Grundrechte für Basler Affen

Was unterscheidet Affen von Menschen? Nichts, finden Basler Tierrechtler und lancieren eine Initiative, die Grundrechte auch für nicht-menschliche Primaten fordert. Betroffen davon wären der Zoo und die Forschung.

Mensch, Affe: Primaten sollen mehr Rechte erhalten.

(Bild: Nils Fisch)

Was unterscheidet Affen von Menschen? Nichts, finden Basler Tierrechtler und lancieren eine Initiative, die Grundrechte auch für nicht-menschliche Primaten fordert. Betroffen davon wären der Zoo und die Forschung.

Sklavenbefreiung, Frauenstimmrecht – und jetzt Grundrechte für Affen. In der Tradition der Bürgerrechtsbewegung verstehen sich die Tierrechtler, die jetzt in Basel eine Initiative lancieren, die nicht-menschlichen Primaten Grundrechte garantieren will. Die Forderung: Affen dürfen nicht getötet werden, und sie haben ein Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. 

Konsequenzen hätte das für die 170 Primaten, die in der Forschung eingesetzt werden und für die 130 Zolliaffen. Zoohaltung wäre weiterhin möglich, sie müsste sich aber dramatisch verbessern. Für die Pharmaforschung wären die Eingriffe weitreichender. Es dürften nur noch Versuche mit dem Schweregrad 0 stattfinden, also etwa Verhaltensstudien. Sämtliche invasiven Eingriffe würden untersagt.

Basel besonders progressiv

Hinter dem Anliegen steht ein breites Bündnis aus Tierrechtlern und Philosophen. Unterstützung erhofft man sich bei der Unterschriftensammlung von den Grünen und den Juso. Meret Schneider, politische Verantwortliche des Komitees, glaubt aber, dass das Anliegen bis weit in die bürgerliche Mitte Sympathien geniesst. Die Initiative werde bewusst in Basel lanciert, weil man hier ein progressives Umfeld erkannt hat.

Dass unter gewissen Bedingungen auch weiterhin Zoohaltung und Forschung möglich sind, sei politischer Pragmatismus, so Schneider: «Wir wollen über Grundrechte diskutieren. Es wäre schade, wenn die Debatte niedergeschmettert wird, weil man den Leuten Angst macht, sie könnten nicht mehr in den Zoo und Affen anschauen.»

Die Debatte soll sich bewusst um Rechte drehen – und nicht um Tierschutz, wie oft in der Vergangenheit. Der Kampf um bessere Haltungsbedingungen wird abgelöst durch den Kampf gegen die «Diskriminierung aufgrund genetischer Diversitäten».

Abschreckende Analogie mit Sklaven

Die Kampagne argumentiert hier mit der Genetik, in kalter Abstraktion, die durchaus abschrecken kann. Illustriert wird die Forderung mit einem Bild, das einen schwarzen Menschen in Ketten zeigt. Die Botschaft: Das haben wir ja auch geändert. Eine irritierende Analogie.

Auch der Vergleich mit dem Frauenstimmrecht ist merkwürdig, weil ja nun nicht die politische Partizipation der Affen zur Debatte steht. Es geht nicht um einen Baustein der Demokratie, sondern um Fundamentaleres: Affen sollen nicht gequält werden dürfen. 

Doch die Vergleiche werden gezogen, weil die Tierrechtler Schimpansen und Konsorten als gleichrangige Varietäten von Primaten verstehen. Dabei stellen sie nicht auf den genetischen Code ab, sondern auch auf Intelligenz und Emotionen, die jenen von Kleinkindern entsprechen sollen. 

Würde der Kreatur verletzt

Griffiger macht Markus Wild das Anliegen. Wild ist Philosoph an der Uni Basel und ein spannender Zeitgenosse. Er nennt zwei Beispiele von Vorgängen, die in seinen Augen gegen die Würde der Kreatur verstossen.

Derzeit läuft in Zürich die Diskussion, ob bewilligte Versuche an Rhesusaffen rechtens sind. Das Bundesgericht hatte ähnlich gelagerte Versuche bereits 2009 verboten. In Zürich sollen nun Affen Sonden ins Gehirn verpflanzt werden. Den Affen wird Flüssigkeit vorenthalten und sie werden gezwungen, an Versuchen teilzunehmen. Dabei erhalten sie elektrische Stromstösse ins Gehirn, die ähnliche Störungen verursachen, wie sie Menschen erfahren, die an psychischen Krankheiten leiden. So erhofft man sich Rückschlüsse auf die Ursachen psychischer Krankheiten. 

Gequälter Zolli-Gorilla

Ein zweites Beispiel liefert Wild der Zoo Basel:

2014 starb dort der Gorilla-Silberrücken Kisoro am Fuchsbandwurm. Sein Sohn Zungu sollte gemäss den natürlichen Hierarchien die Nachfolge antreten, konnte das aber nicht, weil das Zuchtprobleme verursacht hätte. Also holte man ein neues Männchen aus Polen, für Zungu fand sich kein Abnehmer. 

Der Neue verletzte daraufhin Zungu schwer, weil er keinen Rivalen duldete. Also kastrierte der Zoo Zungu und der entmannte Gorilla verlebte seine Zeit sozial erniedrigt, bis auch er an einem Fuchsbandwurm starb.

Wild sagt: «Er ist überschüssiges Leben. Er wurde gefangen gehalten, misshandelt, er erlitt Missbildungen, sein Sozialleben war behindert, er wurde krank und schliesslich eingeschläfert. Und alles nur, weil er im Zoo lebt. Affen werden erniedrigt, ihre Würde wird nicht respektiert.» 

Deshalb setzt sich der Philosoph für die Grundrechtsinitiative ein: «Wir haben eine Garantenstellung für die Affen, wir müssen diese schützen. Wir haben irgendwann die Verantwortung für sie übernommen und nun müssen wir ihnen ein Leben ermöglichen, das sie nicht in Gefahr bringt.»

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