Die Anwohner im Wettsteinquartier haben einen langen Schnauf. Seit Jahren proben sie den Aufstand und kämpfen gegen eine geplante Überbauung auf dem ehemaligen Werkhofareal des Tiefbauamts. Am Donnerstag fand dieser Kampf seinen Höhepunkt vor dem Basler Verwaltungsgericht.
Begonnen hatte alles im Jahr 2013. Damals gab die Basler Regierung bekannt, dass sie die Parzelle am Riehenring 3 im Baurecht der «Wohnstadt» abgeben wird. Die Bau- und Verwaltungsgenossenschaft sollte auf dem ehemaligen Werkhof des Tiefbauamts bis 2016 insgesamt 36 Genossenschaftswohnungen realisieren.
So war es ursprünglich vorgesehen. Doch die Regierung hatte die Rechnung ohne die Widerspenstigkeit der Anwohner gemacht. Diese reichten zahlreiche Einsprachen gegen das im August 2014 publizierte Bauvorhaben ein. Sie bezeichneten das Projekt als zu wuchtig und monierten, dass ihre Lebensqualität dadurch beeinträchtigt würde.
Ein Jahr später wurde das Projekt trotzdem vom Bau- und Verkehrsdepartement bewilligt – die Bewohner wiederum wehrten sich mit Rekursen dagegen. Sie bemängelten unter anderem, dass sie ungenügend in die Planung miteinbezogen worden seien, es zu wenig Velo- und Autoparkplätze gebe und ein Konzept für mögliche Brandfälle fehle. Die Baurekurskommission wies diese Beschwerden im Februar 2016 ab. Die Anwohner zogen den Entscheid weiter.
Eine Stellvertreterdiskussion
Am Donnerstag – über zwei Jahre nach Erteilung der Baubewilligung – setzte sich das Verwaltungsgericht mit dem Fall auseinander. Das Gericht stützte den Entscheid der Baurekurskommission und wies die Rekurse der Anwohner ebenfalls ab. Die 36 Genossenschaftswohnungen dürfen nach jahrelanger Verzögerung gebaut werden.
Die Verhandlung begann mit einem Augenschein vor Ort. Dutzende Balkone der Wettsteinallee, des Riehenrings und der Turnerstrasse sind gegen den Innenhof gerichtet, der heute eine Brache ist und als Parkplatz für Autofahrende aus Frankreich und Deutschland dient.
Die Anwohner wollten das geplante Projekt mit ihrem Weiterzug ans Appellationsgericht verhindern und suchten deshalb nach einem offenkundigen Mangel im Bauprojekt. Fündig wurden sie – zumindest aus ihrer Perspektive – im zu knapp bemessenen Platz rund um das Projekt bei einem allfälligen Brandfall.
Aus Sicht der Anwohner lässt das Neubauprojekt der Feuerwehr zu wenig Platz bei einem allfälligen Brand.
So werde eine erfolgreiche Brandbekämpfung respektive Personenrettung verunmöglicht, wenn wegen des Neubaus die Feuerwehr nicht mehr von der Innennhofseite aus agieren könne. Aus Sicht der Anwohner müsse zudem ein Abstellplatz für ein Löschfahrzeug und für das Hubrettungsfahrzeug eingeplant werden. Beim vorliegenden Projekt mit Holzfassade hätte Letzteres aber keinen Platz.
Der Anwalt der Rekurrierenden, Sven Oppliger, bezeichnete den vorhandenen Platz am Riehenring 3 durch das Projekt als «ausgereizt» und den geplanten Bau als «Koloss». Anwohner wiesen vor Ort darauf hin, dass mit dem Neubau keine Intimsphäre mehr vorhanden wäre. Ausserdem würden 23 Vogelarten und Marder im Innenhof leben, die zu verschwinden drohten.
Risiken richtig beurteilt
Das Gericht unter Vorsitz des Präsidenten Claudius Gelzer (Grüne) kam zum selben Schluss wie die Baurekurskommission. Gelzer befand, dass das Projekt alle Brandschutzrichtlinien erfülle und die Bauherrschaft die Brandschutzprüfung im Rahmen des Bauentscheids vertieft überprüft habe. Zudem würde die Feuerwehr bei einer Gebäudehöhe von 14,5 Metern gemäss eigenen Aussagen nicht mit einem Hubrettungsfahrzeug anrücken. «Wir sehen keine Risiken, die nicht angemessen und richtig beurteilt wurden von der fachlichen Vorinstanz», so Gelzer. Es gebe keinen Anlass, das Baubegehren abzuweisen.
Für Andreas Herbster, Geschäftsleiter der «Wohnstadt», ist dieser Entscheid nach jahrelanger Warterei ein Befreiungsschlag. «Geht alles nach Plan, werden wir im zweiten Quartal 2018 mit dem Bau der Genossenschaftswohnungen beginnen», sagt er.
Die Anwohner selber zeigten sich von dem Gerichtsurteil nicht wirklich überrascht. Ob sie den Entscheid nun ans Bundesgericht weiterziehen werden, wissen sie noch nicht. «Das werden wir sehen», sagte ein Rekkurent. Durch ihren Widerstand haben sie aber immerhin etwas erreicht: rund vier Jahre längere Sicht auf den brachliegenden Innenhof. Denn statt wie ursprünglich 2016 werden die Genossenschaftswohnungen erst Ende 2019/Anfang 2020 bezugsbereit sein.