Wickie wird 40 Jahre alt, ist aber trotzdem noch nicht erwachsen. Und muss sich immer noch gegen das Gerücht wehren, ein Mädchen zu sein.
Lange blonde Haare, Leggings und ein Röckchen: Als Kind war ich davon überzeugt, dass Wickie ein Mädchen sein muss. Dass er immer wieder als «der Junge» bezeichnet wird, liess mich kalt. Selbst das Argument, dass der kleine Wikinger doch aber nur auf die Reisen der Grossen mitdarf, weil er eben ein Junge ist, liess ich nicht gelten. Wickie war schliesslich schlau wie kein anderer – kein Wunder, wollten die Erwachsenen da nicht auf sie (ihn) verzichten!
Die erste Folge der TV-Serie «Wickie und die starken Männer» wurde am 31. Januar 1974 ausgestrahlt. 78 Folgen zählte die Serie am Schluss. Die literarische Vorlage für die Serie waren das 1963 entstandene Kinderbuch Vicke Viking und seine Nachfolgebände, verfasst vom schwedischen Autoren Runer Jonsson.
Mit meiner Meinung stand und steh ich nicht alleine, wie eine Studie zeigt. Immer wieder sind Kinder sich uneins, welchem Geschlecht Wickie zugehört. Die Aufklärung durch Erwachsene folgt dann meist stehenden Fusses. Und in Michael «Bully» Herbigs Realverfilmung setzt Wickie gleich selbst in einer Szene zur Klärung an und brüllt: «Ich bin kein Mädchen!»
Ich unterstelle jetzt aber mal: Die Macher der TV-Serie waren eben auch schlau. Sie legten die Hauptfigur so an, dass sowohl Mädchen wie Jungs sich damit identifizieren konnten. Die Frauen kommen ansonsten ja nicht gerade oft vor in diesem Männer-Wikingeruniversum – und wenn, dann taugen sie zu nicht viel mehr als zur Staffage. Sie stehen am Herd, warten brav zuhause, bis die Männer von ihren Abenteuern zurückkehren und stolz ihre Schätze präsentieren.
Wickie, Pippi und Michel
Wickie sind Schätze egal. Er löst lieber Rätsel. Erfindet Dinge. Hat manchmal Angst. Drückt sich vor Schlägereien. Verabscheut Waffen. Und dann ist ja auch noch der Name quasi geschlechtsneutral: Wickie, der kleine Wikinger, oder doch eine Kurzform für Viktoria? Was allerdings zugegebenermassen kein wirklich wikingerkonformer Name ist, sondern besser zu einer britischen Prinzessin passt.
Ich fand Wickie toll, weil ich auch Pippi Langstrumpf toll fand und Michel aus Lönneberga. Und von den fünf Freunden war mir das Mädchen-wider-Willen George am liebsten. Das Geschlecht besagter Figuren war allerdings zweitrangig, das Handeln war es, was mich faszinierte.
Bei Wickie war es wohl nicht anders. Und wohl deshalb ist der kleine Junge auch heute noch so beliebt – wenn er mit seinen inzwischen 40 Jahren auf dem Buckel auch schon zum alten Eisen gehört. Was die Lebenserwartung eines durchschnittlichen Wikingers angeht, so wäre der Zeitpunkt fürs Abtreten eigentlich nun erreicht. Andererseits: Frauen leben ja bekanntlich länger…
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Und hier noch, zum laut Mitsingen: