Beim Fotografieren ist nicht nur das richtige Motiv oder Modell wichtig – sondern auch, wie sich der Fotograf bewegt. Nur wer Haltung zeigt, schiesst das perfekte Bild.
Die einen schleichen und pirschen sich wie Grosswildjäger an das Motiv heran. Warten lange auf den richtigen Augenblick und erlegen ihr Motiv mit einem gezielten Schuss. Andere schiessen beiläufig aus der Hüfte und machen dabei eine Mine wie ein unerkannt bleiben wollender Detektiv.
Dann gibt es jene, deren Antlitz permanent hinter dem Apparat versteckt bleibt, die immerzu durch den Sucher gucken und sich nur auf den Bildausschnitt konzentrieren (und dann meistens den entscheidenden Augenblick verpassen).
Komische Verrenkungen
Einige Aufnahmesituationen und Kamerasysteme zwingen Fotografen zu komischen Verrenkungen und peinlichen Haltungen. Lustig ist der Blümchenfotograf, der sein Makro auf den Boden richtet und den Hintern in die Höhe. Oder der Sportfotograf, der sich wegen grossen schweren Linse auf seiner Kamera irgendwie aufstützen muss, weil er sonst Gefahr läuft, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Dann gibt es diejenigen, die auf den Knien herumrutschen – das sieht man dann den Hosen an.
Der Hobbyfotograf mit grossem Budget konzentriert sich oft mehr auf sein Gerät als aufs Motiv und hat meistens zu viele Taschen umgehängt, unter deren Last er ziemlich schief steht. (Profis haben zwei Taschen dabei, eine links und eine rechts, so bleibt der Horizont schön horizontal.)
Es gibt auch wahre Tänzer in der knipsenden Zunft, die eine abenteuerliche Gymnastik hinlegen können. Hochzeitsfotografen lassen sich so manche Moves einfallen, um die Gesellschaft bei Laune zu halten. Das Internet ist voll lustiger Beispiele.
Cool wie in «Blow Up»
Viele bewegen sich aber so, wie sie es aus Filmen gelernt haben. «Blow Up» zum Beispiel, das Meisterwerk von Michelangelo Antonioni aus dem Jahr 1966, hat eine ganze Generation von Fotografen beeinflusst: Sie glaubten, dass man beim Fotografieren von schönen Frauen die Kamera falsch halten und mit leerem Gesichtsausdruck cool aussehen müsse. Oft ähneln die Posen hinter der Kamera auch jenen auf Filmplakaten, auf denen Männer mit Waffen hantieren. Die James-Bond-Geste mit der nach oben gerichteten Pistole und dem Grinsen des Helden ist eine der meist verbreiteten Posen auf Selbstdarstellungseiten von Fotografen.
Manchmal kann man aus den Bildern Rückschlüsse ziehen, wie der Fotograf sich wohl angestellt hat. Wurde er überhaupt wahrgenommen, oder war er gar das Zentrum der Aufmerksamkeit? War er dem Geschehen nahe, oder hielt er sich feige weit weg? Wie verläuft der Blickwinkel? Von oben herab oder auf Augenhöhe?
So verrät manches Bild einiges über seine Entstehung. Deshalb mein Tipp an alle Fotografen: Treten Sie selbstbewusst auf und zeigen Sie Haltung. Das überträgt sich auch auf die Situation und den Menschen, den Sie fotografieren. So kommt es zum perfekten Moment: Auge in Auge.