Die Baselbieter Stimmbevölkerung entscheidet am 5. Juni über die Einführung von Sammelfächern. Die Geschäftsleiterin des Initiativ-Komitees Starke Schule Baselland, Saskia Olsson, erklärt, warum sie ein Ja empfiehlt.
Die Einführung von Sammelfächern führt zu einem Bildungsabbau. Denn ein Einzelfach wie Geografie deckt ein riesiges Spektrum an Themen, die an den Sekundarschulen meist nur gestreift werden. Mit zwei Stunden pro Woche schaffen die Geografie-Lehrer einen wichtigen Einblick in einige Teilgebiete ihres Fachs. Auch im Fach Geschichte stehen im heutigen Stundenplan zwei Wochenlektionen zur Verfügung, damit historische Ereignisse fundiert behandelt werden können. Für das Sammelfach «Räume, Zeiten, Gesellschaften», das künftig Geografie und Geschichte abdecken soll, sind wöchentlich insgesamt nur noch drei Lektionen vorgesehen. Damit ist die Vermittlung eines gleichwertigen Wissens nicht mehr möglich. Die Folge ist ein ungewünschter Bildungsabbau.
Wer davon ausgeht, dass vernetztes Denken nur mit Hilfe von vorgeschriebenen Fächerkombinationen zustande kommt, kennt die heutige Realität im Schulunterricht nicht. Die allermeisten Lehrpersonen unterrichten heute bereits vernetzt. Fächerübergreifende Blockwochen und Projektarbeiten sind Standard. Beteiligt sind dabei in der Regel mehrere Lehrpersonen, die alle in ihren Fächern über fundierte Kenntnisse verfügen und eine hohe Unterrichtsqualität sicherstellen. Sammelfächer sind weder sinnvoll, noch bringen sie einen Bildungsmehrwert. Sie führen einzig dazu, dass die Qualität des Unterrichtes sinkt, wie das folgende Beispiel plausibel macht.
An der Pädagogischen Hochschule (PH) sollen Sekundarlehrpersonen weiterhin in drei Unterrichtsfächern ausgebildet werden. Lässt sich eine Lehrperson in den Schulfächern Deutsch, Englisch und «Natur und Technik» ausbilden, so sind das im Vergleich zu heute fünf Einzelfächer: Deutsch, Englisch, Biologie, Chemie und Physik. Der quantitative Anteil pro Fach wird im Vergleich zur Fachausbildung an der Universität markant reduziert: Statt nur in drei Fächern müssen sich die angehenden Lehrpersonen in fünf Fächern ausbilden lassen – und das sogar in weniger Ausbildungszeit.
Der Einkauf von neuen Lehrmitteln ist teuer. Dabei gibt es auf dem Markt bereits zahlreiche ausgezeichnete Lehrmittel.
Die Einführung der Sammelfächer ist auch teuer. Der Einkauf von neuen Lehrmitteln und die kostspieligen Weiterbildungen der Lehrpersonen verschlingen enorme finanzielle Ressourcen, die der Steuerzahler berappen muss. Dabei gibt es auf dem Markt bereits zahlreiche ausgezeichnete Lehrmittel, die in den Einzelfächern eingesetzt werden können. Mit der Universität und der PH leisten wir uns zudem zwei Bildungsinstitute, welche die Sekundarlehrpersonen fachlich ausbilden. Bleiben wir bei Einzelfächern, könnte durch ein Verzicht der Fachausbildung an der PH ein Millionenbetrag eingespart werden, der andernorts im Bildungsbereich wirkungsvoller eingesetzt werden könnte. Der Universität, die bereits heute alle Einzelfächer anbietet, entstehen dadurch keine relevanten Mehrkosten.
Sammelfächer sind bereits heute zum Scheitern verurteilt. Diese trotz des grossen Widerstands zahlreicher Lehrpersonen einführen zu wollen, wäre fatal, zumal auch der Kanton Aargau an den Sekundar- und Bezirksschulen bei Einzelfächern bleibt.
_
Zur kantonalen Abstimmung am 5. Juni in Baselland «Einführung von Sammelfächern» veröffentlicht die TagesWoche zwei kontroverse Gastbeiträge. Saskia Olsson ist Geschäftsleiterin des Komitees Starke Schule Baselland, das unter der Federführung von Landrat Jürg Wiedemann die Initiative gegen Sammelfächer lancierte.
Für ein Nein zur Initiative wirbt Miriam Locher, die SP-Fraktionspräsidentin Baselland: «Wir müssen einen Schritt nach vorne wagen»
Weitere Informationen über die Lehrplan-Abstimmung finden Sie hier.