Flusspferde haben eine enorme Bedeutung fürs Ökosystem. Nur hat das bisher niemand bemerkt – weil wild lebende Flusspferde ganz schön gefährlich werden können, und sich die Wissenschaftler vernünftigerweise nicht gern in ihre Nähe wagen.
Im Zoo sehen Flusspferde mit ihrer so schön behäbigen Art eigentlich ganz lieb aus. Wissenschaftler aber fürchten sie. Das vermeintlich niedliche Schnauben und Plantschen zum Beispiel erkennen Biologen als Warnzeichen. Ich werde mein Territorium verteidigen, will das Flusspferd so nämlich klarmachen. Die damit verbundene Aufforderung, man solle sich besser schnellstens zurückziehen, befolgen Wissenschaftler denn auch meistens.
Der Attacke eines vier Tonnen schweren Flusspferdes hat ein Mensch schliesslich wenig entgegenzusetzen. Wegrennen nützt auch nichts. So ein Flusspferd rennt locker so schnell wie ein in Panik geratener Mensch. Es muss bloss genügend motiviert sein, ihn zu kriegen. So kommt es, dass das Flusspferd unter Fachleuten als Afrikas gefährlichstes Grosstier gilt, das deutlich mehr Menschen auf dem Gewissen hat als Löwen oder Elefanten.
Dung als Lebenselixier
Und so kommt es auch, dass Flusspferde in freier Wildbahn noch kaum erforscht sind. Schon ihre Gestalt macht es den Wissenschaftlern nicht einfach. Sie können ihnen kaum GPS-Sender umlegen, um wenigstens ihre Aufenthaltsorte zu verfolgen, wie die Zeitschrift Nature berichtet. Nilpferde haben nämlich so gut wie keinen Hals. Die Sender fallen daher meist schnell wieder ab. Erste Erfolge wurden jetzt zwar mit Sendern erzielt, mit denen man auch Wale bestückt. Allerdings muss man extrem versiert mit dem Blasrohr sein, um das Flusspferd an der richtigen Stelle zu treffen. Ansonsten trudelt auch dieser Sender bald ohne Tier den Fluss runter.
Jetzt aber haben es Wissenschaftler geschafft, in einer Studie mittels Isotopenanalysen nachzuweisen, welch enorme Bedeutung die Flusspferde für aquatische Ökosysteme haben, also für das Leben in Gewässern. Die Tiere müssen dafür nichts weiter tun als das, womit sie eh den Grossteil ihrer Zeit verbringen: Genüsslich an Land Gras abweiden – und die Überreste später im Wasser wieder ausscheiden.
So verteilen Flusspferde enorme Nährstoffmengen vom Land ins Wasser um. Vor allem Kohlenstoff, Phosphor und Nitrat gelangen via Nilpferdkot in die Flüsse, und davon können wiederum Wasserlebewesen und Pflanzen leben. Die Mengen sind so gross, dass sie ganze aquatische Ökosysteme am Leben erhalten können – oder den Lebensraum zum Kippen bringen, je nach Laune der Natur.
«Kotpropeller»
Beim Verteilen der lebenswichtigen Nährstoffe stellen sich die Flusspferde übrigens äusserst geschickt an. Mit einer elegant-rotierenden Schwanzbewegung erfüllen sie ihren ökologischen Auftrag höchst effizient (siehe Box).
Der ökologische Nutzen dürfte den Flusspferden beim Einsatz ihres «Kotpropellers» natürlich herzlich egal sein. Aus ihrer Sicht tun sie das vor allem, um das eigene Revier möglichst rasch zu markieren. Und im Zweifelsfall ist ein bisschen Kot, gezielt quer über die Schnauze eines rivalisierenden Männchens verteilt, bestens dafür geeignet, mal wieder die Hierarchieansprüche zu unterstreichen.
Das Schauspiel, wie Flusspferde mithilfe ihres Schwanzes Kot verspritzen, lässt sich auch im Zoo Basel beobachten. Ein Hinweisschild am Gehege macht dort sogar extra darauf aufmerksam. Die TagesWoche hat bei Kurator Adrian Baumeyer nachgefragt, was es mit dem speziellen Verhalten des Flusspferds auf sich hat.
Herr Baumeyer, für Kinder ist der «Kotpropeller» der Flusspferde eine der grossen Attraktionen im Zolli.
Ja, Kinder sind tatsächlich immer sehr begeistert, wenn die Flusspferde ihren Kot mit Hilfe ihres Schwanzes in alle Himmelsrichtungen verteilen. Diese Tiere setzen ihren Kot eben nicht in Ballen ab, sondern verteilen ihn möglichst grossflächig, indem sie ihren kurzen Schwanz sehr schnell bewegen und so den Mist weiträumig verspritzen.
Was bezwecken sie damit?
Sie markieren mit diesem Trick ihr Revier. Würden sie Ballen absetzen, würden diese in der afrikanischen Hitze schnell antrocknen und dann nicht mehr so fein duften – falls sie nicht sowieso einfach davonschwimmen würden. Der «Kotpropeller» ist da deutlich effizienter.
Und diese Angewohnheit behalten die Flusspferde auch im Zoo bei?
Und ob. Wenn wir das Becken gereinigt haben, haben sie hinterher nichts Eiligeres zu tun, als ins Wasser zu steigen und erst einmal kräftig zu propellern, um dem Revier wieder den richtigen Geruch zu verpassen.
In der Studie (siehe oben) wird erwähnt, ein Flusspferd produziere acht Kilogramm Mist pro Tag. Der Zolli hält gleich drei Tiere. Da kommt ganz schön was zusammen.
Ehrlich gesagt: Ich glaube die Mistmenge wird in dieser Studie sogar noch unterschätzt. Unsere Flusspferde verdrücken jedes für sich täglich 30 Kilo Gras und Heu. Ab und zu legen wir der Abwechslung halber noch was drauf und füttern zusätzlich einen Apfel oder einige Rüeblischnitze. Der grösste Teil des Gefressenen muss ja nun einmal auch wieder raus. Wenn wir dann einmal pro Woche das Becken reinigen, gibt es jedenfalls immer ordentlich was zu schaufeln – und das obwohl der Grossteil des Kots beim Ablassen in der Kanalisation verschwindet.