Französische Problem-Giesserei um AKW Fessenheim belieferte auch Beznau

Nicht nur ein Reaktor, auch die Dampferzeuger im Schweizer Uralt-AKW Beznau beschäftigen das Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi: Sie stammen aus derselben Giesserei wie die im AKW Fessenheim – das deswegen abgeschaltet wurde.

Beznau 1 und 2: noch brüchiger als befürchtet?

(Bild: Keystone / Gaetan Bally)

Nicht nur ein Reaktor, auch die Dampferzeuger im Schweizer Uralt-AKW Beznau beschäftigen das Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi: Sie stammen aus derselben Giesserei wie die im AKW Fessenheim – das deswegen abgeschaltet wurde.

Eines der ältesten Atomkraftwerke sorgt einmal mehr für Schlagzeilen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Die französische Atomsicherheitsbehörde ASN hat durchgegriffen: Ein im Jahr 2012 erteiltes Sicherheitszertifikat für den Dampferzeuger wurde nach Untersuchungen wieder entzogen – Block 2 bleibt bis auf Weiteres abgeschaltet.

Grund sind schon im April entdeckte «Anomalien» in den Bauteilen der Giesserei Le Creusot – mittlerweile seien über «85 Unregelmässigkeiten» ans Tageslicht gekommen, berichtete «Le Monde». Die Untersuchungen dauern an. Betroffen sind längst nicht nur Bauteile im AKW Fessenheim, wie französische Medien berichten.

Laut Greenpeace-Nuklear-Experte Florian Kasser handle es sich bei allen möglicherweise gefährlichen Bauteilen um Komponenten, die nach 1990 hergestellt wurden. Und zwar in der französischen Schmiede Le Creusot.

Dampferzeuger in Beznau aus derselben Giesserei

Wie ein Dokument der Firma Areva zeigt, stammen sowohl die Reaktorbehälter als auch die Ersatz-Dampferzeuger aus derselben französischen Schmiede. Die neuen Dampferzeuger wurden im Jahr 1993 (Beznau 1, zwei Stück) respektive 1999 (Beznau 2, ebenfalls zwei Stück) verbaut. Alle vier stammen von Le Creusot.



Ein Dokument der Firma Areva zeigt: Reaktor-Behälter und Ersatz-Dampferzeuger (RGs) von Beznau kommen aus Frankreich.

Ein Dokument der Firma Areva zeigt: Reaktor-Behälter und Ersatz-Dampferzeuger (RGs) von Beznau kommen aus Frankreich.

Die alles entscheidende Frage ist: Gehören auch die vier in Beznau verbauten Komponenten zu denen, die laut den französischen Behörden «Unregelmässigkeiten» aufweisen – oder zumindest verdächtig sind? Sind also möglicherweise auch die Dampferzeuger von Beznau von «Anomalien» betroffen? Immerhin geht es laut ASN um mindestens 18 Reaktoren. Und das allein in Frankreich.

Die Beznau-Besitzerin Axpo verneint vehement: «Nein, sie sind nicht betroffen. Das wurde Axpo seitens der Areva definitiv und schriftlich bestätigt», sagt Axpo-Sprecher Ueli Walther.

Beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) klingt es nicht ganz so sicher wie bei der Besitzerin und Betreiberin: «Das Ensi hat Abklärungen rund um die in der Schmiede Le Creusot festgestellten Befunde vorgenommen. Sie laufen derzeit noch», sagt Ensi-Sprecher David Suchet. Die Dampferzeuger würden aber regelmässig überprüft und seien «in einem guten Zustand». 

«Die Abklärungen betreffen alle Komponenten», fügt Suchet an. Damit spielt er auf den Block 1 von Beznau an, der noch immer nicht am Netz ist. Grund: Die produktionsbedingten Luftlöcher – sie sind beim Guss entstanden. Die Axpo, die den Beweis erbringen muss, dass Block 1 trotzdem sicher ist, nehme bereits an, dass Beznau 1 Ende 2016 wieder ans Netz geht, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. «Zweckoptimismus» – für Greenpeace.

Dampferzeuger für die Sicherheit «essenziell»

Was ist ein Dampferzeuger überhaupt? Florian Kasser, Experte für Atomenergie von Greenpeace Schweiz, erklärt: «Dampferzeuger sind eigentlich riesige, rund 19 Meter hohe Wärmetauscher. Das heisse Wasser aus dem Druckbehälter wird in die Dampferzeuger geleitet – der so genannte Primärkreislauf. Dort drin kommt es in Kontakt mit dem Sekundärkreislauf, wo Wasser in Dampf umgewandelt wird, um dann die Turbine und den Stromgenerator zu betreiben.»

So weit, so gut. Brenzlig wird es aus folgendem Grund: «Beide Kreisläufe sind aber strikt getrennt, weil das Wasser im Primärkreislauf radioaktiv ist, im Sekundären nicht», so Kasser. Oder, in den Worten der französischen Aufsichtsbehörde: «Diese Komponenten sind für die Sicherheit essenziell.»

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