«Ich nehme, was niemand mehr haben will»

Henk Tinga verbindet in seinen Möbel-Kreationen Kulturen, Zusammenpassendes und totale Gegensätze. Seinen Erfolg verdankt er seinen zahlreichen Ideen und seiner Tochter.

Henk Tinga vor dem neuen Fernsehmöbel. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Henk Tinga verbindet in seinen Möbel-Kreationen Kulturen, Zusammenpassendes und totale Gegensätze. Seinen Erfolg verdankt er seinen zahlreichen Ideen und seiner Tochter.

Was hat die Schweizer Botschaft in Indonesien mit einem Basler Sandkasten zu tun? Absolut gar nichts, werden Sie sagen. Das stimmt vermutlich auch. Doch bei Henk Tinga entstehen viele ebensolche, absurd erscheinende Beziehungen. Henk Tinga sammelt Holz. Holz von überall auf der ganzen Welt, in allen Formen und Ausführungen. Er findet es auf Flohmärkten und in Entsorgungs-Mulden und es wird ihm von allen Seiten zugetragen. Holz, das sonst einfach verbrannt werden würde, findet in seiner Werkstatt zu neuem Nutzen, erhält eine ganz neue Funktion. 

Jedes auch noch so unbedeutende Stück wird von Tinga dankbar angenommen und mit grosser Liebe zum Detail verwertet. Der gebürtige Holländer macht aus alten Möbeln neue. Er kombiniert den Sandkasten aus der Basler Nachbarschaft mit einem Bettpfosten der Schweizer Botschaft in Indonesien zu einem Fernsehmöbel. Ein altes Regal aus einer Apotheke wird kurzerhand zu einem Garderobentisch umfunktioniert. Manche Stücke warten jahrelang auf ihr neues Dasein als »Chuchichäschtli-Schublade», andere nur wenige Tage. 

«Woher haben Sie diesen Kinderwagen?»

Angefangen hat das Ganze vor 28 Jahren. Seit kurzem in der Schweiz und noch arbeitssuchend, spazierte Tinga mit seiner kleinen Tochter in einem selbstgezimmerten Kinderwagen durch Basel. Er wurde angesprochen, wo denn dieses Modell zu kaufen sei, und so kam es vom einen zum anderen, von Auftrag zu Auftrag. Schon in Holland hatte er als Schreiner Renovationsarbeiten durchgeführt, bei denen alte Materialien wiederverwertet wurden. 

28 Jahre später, der Kinderwagen befindet sich mittlerweile im Besitz des Kinderzirkus «Regenbogen», sieht sich Henk Tinga in einer Nische zwischen Künstler und Handwerker. «Ein Stuhl von mir wird nicht als Kunst angesehen, weil man darauf sitzen kann. Ich bin aber auch kein Designer, weil man meine Stücke nicht reproduzieren kann.»

Die Antwort auf Glas und Beton

Ob nun Künstler oder nicht, Henk Tinga ist ein Philosoph. Er sieht in seiner Kunst die Freiheit des Menschen, seine Wohnung, seine eigene kleine Welt, so zu gestalten wie er will. Man könne vielleicht nichts dagegen tun, dass schöne alte Gebäude abgerissen und durch Glas- und Betonfassaden ersetzt werden. Man könne sich jedoch gegen diese Homogenisierung wehren, indem man sich selbst immer wieder neu erfindet, in seinen eigenen vier Wänden der Eintönigkeit keinen Platz lässt, Altes und Neues nebeneinander leben und miteinander verschmelzen lässt.

Genau dazu will er seine Auftraggeber anregen: «Ich selbst bin nur der Entwerfer – der Künstler ist der Gebraucher. Ein Regal wirkt erst richtig, wenn Bücher darauf stehen, ein Stuhl erst dann, wenn jemand darauf sitzt.» Er will die Menschen zu eigenen Ideen inspirieren, nicht unbedingt seine verbreiten. Wer jedoch handwerklich nicht sonderlich begabt ist, und nach einem speziellen Möbelstück sucht, ist im «Art Dépôt» in Binningen stets willkommen.

Ab Freitag, den 30. August, können einige von Henk Tingas Kreationen bestaunt werden: 30.8. – 28.9., Bauteilbörse, Turnerstrasse 32 4058 Basel; Vernissage am 30.8., von 17.00 bis 20.00 Uhr. 

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