Ein Mieter der Ziegelstrasse 8 in Basel wehrt sich gegen die Zwangsräumung. Die Baufirma Frutiger AG, welche die Liegenschaft abreissen will, stellte ihm ein Ultimatum. Dieses lief heute ab
Alle Mieterinnen und Mieter der Ziegelstrasse 8 in Basel sind ausgezogen bis auf einen: G.K. (58), von Beruf Musiker, will bleiben. Das Haus an der Ziegelstrasse 8 soll abgerissen werden, um Platz für Minergie-Wohnungen zu schaffen. Den Bewohnern wurde auf Ende April gekündigt. Daraufhin setzten die Besitzer der Liegenschaft, die Frutiger AG aus Thun, dem Mieter eine Auszugsfrist bis zum 15. Juni 2012. Heute Freitag, um zehn Uhr, hätte er die Schlüssel übergeben sollen. Doch G.K. hatte nicht vor, seinen Schlüssel abzugeben. Er will mit den Vertretern der Firma über eine Zwischennutzung verhandeln. Gekommen sind nicht nur die Vermieter: Die «Wasserstrasse» und die «Wagenburg» haben sich mit dem Anwohner solidarisiert und zu einem Brunch an der Ziegelstrasse geladen.
Mietzinsschulden von 12’000 Franken
Zur Unterredung kam auch Jürg Wanzenried, Leiter der Frutiger AG, Stefan Ruoff, Leiter Projektentwicklung und Projektleiterin Beate Lichner. Vor dem Hauseingang, in Anwesenheit der Presse und Solidargemeinschaft, kam es zu Diskussionen. So habe G.K. bereits vor sechs Monaten das Kündigungsschreiben erhalten. Als dieser eine neuen Wohnadresse registrieren liess, sei man davon ausgegangen, dass er einen neuen Wohnsitz gefunden habe. Dies sei lediglich eine Postadresse, konterte der Mieter. Er fordere einen Zwischenutzungsvertrag für seine sowie für drei weitere Wohnungen, die von privaten Mietparteien bezogen werden könnten.
Brisantes Detail: Laut Wanzenried schuldet G.K. dem Vermieter Mietzins von «rund 12’000 Franken». Da er Sozialhilfe bezieht, müsse die Frutiger AG dies mit der Behörde regeln, so die Antwort des Mieters.
Am Ende einigte man sich auf einen Zwischennutzungsvertrag für G.K. bis Ende Juli 2012. Seine Mietzinsschulden muss er dennoch zahlen. Und die Frutiger AG erklärte sich bereit, Mietanfragen für die Ziegelstrasse 8 entgegen zu nehmen und diese zu prüfen. Mögliche Mietinteressenten könnten gegenüber der Firma einen Mietzins vorschlagen. Einen entsprechenden Vertrag unterschrieben daraufhin beide Parteien in der Wohnung von G.K.
Polizei will Liegenschaft zu Übungszwecken nutzen
Ob damit ein bestehender Zwischennutzungsvertrag für die Liegenschaft zwischen Frutiger AG und der Basler Kantonspolizei nun aufgelöst werden muss, überprüft die Frutiger AG jetzt. Die Polizei will nämlich das Gebäude zu Übungszwecken nutzen. Sollte der Vertrag nicht aufgelöst werden, müsse G.K. halt damit leben, dass die Polizei in diesem Gebäude Einsätze übe.
G.K. geht ab dem 10. Juli für ein paar Monate auf Afrika-Tournee. Wenn er zurückkommt, muss er seine Wohnung geräumt haben. Beide Parteien scheinen auf Zeit zu spielen. G.K. hofft wohl, bis Mitte Juli genug Untermieter zu finden, die seine Wohnung bis zu seiner Rückkehr sozusagen verwalten, und die Frutiger AG hofft wohl die Gemüter zu beruhigen, dank der Fristverlängerung für den hartnäckigen Mieter und der unverbindlichen Absichtserklärung für drei weitere Whonungen. Offenbar hatten die Firmenvertreter diesen Schachzug bereits vorbereitet: Den Zwischennutzungsvertrag für G.K. zog einer ihrer Vertreter keine zehn Minuten nach dem klärenden Gespräch aus seiner Aktentasche.
Damit ist die zweite Runde im Kampf um die Ziegelstrasse 8 vorbei. Beide Parteien scheinen bis jetzt gleichviel Punkte geholt zu haben. Wie der Kampf ausgeht, wird sich noch zeigen.