr Exmann den Vertrieb managt. Ein Bierbrauer bezieht ihren Safran, eine Bäckerei in Freiburg, die Basler Starköchin Tanja Grandits kocht mit Ferraris Safran.

Und die aktuelle Ernte? Es ist ein schlechtes Safranjahr. Ferrari spekulierte eigentlich auf fünf bis sechs Kilo, das wäre nahe am Höchstertrag. Doch obwohl Krokusse überall auf der Welt gedeihen und Temperaturen von 15 Grad unter bis 50 Grad über dem Gefrierpunkt meistern, sind sie Diven und blühen lediglich so üppig, wie sie es für nötig halten. Darum dürfte die Ernte auch in diesem Jahr bei etwa zwei Kilo liegen – Güteklasse 1, Bio-Schweiz-zertifiziert.

«Reich werde ich damit nicht», sagt Christine Ferrari. Das wolle sie auch gar nicht. Eine befriedigende Beschäftigung in einem gemächlichen Umfeld, kurz: Ein einfaches Leben und dabei Glück zu verspüren, das steht für sie im Mittelpunkt.

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