Auch von schönen Dingen kann man genug bekommen. Oder zumindest so tun.
Eigentlich sollte man meinen, wenn einem etwas gefällt, dann möchte man so viel wie möglich davon haben. Das erklärt die vielen Sportsendungen im Fernsehen, stimmt aber nicht immer. Bei einigen Dingen (Sonne, heiss und fettig, Zigaretten) halten sich viele Menschen aus Vernunft zurück, denn zu viel ist schlecht für die Gesundheit oder die Figur, und so viel Schaden ist ihnen der Spass dann doch nicht wert.
Weihnachten ist auch so eine Sache, die viele Menschen sehr gerne mögen, denn man bekommt Geschenke, besinnliche Stunden, weil man nett zueinander sein muss oder es wenigstens versucht, überall sind Kerzen, und es werden leckere Sachen serviert. Man sollte also meinen, wenn das ganze Jahr über Weihnachten wäre, wäre die Welt ein wenig besser, denn bis auf das süsse und fettige Essen muss man die ganze Sache doch positiv bewerten.
Die Versuche verschiedener Detailhandelsketten, bereits im Oktober mit Tannenzweigen, Gutzi und Samichläusen weihnachtliche Stimmung zu verbreiten, wird aber von vielen als Belästigung empfunden. Advent und Weihnachten dürfen erst im Dezember stattfinden, 24 Tage Vorfreude sind genug. Das kann man an jedem Adventskalender ablesen, sonst ist man Mitte Dezember so übersättigt, dass man die Kerzen eiskalt ausbläst und zu niemandem nett ist. Jetzt gerade übrigens auch nicht, denn man ist ja so wütend, weil überall schon Weihnachten ist. Seltsamerweise schlägt sich die gruppierte Aversion gegen vorzeitigen Weihnachtserguss aber nicht in Konsumverzicht nieder. Lebkuchenherzen sind eben auch im Oktober lecker.
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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23.11.12