Im «Charon» wird nun apulische Küche aufgetischt

Das am Dienstag eröffnete Restaurant Apulia am Spalentor erweitert die kulinarische Bandbreite der Basler Gastronomie bis in den tiefen Süden Italiens. Stefano Giovannini, bekannt als Gastgeber im «aroma», liegt auch am zweiten Standort authentische Küche am Herzen.

Aus dem «Charon» wird das Restaurant Apulia.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Das am Dienstag eröffnete Restaurant Apulia am Spalentor erweitert die kulinarische Bandbreite der Basler Gastronomie bis in den tiefen Süden Italiens. Stefano Giovannini, bekannt als Gastgeber im «aroma», liegt auch am zweiten Standort authentische Küche am Herzen.

Stefano Giovannini hat sich einiges vorgenommen. Seit Dienstag ist die Türe seines zweiten Restaurants in Basel geöffnet, er will eine renommierte Adresse mit neuem gastronomischem Leben erfüllen, und das mit einer besonderen Küche – der apulischen.

Das Grundrezept hat Giovannini, ein gebürtiger Basler mit römischen Wurzeln, bereits am Marktplatz erfolgreich erprobt. Dort erfreut sich in der Sattelgasse das Restaurant «aroma» seit sechs Jahren der Beliebtheit bei Freunden der authentischen Küche aus Italiens Kapitale. 

«Das ‹aroma› steht auf stabilen Beinen», sagt Giovannini. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung stiess er auf das seit zwei Jahren leerstehende «Charon» am Schützengraben 62. Gourmets werden aufhorchen, denn das Restaurant gehörte fast ein Vierteljahrhundert lang zu den kulinarischen Aushängeschildern der Stadt.



Die Anfänge des Restaurant Charon.

Die Anfänge des Restaurant Charon.

Vor 125 Jahren wurde das Gasthaus als «Wein-Restaurant Louis Charon» gegründet, den klingenden Namen als Gourmet-Tempel verdankte es dem 2014 verstorbenen Urs Weidmann. Der hatte bei den ganz Grossen wie Eckart Witzigmann gelernt, galt in Basel als «kantiger Gastgeber» («Salz und Pfeffer»; 5/2012) und kochte auf höchstem Bewertungsniveau, ehe ihm die Kritiker von Gault-Millau die Liebe entzogen.

Das Interieur: So wie es ehemalige Gäste kennen

Seit 2013 stand das Lokal leer und das Haus eigentlich zum Verkauf. Nun ist Mary Weidmann-Chee eine grosse Sorge los und hat für die alt-ehrwürdigen Räume mit den rund 40 Sitzplätzen im Parterre, dem kleinen «Herrenzimmer», wie es Giovannini aufgrund der Bilder an der Wand nennt, und einem weiteren kleinen Saal mit 20 Plätzen im ersten Stock einen Pächter mit einer vernünftigen Idee gefunden. 

Bei der Gestaltung des bistroartigen Gastraums mit seiner vorsichtig renovierten Patina sind Giovannini vom Denkmalschutz die Hände gebunden. Deshalb werden ehemalige Gäste das «Apulia» so vorfinden, wie sie das «Charon» kennen: dunkles Holz, weisse Tischdecken und die Butzenfenster, durch die sich das Tageslicht den Weg bahnt.

Was Giovannini, der in Marketing und Personalberatung tätig war, bevor aus ihm ein leidenschaftlicher Gastwirt wurde, bei den Behörden erreicht hat: Sobald die Witterung dazu einlädt, werden draussen, im Schatten des Spalentores, Tische und Stühle aufgestellt. Das gab es in den früheren «Charon»-Zeiten nicht.

Die Säulen der apulischen Küche

Eine weitere Herausforderung für die neuen Gastgeber heisst, das Ambiente des Lokals mit der Küche aus dem südlichen Zipfel des Stiefels zu verbinden. «Da ist eigentlich eine Diskrepanz», sagt Giovannini, «denn der Jugendstil hat es nicht wirklich bis nach Apulien geschafft.»



Restaurant Apulia in den Räumen des Charon: Gastgeber Stefano Giovannini (links) und Küchenchef Franco Mastrullo.

Gastgeber aus Leidenschaft und Koch aus Apulien: Stefano Giovannini (links) und Küchenchef Franco Mastrullo im Restaurant Apulia in den Räumen des «Charon». (Bild: Hans-Jörg Walter)

Schlussendlich müssen Küche und Gastlichkeit überzeugen. «Ich mache es auch, weil ich einen tollen Koch habe», sagt Giovannini. Franco Mastrullo hat er aus dem «aroma» abgezogen, und als gebürtiger Apulier steht Mastrullo für das, was die Küche bieten soll: Authentizität. Von den vier Säulen der apulischen Küche getragen – der Pasta aus der Kornkammer Italiens und dem Gemüse, den Milchprodukten, dem Olivenöl sowie Fisch und Meeresfrüchten.

Zu den Antipasti gehören die Burrata, die cremige Mozzarella-Variante Apuliens, oder Caciocavallo alla piastra. Quasi das Raclette des Italieners, dünn aufgeschnitten, in der Pfanne geschmolzen, mit Röstaromen verfeinert und serviert an einem Salat von Lauch und Radicchio (22 Franken).

Am Eröffnungstag gab es auf den Mittagstisch (als Dreigänger) unter anderem hausgemachte Ravioli mit Mozzarella di Bufala (31.–) oder Orecchiette mit einem Fleisch-Sugo (27.–). Das kommt daher, wie es das «Apulia» verspricht: einfach, bodenständig, unbeschwert.

Zu den Standards werden Orecchiette con cime di rapa (mit Stängelkohl) gehören, ebenso gefüllte Auberginen, ein Polpo-Salat (32.–), Kalbs-Involtini (42.–) oder gegrillte Calamari (26.–). Zu den Hausspezialitäten gehört ausserdem Branzino in crosta di sale, der Wolfsbarsch im Salzmantel.

Beim Wein stützt sich das Angebot auf die grossen italienischen Anbaugebiete ab, dazu gibt es ein paar Spitzenweine aus den apulischen Trauben Negroamaro, Primitivo und Nero di Troia und darunter auch Flaschen in der 40- bis 50-Franken-Preisklasse.

«Wir wollen auch etwas Kultur vermitteln»

Auf der Karte findet sich auch Sogliola alla grigrila (ein Gedicht!), schon im «aroma» ein Klassiker. Und die Seezunge hatte es auch Urs Weidmann angetan, der nach dem Motto kochte: «Die einfachste Küche ist die schwierigste. Und alles ist einfach, wenn man es kann.»

Und letzte Erinnerungen an diesen einst grossen Koch lagern noch im Keller. Es sind ein paar Restbestände der Weinkarte des «Charon». Man frage Stefano Giovannini danach.

Dass er das «Apulia» in Zeiten eröffnet, in denen Gastronomen über hohe Einkaufspreise und Gastrotourismus klagen, schreckt den 40-jährigen Giovannini nicht: «Es ist ja nicht so, dass alle leiden.» Seine Motivation ist, eine spezifische, eigenständige Küche anzubieten, und sein Ziel, nicht ohne Stolz formuliert, lautet: «Wir wollen auch etwas Kultur vermitteln. Und die Leute sollen merken, dass wir es ernst meinen mit unserer Idee.»

Und im «aroma» kann man unverändert Carbonara und Co. geniessen: Ehefrau Stefania Giovannini führt das Restaurant nahtlos weiter.

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Restaurant Apulia | Schützengraben 62 | 061 261 99 80 | Geöffnet Montag bis Samstag 11.30 bis 14.30 Uhr und 18.30 bis 23.00 Uhr.



Das Restaurant Apulia in den Räumen des ehemaliugen Charon: Wenn es wärmer wird, kommen Tische und Stühle vors Haus.

Das Restaurant Apulia in den Räumen des ehemaligen «Charon»: Wenn es wärmer wird, kommen Tische und Stühle vors Haus. (Bild: Hans-Jörg Walter)

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