Es könnte so einfach sein

Um eine Stadt wie Basel zu beleben, braucht es nicht viel. Die Widerstände sind dennoch erheblich.

«Fast so viel Lebensfreude wie im Süden»: der St.Johanns-Park

Um eine Stadt wie Basel zu beleben, braucht es nicht viel. Die Widerstände sind dennoch erheblich.

Politiker, Stadtentwickler und andere Experten: Die «Mediterranisierung» erwähnen sie alle gerne. Der Begriff klingt ja auch gut – nach Süden, nach Wärme und Lebensfreude. Und an ein paar Orten wird sogar in der Schweiz nicht nur darüber geredet, sondern auch danach gelebt.

Im Basler St.-Johanns-Park zum Beispiel, in den die Eltern ihre Kinder aus Angst vor herumliegenden Spritzen bis vor Kurzem nur ungern liessen – wenn überhaupt. Das änderte sich erst, als die Christoph Merian Stiftung (CMS) die Anlage mithilfe der Stadtgärtnerei in einen wirklichen Park verwandelte: mit einem Pavillon inklusive Café, Bar und Treffpunkten sowie mit einem Spielplatz und einem Springbrunnen samt Planschbecken. Im vergangenen Sommer ist das Gesamtkunstwerk eingeweiht worden, seither trifft sich das halbe Quartier dort. Und zwischendurch auch die halbe Stadt, wenn wieder mal ein Fest oder ein Konzert stattfindet.

Ein toter Platz ist ein guter Platz

Es gibt in Basel aber auch andere Orte. Den Meret-Oppenheim-Platz zum Beispiel, den die meisten Pendler auf ihrem Weg zum Bahnhof so schnell wie möglich überqueren, vorbei an verschiedenen Verbots- und Warntafeln bei der Güterstrasse oder den paar armseligen Bäumchen auf der gegenüberliegenden Seite. Hier setzt man sich höchstens für eine hastig gerauchte Zigarette oder ein eilig verschlungenes Sandwich hin, was zumindest den SBB gefällt. Für sie ist an dieser Stelle – zumindest bis jetzt – nur ein toter Platz ein guter Platz, weil Leben in der Nähe der Geleise rasch gefährlich werden kann.

Nun lassen die SBB es aber immerhin zu, dass die Quartierkoordination Gundeldingen und die CMS bei den Feierlichkeiten zu «100 Jahre Meret Oppenheim» auf dem Platz den Film «Imago» über die Künstlerin und ihr Werk zeigen können.
Es ist ein erster, vorsichtiger Versuch, den Platz zu beleben. «Manchmal braucht es gar nicht viel bei einem solchen Prozess», sagt Monika Wirth, die bei der CMS für Soziales und Stadtentwicklung zuständig ist: «Sich zu erholen, sich zu unterhalten und etwas zu sehen zu bekommen, zum Beispiel andere Leute, die Boule spielen – darum geht es den Menschen, wenn sie auf einen solchen Platz oder in einen Park gehen.» Entscheidend sei, dass die Anwohner und Nutzer ihre Wünsche bei der Gestaltung solcher Treffpunkte einbringen können.

Bei der Neugestaltung des St.-Johanns-Parks hat das funktioniert. Dort wurden vom Quartierverein über den Kindertreffpunkt bis zum Altersheim alle in die Planung miteinbezogen.

Geduld, Geduld

Andernorts ist es schon schwieriger, gemeinsame Lösungen zu finden, am Rhein etwa, wo alle etwas ganz anderes wollen. Die Partyhungrigen Fete, die Anwohner ihre Ruhe; die Stadtentwickler neue Passagen und neue Buvetten, die Heimat- und Denkmalschützer den Erhalt des mittelalterlichen Stadtbildes. «Um solche Konflikte zu lösen, braucht es Zeit – und etwas Gelassenheit», sagt Wirth.

Trotz dieser Widersprüche hat sich Basel in den vergangenen Jahren gerade am Rhein stark entwickelt. Und noch immer liegt dort das grösste ­Potenzial – mit der Erweiterung der Flaniermeile auf Kleinbasler Seite Richtung Hafen und auf der anderen Seite Richtung Hüningen im Elsass. Davon zeigt sich jedenfalls Andreas Courvoisier überzeugt, Wirths Vorgänger bei der CMS, der heute ein eigenes Büro für Stadt- und Projektentwicklung führt. «Darauf können sich Basel und das Dreiland richtig freuen», sagt er.

Noch braucht es aber Geduld. Im Hafen, wo die Verwaltung schon in der ersten Phase der Umnutzung einige Fehler gemacht hat. Und am anderen Ufer, wo eine Einsprache einer ­unterlegenen Baufirma das lang erwartete Projekt des neuen Rheinuferwegs nun noch weiter verzögert. Aber wie sagte Monika Wirth: «Manche Dinge klären sich eben erst nach einer gewissen Zeit.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.08.13

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