Futter dient denen, die keine Winterflucht begehen

Die Kältewelle fordert den Vögeln viel Energie ab – füttern ist derzeit sinnvoll. Der Absatz der Körnerfuttermischung habe sich vervielfacht, so Grossverteiler Migros.

Freilandfutter für Vögel: Körner und Flocken. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Kältewelle fordert den Vögeln viel Energie ab – füttern ist derzeit sinnvoll. Der Absatz der Körnerfuttermischung habe sich vervielfacht, so Grossverteiler Migros.

Nicht die Kälte selbst, wohl aber die damit verbundene Nahrungsknappheit kann den heimischen Vögeln zu schaffen machen. Singvögel nehmen deshalb Futterangebote gerne an; allerdings handelt es sich dabei rundweg um Arten, die sich an den Siedlungsraum der Menschen angepasst haben und nicht bedroht sind. Bedrohte Arten wie der Eisvogel gehören nicht dazu, bei ihm kann es, wenn alle Gewässer zufrieren, zu Rückgängen im Bestand kommen, der sich allerdings meistens binnen eines Jahres wieder erhole.

Körnerfütterung mit einer handelsüblichen Mischung ist laut Experten unproblematisch, «viel kann man dabei nicht falsch machen», sagt Danae Schwegler von der Vogelpflegestation Oberwil. Wichtig sei, das Futter trocken und sauber zu halten und das Futterhäuschen richtig zu platzieren. Tipps dazu hat die Vogelwarte Sempach auf ihrer informativen Website.

Vogelfutter-Abverkauf vervielfacht

Bei den Grossverteilern ist das traditionelle Vogelfutter in den Tierfutterabteilungen zu finden. Das Freilandfutter sei ein Saisonprodukt, sagt Migros-Basel-Sprecher Dieter Wullschleger, das typischerweise in Kältewellen – vor Jahresfrist im November, dieses Jahr im Januar – eine sprunghafte Absatzsteigerung auf «ein Mehrfaches» erfahre. Bei Coop tönt es ähnlich, und deshalb freut man sich dort laut Noemi Wannenmacher von der Medienstelle Coop Nordwestschweiz darüber, dass eine länger vorgesehene Preisreduktion um 50% und damit die eingekauften Vogelfuttermengen perfekt mit dem gestiegenen Absatz korrespondierten.

Die Schweizerische Vogelwarte weist auf Anfrage aber auch darauf hin, dass die Fütterungsaktionen individuellen Tieren sicher helfen, die Winterhärten zu überstehen. Auf den Bestand der jeweiligen Art habe das aber weit weniger Einfluss als ein ganzjähriger, bewusster Umgang mit den gefiederten Nachbarn. Wer etwas für die Arten tun wolle, gestalte besser seinen Garten so, dass die Tiere nicht nur den Winter gut überstehen, sondern im Frühling auch Nistplätze finden.

Einzelne Vögel begehen «Winterflucht»

Michael Schaad weist ausserdem darauf hin, dass die Singvögel ein artenunabhängiges Zugverhalten an den Tag legen können: «Das ist unter anderem ein individueller Entscheid jedes Tieres, ob es trotz der Kälte und Schnee bleibt oder ausweicht.» Derzeit allerdings wäre auch ihm nicht ganz klar, wohin die Vögel denn mit der sogenannten Winterflucht ausweichen sollen – ganz Europa liegt in der Umklammerung der Eiseskälte.

Obwohl die Vogelwarte Sempach auch Informationen über die Montage von Sitzstangen und die Fütterung von Greifvögeln anbietet, raten sowohl Schaad wie auch Danae Schwegler davon eher ab. Falsch aufgezogen, könnten solche Aktionen schnell problematisch werden, sagt Schaad: Abgesehen von der Art, wie das Fleisch dargeboten werden sollte, kann gefrorenes Fleisch den Vögeln ebenso gefährlich werden wie die falsche Wahl des Standorts der Futterstelle, etwa in der Nähe von Stromleitungen, Flugplätzen oder Verkehrsachsen.

Bis zu einem gewissen Grad, meint Schwegler, sind harte Winter für die Bestände auch nötig – die natürliche Selektion sorgt dann dafür, dass nur die starken im Genpool verbleiben. Oder die cleveren: Jene, die rechtzeitig in wärmere Gegenden abgezogen sind.

Artikelgeschichte

Ergänzt um Stellungnahme Coop zum Abverkauf des Vogelfutters.

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