Mehr Basler als Sven Kapp kann man nicht sein. Der 42-Jährige hat alles unternommen, damit er den Wild Maa am Vogel Gryff spielen darf. Nun tut er es zum letzten Mal.
Manche wollen Kampfjets lenken und dann steuern sie den BVB-Doppelhänger von Birsfelden nach Burgfelden Grenze. Andere wollen Trämler werden und landen auf einer Bank. Sven Kapp wollte immer Wild Maa sein.
Heute Freitag beim Vogel Gryff ist er es zum letzten Mal. Antreten um neun beim Café Spitz zum Läberli-Essen. Umziehen, rein ins Kostüm, das das ganze Jahr über weggeschlossen war, raus in die Stadt, Polizeigeleit, abgesperrte Strassen; tanzen, verbeugen unter den Augen des Kleinbasels am Strassenrand, die Kinder, die ihm die Äpfel vom Rock ziehen und auflachen, wenn er sie mit der Tannenspitze trifft.
Das ganze Jahr über war er in Gedanken bei diesem Tag. Er ging joggen, um eine stabile Fitness aufzubauen, am Vogel Gryff verliert er fünf bis sechs Kilo. Ein paar Monate vor dem grossen Tag begann er mit den Tanzübungen. Die Schritte stehen nirgends geschrieben, sie werden überliefert. Drei Wochen vor dem Vogel Gryff fingen die Übungen mit dem ganzen Spiel an.
Zuletzt tourte er durch Basler Schulen und erklärte, warum es nichts mit Rassismus zu tun habe, dass keine Ausländer mitmachen dürfen. Und auch nichts mit der katholischen Kirche, dass Frauen draussen bleiben müssen. Basler Brauchtum, erzählte er: «Die Kinder verstehen das.»
Es ist Kapps sechstes Jahr, danach ist Schluss. Das verlangen die Regeln der drei Ehrengesellschaften. Kapp wird dann ausgemustert, bleibt aber im Spiel. Zur Entwöhnung gibt es noch eine Reservistenrolle. Er macht all die Vorbereitungen mit, kommt aber nur zum Einsatz, wenn der neue Wild Maa nicht kann. Es werden, so viel lässt sich sagen, keine einfachen Jahre für Sven Kapp.
Der 42-Jährige ist mit 25 der Ehrengesellschaft beigetreten. Er, der in Basel geboren ist, hat sich dafür in Basel einbürgern lassen, weil erst der Bürgerort Basel zum Eintritt berechtigt. Kapp macht auch Fasnacht, selbstredend unterstützt er den FCB. Er folgt gar dem notorisch erfolglosen EHC mit Leidenschaft. Mehr Basler als Sven Kapp kann man nicht sein.
Kapp arbeitet jetzt in Zürich im Layoutbereich. Er pendelt selbstverständlich: «Wohnen in Zürich kommt nicht infrage». Fürs Geldverdienen gehts gerade noch. Aber nur weil heute Vogel Gryff ist.
Quellen
http://www.vogel-gryff.ch/
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 20/01/12