Guggetussi, Helgebueb und melancholische Momente: So ist das Glaibasler Charivari 2016

«Charivari News», Helgebueb und «D Gwäägi»: Das diesjährige Charivari ist farbenfroh und funktioniert nach bewährtem Rezept. Wir waren bei der Premiere am Samstag dabei.

Neu beim Charivari: Der Schnitzelbangg «Wanderratte» tritt in der ersten Hälfte auf. Nach der Pause kommen dann auch «d Gwäägi» - längst Publikumslieblinge - zum Zug.

(Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

«Charivari News», Helgebueb und «D Gwäägi»: Das diesjährige Charivari ist farbenfroh und funktioniert nach bewährtem Rezept. Wir waren bei der Premiere am Samstag dabei.

Abwechslungsreich soll es sein, das Glaibasler Charivari. Dies wird schon am Bühnenbild deutlich: Ein riesiger Setzkasten lässt im Volkshaus auf ein opulentes Programm hoffen – schliesslich ist die Messlatte nach der begeistert aufgenommenen letztjährigen Ausgabe hoch angesetzt. Kann das Charivari 2016 an diesen Erfolg anknüpfen? In vielen Nummern ist dies gewiss der Fall, anderes bleibt jedoch durchzogen. Die bewährten Rezepte funktionieren somit je nach Programmteil anders.

So etwa bei den Raamestiggli: Generell sind diejenigen, die Eigenarten der Basler Fasnacht unter die Lupe nehmen, treffender als solche zu politischen Themen. Dies zeigt etwa gegen Schluss die Nummer «Luegid vo Bärg und Tal» gut auf: Der Aneinanderreihung von Witzen in Form einer etwas abgelutschten Älpler-Parodie fehlt ein wenig der Biss.



Gekonnte Wortspiele: Mathias Brenneis in der Haut des «Helgebueb», einer weiteren Randfigur an der Fasnacht.

Gekonnte Wortspiele: Mathias Brenneis in der Haut des «Helgebueb», einer weiteren Randfigur an der Fasnacht. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Trotzdem sind die die schauspielerischen Leistungen keineswegs langweilig. Für Lacher beim Publikum sorgen etwa die «Charivari News» mit der Regisseurin und Schauspielerin Colette Studer als Nachrichtensprecherin. Ayhan Sahin gibt sich in der Rolle eines quirligen Dolmetschers, der mehrere Sprachen imitiert. Die obligaten Seitenhiebe in Richtung Limmat kommen ebenfalls gut an: Auch dieses Jahr kokettiert der Schauspieler Nico Jacomet immer wieder selbstironisch mit seiner Herkunft. Dabei schlüpft er je nach Raamestiggli sowohl in die Rolle des Zürchers wie auch des Bebbi.

Wortwitz vom Helgebueb

Zur Vorfasnacht gehören aber auch nachdenkliche Facetten: In «Justitia quo vadis?», wo Themen wie Terrorismus und Flüchtlinge angesprochen werden. Der Beitrag bleibt inhaltlich manchmal bei Gemeinplätzen stehen, was aber mit der gesanglichen Unterstützung durch das Basler Männeroktett kompensiert wird: Ein Beresinalied, das am Schluss fasnächtlich abgewandelt wird, sorgt für einen melancholischen Moment.



Verspielt und virtuos zugleich: Der Auftritt der Pfyffergruppe Schäärede mit einem clownesker Ragtime-Stück

Verspielt und virtuos zugleich: Der Auftritt der Pfyffergruppe Schäärede mit einem clownesken Ragtime-Stück (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Ein Highlight ist einmal mehr der Auftritt von Mathias Brenneis: In seinem Monolog schaut er sich auch diesmal die Fasnacht mit den Augen einer Randfigur an. War es letztes Jahr der Vorträbler, so kommt dieses Mal der Helgebueb zu Wort – jemand, der stets im Schatten der fasnächtlichen Stars steht. Dabei ist sein Text voller Wortspiele – so etwa wenn er eine ganze Reihe an bekannten Schnitzelbangg-Namen in zweideutiger Manier miteinander verstrickt.

Wie gesagt überzeugen generell eher die Raamestiggli, welche die Fasnacht zum Thema haben: Was passiert, wenn eine dünkelbehaftete Schääse an eine ruppige Wagenclique gerät und somit auch an der Fasnacht Welten aufeinanderprallen, wird bei «Noblesse oblige am Cortège» aufgezeigt. Zu den besseren Stiggli gehört auch «S isch halber Vieri», das die letzten Minuten vor dem Morgestraich beschreibt und von persiflierten Radiobeiträgen begleitet wird.



Auch im Rollstuhl kann man ein «Drummelhund» sein: «Top Secret» altern auf der Bühne - oder eben doch nicht.

Auch im Rollstuhl kann man ein «Drummelhund» sein: «Top Secret» altern auf der Bühne – oder eben doch nicht. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Treffsichere altbekannte und neue Bängg

Zudem ziehen sich manche schauspielerischen Beiträge als roter Faden: Colette Studer, die als aufbrausendes «Guggetussi» stets darum bemüht ist, zwei Laternen anzuzünden, führt durch den Abend. Ein anderer Running Gag widmet sich einem kratzbürstigen Fasnächtler der Jungen Garde, der immer wieder gegen einen altväterlichen Vertreter des Stammvereins stichelt.

Als sicherer Wert sind «D Gwäägi» erneut als Schnitzelbangg dabei. Dabei nehmen sie lokale Themen wie den Scientology-Tempel und das White Dinner aufs Korn. Begeisterten Applaus ernten sie mit ihrem Marathonvers – diesmal zu den Sparmassennahmen beim Schweizer Fernsehen, worin sie ihrer Fantasie, wo überall gekürzt werden könnte, freien Lauf lassen. Auch die «Wanderratte», ein Bangg, der neu zum Charivari gestossen ist, kann die Gunst der Zuhörer gewinnen: Pointen über ein pubertierendes Baselbiet, die Poller vom Spalenberg und ein «rätoromanischen» Vers über Magdalena Martullo-Blocher werden gut aufgenommen.



Sorgte für so manchen Lacher: Charivari-Regisseurin und Schauspielerin Colette Studer parodiert zusammen mit Ayhan Sahin als Dolmetscher den Fernsehsender Telebasel.

Sorgte für so manchen Lacher: Charivari-Regisseurin und Schauspielerin Colette Studer parodiert zusammen mit Ayhan Sahin als Dolmetscher den Fernsehsender Telebasel. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Ohren- und Augenschmaus bei den Tambouren, Pfyffer und Gugge

Delikatessen werden auch bei den musikalischen Beiträgen serviert. Die Pfyffergruppe Schäärede sorgt mit der «Triccolo Sonate» sowohl akustisch wie auch optisch für einen ansprechenden Auftritt: Die einzelnen Stimmen, Farben und Scheinwerferlicht sind gekonnt aufeinander abgestimmt. Mit einer verspielten und farbenfrohen Darbietung brillieren sie auch mit der «Rag-ette». Dabei erhalten die Piccolos Unterstützung von Banjo, Bass und Schlagzeug, um die Vorfasnacht mit etwas Ragtime aufzumischen.

Als Stammclique sind diesmal die Vereinigten Kleinbasler (VKB) dabei: Den Anfang machen sie mit dem Fasnachtsmarsch «Neyi Glaibasler», in der zweiten Hälfte geben sie ein «Liberty Bell» in roten Uniformen zum Besten. Die Melodie ist wohl einigen als Fanfare in «Monty Python’s Flying Circus» geläufig. Dabei präsentiert die Clique die von Michael Robertson arrangierte Version des amerikanischen Sousa-Marsches aus dem 19. Jahrhundert. Die VKB Drummelgrubbe «ruesse» zudem im Eisbärenkostüm einen wuchtigen «Ice Power».



«Liberty Bell» von den VKB

«Liberty Bell» von den VKB (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Für das Guggekonzärtli sind die Schränz-Gritte zuständig, welche als orange Alti Dante die Bühne bis auf den letzten Winkel füllen. Als eine der grössten Gugge schicken sie bis zu 60 Leute in den Setzkasten. Keineswegs darf gegen Ende auch der Auftritt von Top Secret fehlen: Als tattergreisige Sennen reichern die Tambouren auch diesmal ihre rhythmische Virtuosität mit einer Prise Humor an. Sichtlich gealtert wird mit Spazierstöcken, dann auch auf Milchkübeln getrommelt. Damit sorgen sie für den Abschluss einer insgesamt doch sehr gelungenen und bunten Charivari-Ausgabe.

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Das Charivari vom 16. bis 30. Januar im Volkshaussaal zu sehen (Beginn jeweils 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr).

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