Hunderte gehen für den Wagenplatz auf die Strasse

Der Kampf um den Erhalt des Wagenplatzes im Basler Hafen geniesst viel Unterstützung. Eine beachtlich grosse, wild durchmischte Truppe protestierte am Sonntag gegen die Pläne der Regierung, auf dem Areal an der Uferstrasse Fussballfelder anlegen zu lassen.

«Uferstrasse lebt»: In einer unbewilligten Demonstration setzten sich am Sonntag in Basel Hunderte für den Erhalt des linksalternativen Wagenplatzes ein. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Der Kampf um den Erhalt des Wagenplatzes im Basler Hafen geniesst viel Unterstützung. Eine beachtlich grosse, wild durchmischte Truppe protestierte am Sonntag gegen die Pläne der Regierung, auf dem Areal an der Uferstrasse Fussballfelder anlegen zu lassen.

Bummelsonntag hatten am Wochenende nicht nur die Karnevalisten. Ein Tross aus geschätzten 400 Personen zog vom Marktplatz durchs Kleinbasel an die Uferstrasse im Rheinhafen. Angeführt von einem altersschwachen Traktor, angetrieben von generatorgestütztem Hip-Hop und elektronischer Musik protestierte eine bunte Truppe aus dem linksalternativem Spektrum gegen Pläne der Basler Regierung, die Wagensiedlung in Fussballplätze umzuwandeln.

Der Aufzug kam ziemlich berlinerisch daher: Hartgesottene Autonome liefen neben Jungvätern, die ihren Nachwuchs im Cargobike mitführten. Von der Sonne errötete Gymnasiastinnen hielten mit Fingerfarben gestaltete Protestflaggen hoch, zwei Rastas schoben einen mobilen Töggelikasten vorwärts. Und der vom Traktor gezogene DJ-Wagen wurde «Roller Boogie»-mässig von einem Typen in einer extraweiten Karo-Hose umkreist.

Geeint wie lange nicht mehr

Bemerkenswert war aber vor allem der grosse Aufmarsch. Eine solche Demo, die friedlich und fröhlich für eine gemeinsame Sache eintritt, hat die Szene lange nicht mehr gesehen. «Es geht halt um etwas», lautet Jackies Erklärung für den beachtlichen Andrang. «Der Wagenplatz ist der letzte Ort in Basel, den wir nach unseren Vorstellungen gestalten können, der allen Leuten frei zugänglich ist», sagt die 23-jährige Studentin. Die von der Regierung verordneten Zwischennutzungen seien entweder der Kategorie «Special Interest» zuzurechnen oder der Konsumwirtschaft.  



Sogar einen Döggelikasten gabs – als Anlehnung an die Idee der Regierung, den Wagenplatz einem Fussballplatz weichen zu lassen.

Sogar einen Döggelikasten gabs – als Anlehnung an die Idee der Regierung, den Wagenplatz einem Fussballplatz weichen zu lassen. (Bild: Alain Appel)

Demonstrantin Manuela, die ab und an auf dem Wagenplatz mithilft, ist zufrieden: «Ich hoffe, wir konnten dem Regierungsrat zeigen, wie vielen verschiedenen Menschen der Wagenplatz am Herzen liegt. Diese Demo ist sehr wichtig, denn dieser Ort, mit dem sich viele Leute identifizieren können undan dem viel geschaffen wird, steht auf dem Spiel. Ich denke, nicht der Wagenplatz, sondern der Fussballplatz ist utopisch.» 

Seit bald einem Jahr leben vielleicht 20 Alternative in umgerüsteten Bauwagen auf der Brache an der Uferstrasse. Dort soll irgendwann das neue Stadtquartier mit dem Übernamen «Rheinhattan» entstehen. Rundherum haben andere Projekte wie die Bars «Landestelle» und «Uferlos» Fuss gefasst. 

Zwischennutzer würden instrumentalisiert

Der bislang geduldete Wagenplatz ist der Regierung schon länger ein Dorn im Auge. Zuletzt versuchten die Behörden in einer geheimen Ausschreibung, andere Zwischennutzer dazu bewegen, das Areal zu bespielen. Die Verhandlungen scheiterten, weil die Regierung jeweils als Bedingung verlangte, der Wagenplatz müsse verschwinden.

Einer, der ein Projekt eingereicht hatte, war Christian Müller, bekannt von seinem politischen Engagement «Freistaat Unteres Kleinbasel». Auch er war an der Demo zugegen. «Das Vorgehen der Regierung ist unter aller Sau», sagt Müller. Mit immer neuen Tricks und Begründungen versuche diese, die Wagenleute zu vertreiben. «Dabei besteht überhaupt kein Anlass, die Fläche anderweitig zu nutzen, zumal es noch so viel freien Platz hat.» Gespräche würde die Behörden konsequent verweigern, das bestätigt auch ein Organisator der Demo.

Müller wollte auf dem Areal einen Campingplatz betreiben – mit den Wagenleuten als ersten Mietern. Denn diese seien durchaus bereit, für ihr Bleiben zu bezahlen. Die Idee stiess auf keine Gegenliebe. Stattdessen will die linksgrüne Regierung nun offenbar so schnell wie möglich Fussballfelder auf der Schotterfläche anlegen lassen. Am Dienstag könnte bereits ein Entscheid fallen, nach dem heutigen Sonntag und dem Ausdruck breiter Solidarität für das wilde Wohn- und Kulturprojekt im Hafen dürfte man das Geschäft aber verschieben. 

Den Behörden einen Schritt voraus

Kein Verständnis für das Vorgehen der Regierung hat auch die Basler SP-Nationalrätin Silvia Schenker, die sich als eine der wenigen Politikerinnen traute, an die Demo zu gehen: «Ich fühlte mich sehr wohl zwischen diesen jungen Leuten. Es war so friedlich und voller Kreativität. Das Gleiche empfand ich auf dem Wagenplatz. Das darf man doch nicht zerstören.»



«Wozu will denn die Regierung hier einen Fussballplatz hinhauen? Das haben wir doch selbst schon erledigt», sagt ein Stürmer des neugegründeten FC Steinschlag.

«Wozu will denn die Regierung hier einen Fussballplatz hinhauen? Das haben wir doch selbst schon erledigt», sagt ein Stürmer des neugegründeten FC Steinschlag. (Bild: vom Verein «Neubasel» zur Verfügung gestellt.)

Zumal es bereits einen Fussballplatz auf dem ehemaligen Migrolareal hat. Auch hier sind die Wagenleute den Behörden einen Schritt voraus: Sie haben mit gelbem Farbspray Linien gezogen, dazu zwei kleine Tore aufgestellt. Am Sonntag wurde bereits rege gespielt, wenn auch nicht immer regelkonform, aber darum ging es an der Uferstrasse noch nie.

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