Freie Strasse: Die spanischen Budgetketten kommen

In die leer stehenden Einkaufsgeschäfte der Freien Strasse zieht neues Leben ein. Besonders aktiv sind dabei die Niedrig- und Mittelpreis-Modelabel von spanischen Textilmultis.

Im ehemaligen Kost Sport wird das spanische Modelabel Massimo Dutti eine Basler Filiale eröffnen.

(Bild: Dominique Spirgi)

In die leer stehenden Einkaufsgeschäfte in der Freien Strasse zieht neues Leben ein. Besonders aktiv sind dabei die Niedrig- und Mittelpreis-Modelabel von spanischen Textilmultis.

Den Spalenberg rauf, die Freie Strasse runter wurde in den letzten Monaten das Lied vom Tod der Einkaufsstadt Basel gespielt. Die Schreckensvision leerer Schaufenster wurde sogar zum offiziellen Comité-Sujet für die Basler Fasnacht 2016, das mit dem Titel «Mer mache dicht» Shopping-Endzeitstimmung verbreitete. 

Wie ein Fels in der Brandung stemmte sich der Geschäftsführer von Pro Innerstadt Basel, Mathias F. Böhm, gegen die schlechte Grundstimmung. Die leer stehenden Läden in der Freien Strasse und in der Gerbergasse würden nicht auf Dauer verwaist bleiben, wiederholte er mantraartig. Der Leerstand sei vorübergehend und lediglich ein Zeichen für einen grundsätzlichen Wandel im Detailhandel. 

Er sollte recht behalten. Die Läden werden neu belebt. Allerdings wird sich das Angebot an der Top-Einkaufsstrasse verändern. Alteingesessene Traditionsfirmen und Geschäfte,die nicht auf das veränderte Einkaufsverhalten der Bevölkerung reagieren können, machen neuen Läden Platz. Und diese neuen Läden sind wie in vielen europäischen Einkaufsstrassen zu einem grossen Teil Filialen internationaler Detailhandel-Multis.

Mango und Massimo Dutti: spanische Welle in der Freien Strasse

In der Freien Strasse machen sich gegenwärtig insbesondere Brands von spanischen Textilmultis breit. Wie die Besitzerfamilie Kost gegenüber der «Schweiz am Sonntag» bestätigte, wird eine Filiale des Mittelpreis-Modelabels Massimo Dutti die Räumlichkeiten des traditionellen ehemaligen Sportgeschäfts Kost Sport an der Freien Strasse 51 beziehen. Massimo Dutti gehört zum spanischen Textilmulti Inditex, der mit dem Label Zara bereits einen prominenten Platz an der Freien Strasse besetzt.

Ein paar Häuser weiter oben, an der Freien Strasse 59, wo früher Benetton seine Textilien verkaufte, wird der spanische Modekonzern Mango eine Grossfiliale eröffnen. Mango ist bereits auf der unmittelbar gegenüberliegenden Strassenseite in einem kleineren Geschäftshaus präsent und will diesen Standort mit seiner Jugendlinie Violetta belegen.

Kommt die H&M-Edellinie COS?

Verwaist ist auch der ehemalige Sitz der Postfinance an der Freien Strasse 38. Schon länger geht das Gerücht um, dass die H&M-Edellinie COS, die sich in Genf und Zürich bereits niedergelassen hat, dort einziehen werde. Der Sprecher der Liegenschaftsbesitzerin PSP Group aus Zürich will dieses Gerücht weder bestätigen noch dementieren: «Wir geben noch keine Namen bekannt. Der Mietvertrag ist noch nicht unterzeichnet und wir überlassen es grundsätzlich dem neuen Mieter, seinen Einzug zu kommunizieren», heisst es auf Anfrage.



Gerüchte besagen, dass die H

Gerüchte besagen, dass die H&M-Edelmarke COS die Liegenschaft, wo sich Postfinance befand, belegen wird. (Bild: Dominique Spirgi)

Ebenso zurückhaltend und zugleich vieldeutig äussert sich die PR-Agentur Loews GmbH in München, die COS im deutschsprachigen Raum vertritt: «Zu einer Eröffnung eines neuen COS Stores in Basel liegen uns zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen vor. Sollte ich hier eine entsprechende Pressemitteilung erhalten, dann leite ich diese natürlich umgehend an Sie weiter», heisst es. Wie ein grundsätzliches Dementi klingt das nicht.

Langfristige Mietverträge sorgen für Verzögerungen

«Die Besitzerfirmen sind nicht generell zu schnellem Handeln gezwungen, teilweise durch bestehende Mietverträge, andererseits wird oft gleich die grundsätzliche Positionierung und Art der Nutzung geprüft», sagt Mathias F. Böhm, der Geschäftsführer von Pro Innerstadt. Das gilt auch für die Liegenschaften der ehemaligen Schuhgeschäfte Botty und Deiss an der Gerbergasse. An diesen Standorten sind noch keine Nachmieter bekannt. Böhm ist aber überzeugt, dass sich für diese Top-Lagen leicht zahlungskräftige Nachmieter finden lassen werden.

Bereits bekannt ist, dass die Schweizer Sushi-Kette Yooji’s das ehemalige Ladenlokal des Herrenbekleidungsgeschäfts Paul Kehl an der Gerbergasse beziehen wird. Gastrounternehmen, freut sich Böhm, würden für eine belebende Durchmischung von Einkaufsstrassen sorgen. Auch in der Freien Strasse ist bereits für gastronomische Auffrischung gesorgt. Im oberen Teil der Strasse hat sich die aus Dänemark stammende Trend-Café- und Saftkette Joe & The Juice einen Standort gesichert.

Dort werden sich vielleicht schon bald die Gäste des ersten Schweizer Ablegers der Budget-Design-Hotelkette Motel One verköstigen, das über und neben der Basler Filiale der deutschen Modekette New Yorker eingerichtet wird. Die Eröffnung ist auf September geplant.

Budget- und Mittelpreis-Segment

Zieht man Bilanz, dann stellt man fest, dass an der Freien Strasse internationale Geschäfte im Budget- oder Mittelpreis-Segment dominanter werden. Nostalgiker und Lokalpatrioten mögen diese Filialisierung der Top-Einkaufsstrassen Basels bedauern. Böhm aber freut sich, dass es unter international erfolgreichen Top Brands in Basel «eine grosse Nachfrage» nach Basler Niederlassungen gibt. «Es findet ein Refreshing statt, das auch andernorts zu beobachten ist, und das der Stadt letztlich guttun wird», sagt er.

Nur ein traditionelles Basler Modegeschäft wehrt sich wie das gallische Dorf von Asterix gegen die internationale Uniformisierung der Freien Strasse. Es handelt sich um die ehemalige «Fashion Gallery» Spira. Zwar haben die Besitzer im vergangenen Sommer die Geschäftsaufgabe bekannt gegeben. Die Enkel des Firmengründers haben inzwischen aber anders entschieden.

Zusammen mit dem Jung-Gastronomen Elias Buess hat Mitbesitzer François Spira ein neues Konzept für das Geschäft kreiert, das in zwei Jahren seinen 100. Geburtstag wird feiern können. Bereits ab 28. April wollen die Besitzer die nach ihren Worten «gleichgeschaltete» Einkaufsstrasse mit einer neuen Plattform für Pop-Up-Stores und «Drinks, Snacks & Kaffi» beleben. Spira sagt: «Wir wollen einen kreativen Gegenpol setzen zur uniformen internationalen Eintönigkeit in der Freien Strasse.»

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