Gordon Bell: Ein Schotte belebt die Feldbergstrasse

Gordon Bell ist ein Mann mit faszinierender Vita: Er hat Theater und Informatik studiert, als Rockmusiker getourt und ist neuerdings der Indie-Immo-König der Feldbergstrasse. Er hat das Smuk ermöglicht und nun auch das berüchtigte Terra Samba gekauft. Den zwielichtigen Ort will er in eine kulturell offene Begegnungsstätte verwandeln.

(Bild: Nils Fisch)

Gordon Bell ist ein Mann mit faszinierender Vita: Er hat Theater und Informatik studiert, als Rockmusiker getourt und ist neuerdings der Indie-Immo-König der Feldbergstrasse. Er hat das Smuk ermöglicht und nun auch das berüchtigte Terra Samba gekauft. Den zwielichtigen Ort will er in eine kulturell offene Begegnungsstätte verwandeln.

 

Gordon Bell: Ein Schotte belebt die Feldbergstrasse

Er hat das SMUK ermöglicht und nun auch das berüchtigte Terra Samba gekauft. Kulturredaktor Marc Krebs hat den Indie-Immo-König der Feldbergstrasse Gordon Bell zum Gespräch getroffen. www.tageswoche.ch/+x2hnm

Posted by TagesWoche on Wednesday, March 30, 2016

 

Es war eines der berüchtigsten Lokale in der Region Basel: Terra Samba an der Feldbergstrasse, früher bekannt als Sichtbar/Unsichtbar, ein zwielichtiges Lokal, wo der eigentliche Gastrobetrieb Nebensache zu sein schien. Ein Treffpunkt des Milieus, der Abgründe, hielten doch Krawall und Remmidemmi die Polizei immer wieder auf Trab.

Jetzt aber ist Ruhe eingekehrt. Zumindest nachts. Tagsüber trifft man Handwerker an und den neuen Besitzer: Gordon Bell. Der 46-jährige Schotte hat die auffällige Eckliegenschaft beim Matthäusplatz erworben – und mit ihr seine zweite Liegenschaft an der Feldbergstrasse. Kein Immobilienhai, sondern ein lockerer Typ mit T-Shirt, zerzaustem Haar, Dreitagebart. Ohne Kittel. Und ohne Allüren.

Vom Aargau Schottlands in die Schweiz

Das manifestiert sich rasch, wenn er spricht, durch seine Offenheit, aber auch aufgrund seines selbstironischen «sense of humour». Auf die Frage, wo er aufwuchs, nennt er das Umland von Glasgow, die Central Region, und fügt erklärend hinzu: «der Aargau Schottlands».

Farbe ins Grau jener Region brachte die Musik, die in Bells Leben eine grosse Rolle spielt. Er singt, begleitet sich dazu am Klavier, tritt solo auf und in Bands. Bell lebte schon in der Schweiz, als ihn 2003 ein Inserat an seine eigene Sozialisierung erinnerte: «Musiker gesucht für die Gründung einer Alex Harvey Tribute Band.» «Das fand ich recht erstaunlich. Alex Harvey aus Glasgow war eine Kultfigur in Schottland, aber auch dort kennen ihn heute nur noch die Leute, die mit der Musik der 70er-Jahre aufgewachsen sind.» Bell wurde Frontmann und tritt seither mit den Schweizer Musikerfreunden regelmässig in seiner Heimat auf. Kurioserweise war Not The Sensational Harvey Band aus Zürich eine Zeit lang sogar die weltweit einzige Formation, die an die Show des 1982 verstorbenen Schotten erinnerte.

«Wir reisen jedes Jahr für ein paar Konzerte nach Schottland, was grossen Spass macht», erzählt Bell. Und, wie man auf diesem Video mitbekommt, bereitet dies auch dem Publikum Freude. 

Das Theatralische hat Bell schon als Jugendlicher fasziniert: «Ich studierte Theater in Glasgow – ein bisschen Schauspiel, aber auch Bühnenset, Literatur und Geschichte. Sehr viele Facetten, vielleicht zu viele, um ein guter Schauspieler zu werden», sagt er und lacht verschmitzt. Und die Musik? «In Glasgow gibt es mehr Konzertlokale als in London, das prägt. Aber ich singe nicht sehr gut, ich bin eher ein Schauspieler in Bands. Mir gefällt die Haltung, der Geist des Musikmachens, aber ich bin kein Purist», sagt er bescheiden. Ambitionen? «Himmel, nein!» 

Ein Abstinenzler, der von einer Bar träumte

Gordon Bell macht, worauf er Lust hat. Diesen Eindruck erhält man auch angesichts seiner Biografie. Er studierte zusätzlich Informatik. Er lebte und arbeitete ein Jahr in Mexiko. Er kam vor knapp 20 Jahren erstmals in die Schweiz. Und jobbte bei der UBS, im IT-Bereich. Warum hier, in der Schweiz? «Ich wollte Ski fahren lernen», sagt er.

Abenteuerlustig ist Bell geblieben, auch wenn er sich vor sechs Jahren mit längerfristiger Absicht in Basel niederliess. Denn statt ins elterliche Gastrounternehmen einzusteigen – sein Vater war Koch und baute ein Cateringgeschäft auf –, überliess er seinem älteren Bruder den Vortritt beim Familienerbe. Gordon Bell liess sich auszahlen und schaute sich in Basel nach einer Immobilie um, in der sich etwas Neues realisieren liesse. Eine Bar, davon träumte er. Obschon Bell selbst gar keinen Alkohol trinkt. «Eines Morgens hatte ich einen solchen Hangover, dass ich mir sagte: Das muss nicht mehr sein.» So wie er auch eines Tages das Rauchen liess. 

Sein Geld investiert er lieber in nachhaltigere Projekte: Nach jahrelanger Suche stiess er auf die Liegenschaft an der Feldbergstrasse 121. Im Parterre liess er eine Wohnung zur Bar umbauen. So kam es zur Café-Bar Smuk, die Louise Zitzer betreibt – und die zu Bells zweitem Wohnzimmer geworden ist. «Denn ich wohne genau obendran», offenbart er.

Trifft sich gut, denn so muss er keine Lärmklagen aus dem ersten Stock befürchten, wenn am 7. April im Smuk ein Konzert stattfindet. Bell tritt dann mit seiner anderen Coverband auf, Giant Stone Eater, die Songs von Black Sabbath bis Nick Cave neu interpretiert.

Eine offene Bühne fürs Kleinbasel 

Und daneben lässt er in Basel eine weitere Bühne bauen, im ehemaligen Terra-Samba-Haus. Warum hat er dieses Gebäude eigentlich erworben? «Mir ist das Lokal immer schon aufgefallen, irgendwie ein Fremdkörper, irgendwie auch anziehend … Louise Zitzer kam mit dem Besitzer ins Gespräch – und statt einfach nur zu pachten, fragten wir ihn, ob er es auch verkaufen würde.» Der Besitzer, der Basler Richter und SVP-Kassier Stefan Bissegger, hatte so viel Ärger, dass er einwilligte und sich von der Liegenschaft trennte.

Und was soll hier jetzt geschehen? Die Mieter sollen bleiben, sagt Bell. Und im Erdgeschoss schwebt ihm eine Kombination aus Café und Bar vor, ein Ort, der sowohl tagsüber als auch nachts einladend wirkt. «Mein Wunsch wäre es, dass der hintere Saal als ‹Open Space› genutzt werden kann, wo lokale Bands und Theaterschaffende eine Bühne haben.» So uneigennützig? «Ich glaube, wenn der Saal belebt ist, profitiert auch das Café.» Dieses will er wie beim Smuk nicht selber betreiben. «Mir reicht es, etwas ermöglichen zu können», sagt er.

Der Umbau hat erst begonnen, die grosse Eröffnung dürfte im nächsten Jahr über die Bühne gehen. «Zur Überbrückung machen wir vermutlich eine Zwischennutzung», sagt Bell. Und hat er sich schon Gedanken gemacht, wie das Terra Samba künftig heissen könnte? «Ja, aber noch ist nichts konkret.» Ach, und welcher Name geht ihm durch den Kopf? «Nun, im Moment gefällt mir ein Name, der auf die anrüchige Vergangenheit des Lokals anspielt: ‹Traffic›.» 

Herrliche Idee, isn’t it?

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Giant Stone Eater live: Donnerstag, 7. April, 20 Uhr im Smuk Basel.

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