Die Geschicke des notleidenden Griechenlands beherrschten diese Woche weiter die sozialen Netzwerke. Genauso wie der deutsche Finanzminister Schäuble und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Und ab und an gab es auch unpolitische Inhalte im Netz.
Von wegen Sommerloch. In den sozialen Medien gab es zumindest in der ersten Wochenhälfte weiter nur ein Thema: Griechenland. Das #Greferendum ist nun zwei Wochen her. Am vergangenen Wochenende berieten die Finanzminister der Eurostaaten in einer Marathonsitzung über neue Hilfspakete und den Verbleib Griechenlands in der Währungsunion. Für Aufregung sorgte dabei ein zuvor bekannt gewordener Forderungskatalog des deutschen Finanzministers Wolfgang #Schäuble.
Zwischendurch konnte man sich ansehen, wie Politiker nach 12 bis 14 Stunden Verhandlungen so aussehen. Am Ende dauerte die Sitzung 17 Stunden, Griechenland stimmte mehr oder weniger freiwillig Auflagen zu, die wesentlich härter waren als die, zu denen das Land gerade #Oxi gesagt hatte.
Schlaflos in Brüssel
Der Massnahmenkatalog sei unerfüllbar und eine Demütigung für Griechenland, befand man entsetzt in den sozialen Medien. Mehrere bekannte Ökonomen meldeten sich zu Wort, auch der gerade zurückgetretene Finanzminister Yannis #Varoufakis meldete sich mehrmals per Blog aus dem Off.
Für das Abkommen und vor allem für Schäuble hagelte es heftige Kritik. Schäuble betreibe die Vernichtung Griechenlands und zerstöre die EU, so der Vorwurf. Die Politikerin Sahra Wagenknecht, Vorsitzende von «Die Linke» beispielsweise, bezeichnete Schäuble als «Taliban».
Kürzungs-Taliban Schäuble will Griechenland mit der Treuhandanstalt 2.0 endgültig in der Ägäis versenken. http://t.co/QVvINaof6f
— Sahra Wagenknecht (@SWagenknecht) 13. Juli 2015
Andere Social-Media-Nutzer waren kaum höflicher, «ich habe ursprünglich den Kopf von Varoufakis auf einem Silbertablett gefordert», ätzte die Satireseite «Der Postillion». #ThisisaCoup (dies ist ein Staatstreich) wurde am Montag zum Trending Hashtag auf Twitter.
Unter #BoycottGermany riefen die sozialen Netzwerke dann am Dienstag zum Boykott deutscher Produkte auf. Am Mittwoch stimmte das griechische Parlament dem strengen Massnahmenkatalog zu. Der griechische Ministerpräsident Alexis #Tsirpas musste dabei allerdings auf die Stimmen eines guten Teils seiner Partei verzichten.
Der #Grexit, erfuhr man einen Tag später, sei eventuell doch noch nicht vom Tisch. Schäuble halte weiter daran fest und der wahre Grund für Varoufakis Rücktritt seien eben Pläne für den Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion gewesen. Fortsetzung folgt.
Europa gesundstreicheln
Am Donnerstag kassierte dann die deutsche Kanzlerin Angela Merkel reichlich Häme für ihr Auftreten in einem Bürgerdialog. Ein libanesisches Mädchen fing aus Verzweiflung und Angst vor der Abschiebung während der Aufzeichnung des Gesprächs an zu weinen. Merkels Reaktion darauf war zumindest ungeschickt. Sie streichelte dem Mädchen die Schulter und sagte: «Das hast du doch prima gemacht.» Das Netz tobte. Ein totaler Fehlgriff, so die einen. Politische Probleme könne man nicht einfach wegstreicheln.
«Hat denn Frau Merkel was gegen Flüchtlingskinder, Mami?» «Aber nein, Liebes, die sind ihr doch total egal.» #merkelstreichelt
— Der Wurfschuh (@Wurfschuh) 17. Juli 2015
In einer Situation wie dieser könne jeder Politiker nur verlieren, so die anderen.
Jetzt wischt Euch mal den Schaum vom Mund, die Ihr bei #merkelstreichelt von «Ekel» u.ä. sprecht. In der Situation konnte sie nur verlieren.
— Udo Stiehl (@udostiehl) 16. Juli 2015
#Merkelstreichelt wurde rasend schnell zur Meme. Als vorläufiger Endpunkt gibt es dazu inzwischen sogar einen Tumblr-Blog. Das ungekürzte Video findet sich hier.
LeFloid interviewt Angela Merkel
Dabei hatte die Woche für Angela Merkel doch so gut angefangen. Am Montag ging ein Interview der Kanzlerin mit dem YouTube-Star LeFloid online. LeFloid alias Florian Mundt stellte der Kanzlerin Fragen, die er unter #NetzfragtMerkel zuvor von den Zuschauern seines YouTube-Kanals eingesammelt hatte. «Fad» fanden die einen, zu zahm sei der YouTuber in der Fragerunde aufgetreten, «ziemlich gut», die anderen. Auch andere hätten nicht wesentlich mehr Antworten von der deutschen Kanzlerin bekommen, einige Medienvertreter.
Ein Gewinn war das Interview wohl für beide Teilnehmer. LeFloid hat vor allem unter den jüngeren Zuschauern eine grosse Fangemeinde. Und etliche Ältere haben wohl neu davon erfahren, dass es ihn überhaupt gibt.
Google Deep Dream: Wie Computer auf LSD
Zur Abwechslung gar nichts mit Politik zu tun hat dieser Trend: Seit Google die Visualisierungssoftware «Google Deep Dream» online gestellt hat, werden von Foodporn bis zum Selfie immer mehr Bilder durch das neuronale Netzwerk gejagt. Dessen Software ist programmiert auf die Erkennung bestimmter Muster. Im Bild werden daher in mehreren Durchläufen die Elemente verstärkt, die diesen Mustern entsprechen.
«Am Montag wird Google Street View durch Deep Dream View ersetzen», kommentiert der Autor dieses Bildes auf Twitter. (Bild: David Futrelle)
So bekommen Häuser Augen und anscheinend leere Landschaften werden bevölkert von Fantasiewesen.
Wenn dein Essen dich anschaut: Das kommt dabei heraus, wenn Foodporn den Weg durch Google Deep Dream findet. (Bild: via Steve Kaiser, Twitter)
Die Resultate sind zwischen erstaunlich und verstörend. Bildersammlungen gibt es mittlerweile auf mehreren Blogs und Webpages oder unter den Hashtags #deepdream oder #dreamdeeply. Hieronymus Bosch lässt grüssen.