Gräfin Helen von Zeppelin versteckte ihre Iris-Pflanzen in den Mauerritzen ihres Gutshofes. Der Zweite Weltkrieg wütete in Europa, das Nazi-Regime hatte ihr verboten, weiterhin Zierpflanzen zu kultivieren. Auf deutschem Grund und Boden durften nur noch Kohlrabi, Buschbohnen und Tabakpflanzen für das notleidende Volk und die Soldaten wachsen.
Doch die Aristokratin hatte 180 Iris-Sorten gesammelt und gezüchtet, ihre Gärtnerei war weltbekannt. Also rettete sie ihre Pflanzen, von jeder Sorte eine.
Ein unvergleichliches Farbenmeer
Heute blühen die Iris wieder in allen Farben des Regenbogens. Gut 40 Autominuten von Basel entfernt wartet ein wahres Paradies für Gartenfreunde: die Staudengärtnerei Gräfin von Zeppelin in Sulzburg-Laufen. Idyllisch gelegen zwischen den Weinhügeln und Obstplantagen des Markgräflerlandes pflegt und verkauft die Gärtnerei 2500 Sorten winterharter, mehrjähriger Gartenpflanzen.
Berühmt ist sie vor allem für ihre Iris-Zucht. 500 Sorten führt sie. Ausserdem hat sie sich auf Taglilien und Edelpfingstrosen spezialisiert. Im Mai verwandeln sie die Gärtnerei in ein unvergleichliches Farbenmeer.
Hier gibt es keine hochgedüngten Pflanzen, die im Verkaufsmoment strahlend blühen und zwei Wochen später in sich zusammenfallen. Bei der Gräfin wachsen Pflanzen, deren Schönheit in den starken Wurzeln schlummert und jahrelang Freude bereitet.
Der Gräflich Zeppelinsche Familienbetrieb ist weit mehr als eine Gärtnerei. Schaugärten, ein Café, eine der grössten deutschsprachigen Buchhandlungen für Gartenliteratur und ein Shop mit Accessoires gehören dazu. Gartenromantiker und Ökohipster finden erlesene Produkte: von handgeschmiedetem Gartenwerkzeug aus Japan über Regenstiefel aus rezykliertem italienischem Luxusleder bis zu Konfi-Etiketten im Grossmutterstil.
Hier lässt es sich samstags und sonntags wunderbar brunchen, im lichtdurchfluteten Liliencafé oder auf der Sonnenterrasse mit Ausblick auf die Schaugärten. Ein imposantes Kuchenbuffet lädt zum Kaffeekränzchen zwischen Blumen.
«Ein Füllhorn voll von verschwenderischer Üppigkeit»
Schon im ersten Weltkrieg hatte die damals neunjährige Gräfin einen Garten gerettet. 1914 wurde nämlich der Schlossgärtner der Familie in den Krieg eingezogen. Da übernahm das Mädchen die Gartenpflege. Helen von Zeppelin war ein Wildfang. Wie ihr Patenonkel, der berühmte Luftschiff-Erfinder Ferdinand Graf von Zeppelin, war sie eine Abenteurerin, jagte lieber draussen zu Pferd, als in der guten Stube zu sticken und Klavier zu spielen. Bereits als Kind fing sie an, Iris-Sorten zu sammeln.
Ihr Erbe blüht heute noch. 23 Jahre nach ihrem Tod führen Tochter und Enkel zusammen die Traditionsgärtnerei. Und haben sie zu einem Zentrum für Gartenkultur weiterentwickelt. Sie bieten Workshops an wie «Very british – Blütenreiches Gärtnern wie im Königreich», «Ein Hauch von Asien – Beete mit fernöstlichen Pflanzenschätzen» oder «Gärtnern für Faulenzer». Jeweils am zweiten Sonntag im Monat finden die kostenlosen «Beetstunden» statt.
Die Familie hat nicht nur ein Faible für Pflanzen, sondern auch für Literatur und Poesie. Jede Pflanze wird liebevoll beschrieben: «Hartnäckig trotzen die kleinen Zwerge allen Widrigkeiten», heisst es über den Dachwurz, «wie ein Füllhorn voll von verschwenderischer Üppigkeit» über die Pfingstrose.
Helen von Zeppelin hat auch in Basel ihre Spuren hinterlassen. Als ihr 1969 die Pflege der 1400 Iris-Sorten über den Kopf wuchs, schenkte sie ihre Sammlung den Meriangärten in Brüglingen. Und so blühen die Gräflich Zeppelinschen Irisblumen seither auch in Basel. Mitte Mai ist es wieder so weit. Doch eine Fahrt nach Sulzburg-Laufen lohnt sich trotzdem.
Staudengärtnerei Gräfin von Zeppelin, Weinstrasse 2, D-79295 Sulzburg-Laufen
Merian Gärten, Vorder Brüglingen 5, 4052 Basel