Nach dem Abriss der teilweise ausgebrannten Villa Rosenau wird Kritik am Vorgehen der Behörden laut. Wurden die Habseligkeiten der Bewohner mutwillig zerstört? Eine Betroffene schildert die Ereignisse aus ihrer Perspektive.
Abklärungen, Beschluss und Vollzug beim Abriss der Villa Rosenau verliefen in Rekordzeit. Letzten Sonntag zerstörte nach Stand der Ermittlungen ein verheerender Kabelbrand die eine Hälfte des linksalternativen Kultur- und Wohnhauses am Stadtrand. Schon am Freitag machte das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) die «Villa» dem Erdboden gleich.
Aus dem Umfeld der Rosenau-Bewohner wurde ein Communiqué verfasst, in dem die Ereignisse rund um den Brand geschildert und weitere Entwicklungen im linksautonomen Spektrum aufgezeigt werden. Das Communiqué findet sich auf der Rückseite des Artikels.
Eine persönliche Betrachtung der Vorfälle gibt eine Betroffene, sie erzählt, wie die Polizei und das BVD verhinderten, dass ihre Besitztümer gerettet werden konnten.
Ihr Name ist ein anderer, doch hier wollen wir sie auf eigenen Wunsch Vera nennen. Vera (26) verkehrte seit gut zwei Jahren in der Villa Rosenau, angezogen von der Idee einer anderen Form des Zusammenlebens in einer Gruppe, in der alle Entscheide gemeinsam gefällt wurden. Also parkte Vera ihren zum Wohnbus umgebauten alten Mercedes vom Typ L’608d, mit dem einst für die UPS Pakete ausgeliefert wurden, neben der Villa. Ab und an schlief sie im Bus, wenn sie nicht in ihrer Behausung in der Stadt war.
Die Ereignisse aus der Sicht von Vera
Vera schildert, wie die Ereignisse abliefen, nachdem in der Sonntagnacht ein Brand die Villa Rosenau weitgehend verwüstet hatte: «Am Montag ging ich ins Büro der angrenzenden Frigo Suisse und fragte, ob ich den Wagen auf deren Gelände stellen darf, damit er weg von der Rosenau kommt. Nachdem ich das Okay erhielt, schob ich ihn einige Meter rüber.
Am Freitag, dem Tag des Abbruchs, kam ich in die Nähe des Geländes, um den Abriss zu dokumentieren. Ich wollte mit meiner Kamera festhalten, was passierte. Um 5.30 Uhr in der Früh nahm mich die Polizei mit und brachte mich für eine Personenkontrolle auf den Polizeiposten Kannenfeld. Dort wurde ich bis 9.00 Uhr in einer Zelle festgehalten. Als ich zurückkam, sah ich, dass die Polizeiabsperrung verschoben worden war und um meinen Mercedes verlief.
«Ich wurde aufs übelste beleidigt»
Ich sah, wie die Tür meines Busses offen war und Sachen daraus auf die Müllhalde geworfen wurden. Mein Velo stand ein paar Meter weg von mir hinterm Zaun. Ich bat die Arbeiter und Polizisten, mir wenigstens mein Velo zu geben, aber niemand fühlte sich zuständig. Bei der Frigo Suisse sagte der Chef, der betreffende Mitarbeiter hätte nicht bestimmen dürfen, dass ich den Bus aufs Areal der Frigo verschiebe. Dabei hatte ich das mehrfach abgeklärt. Er lachte schadenfreudig und beleidigte mich aufs Übelste. Es war kaum aushaltbar.
Die Polizisten sagten mir, ich solle mich an Marc Keller, Sprecher des Bau- und Verkehrsdepartements, wenden, welches den Abriss angeordnet hatte und leitete. Keller versprach, mit dem Einsatzleiter der Polizei Heinz Salvisberg Rücksprache zu nehmen und zu schauen, was er machen könne. Als ich ihn das nächste Mal telefonisch erreichte, war es schon zu spät.
«Meine gesamte materielle Existenz ist weg»
Ich musste beobachten, wie ein Kran meinen Bus in die Höhe hob, nach links schwang und aus mehreren Metern so fallenliess, dass er Totalschaden erlitt. Ich war fassungslos, sprach gegen 20 Arbeiter und Polizisten an, doch niemand wollte helfen, überall kam mir Schadenfreude entgegen, ich wurde von der Polizei ausgelacht. Im Wagen war meine gesamte materielle Existenz, auch für mich wichtige persönliche Briefe. In einem Jahr hätte der Bus Oldtimer-Status erreicht, er war das Wertvollste, was ich besass.
Sie hätten mir von mir aus eine Busse fürs Falschparken geben können, doch sie wollten ihre Macht demonstrieren. Ich hab geweint, aber blieb die ganze Zeit höflich. Ich bin schwer erschüttert.»
Vera prüft nun mit ihrer Anwältin rechtliche Schritte.
Warum wurde der Bus, der abseits der Villa Rosenau stand, zerstört?
Marc Keller: «Ich kenne den Fall. Vorläufig kann ich mich nicht dazu äussern, es nicht klar, auf welchem Teil des Areals der Bus gestanden hat. Wir müssen das jetzt nachträglich klären.»
Warum wurden die Habseligkeiten der Bewohner nicht vor dem Abriss geborgen?
«Der ursprüngliche Plan war, dass die privaten Besitztümer vor dem Abriss des Gebäudes gesichert werden. Der Einsatzleiter der Polizei hat dann dringend davon abgeraten, dass nochmals jemand das Haus betritt. Es sei gefährlich, offene Kabel würden herumhängen, das Haus sei voller Sperrgut und Stolperfallen. Das Risiko war zu gross. Wir beschlossen deshalb gemeinsam, dass keiner mehr reingeht.»