Im Hafen schwimmt ein Büro

Das Chefbüro auf der Brücke, die Büezer im Maschinenraum – ganz so ist es nicht auf der «Pamina». Das Schiff im Basler Hafen bietet Arbeitsplätze wie anderswo ein Geschäftshaus.

Seit 70 Jahren liegt die Pamina hier vor Anker (das Kanonenboot gehört der Grenzwache) … (Bild: Nils Fisch)

Etwas für Möchtegernkapitäne: Wer Wasser mag und sich von Tankschiffen, Silos und Lastkranen inspirieren lassen will, sollte sich dieses Büroboot im Basler Hafen ansehen.

Sich wie ein Matrose fühlen und trotzdem jeden Tag ins ordentliche Büro gehen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen – das ist möglich. Wenn das Büro auf einem Boot liegt.

Das Gute daran, man muss nicht einmal besonders seetüchtig sein. Das Büroboot schaukelt selten. «Und wenn, dann nur leicht», sagt Roger Mehlin. Mehlin ist der Kapitän des Büroschiffes, einem ehemaligen Hausboot, das seit 70 Jahren im Basler Hafenbecken 1 liegt. Die «Pamina Tankschifffahrt GmbH», deren Geschäftsführer Mehlin ist, hat das Boot vor vier Jahren in einem einigermassen desolaten Zustand übernommen. «Wir mussten schon ziemlich in das Boot investieren, damit wir es als Büro nutzen konnten.»

Mehlin arbeitet als Befrachter. Von dem Boot aus organisiert er eine Flotte von Frachtschiffen und lässt etwa eine Ladung Heizöl von Rotterdam nach Basel transportieren. Anfangs arbeiteten hier acht Personen, inzwischen nur noch Mehlin und seine Tochter. «Für zwei Personen ist das Boot einfach zu gross», sagt Mehlin. Nun will er es verkaufen, schweren Herzens. Seit einer Woche ist das entsprechende Inserat online.

Damals als die Vögel auf dem Dach festfroren

Bei einem Rundgang wird klar, weshalb Mehlin das Büroboot nur widerwillig verlässt. Zwar unterscheidet sich die Einrichtung nicht vom gängigen KMU-Büro, aber die Sicht ist einzigartig: Vorbeituckernde Transportschiffe, vorbeiflatternde Möwen und Industrieromantik.

Kommen die Möwen jedoch zu nah, kann das unangenehme Konsequenzen haben, wie Mehlin erzählt. So werde die ohnehin mühsame Reinigung des Boots noch aufwändiger. Besonders fatal war die Möwenepisode im Winter. Damals als die Vögel auf dem Dach festfroren. «Das Dach wurde warm, weil wir innen geheizt haben. Dann schliefen die Vögel ein und froren fest, als sich die Heizung in der Nacht ausgeschaltet hat.» Seither hat Mehlin feine Kunststoffschnüre gespannt, damit sich die Möwen nicht mehr auf seinem Boot niederlassen.

Auch ein Büro braucht Matrosen

Der Unterhalt eines Schiffes sei nicht zu unterschätzen, warnt Mehlin die Interessenten. So müsse beispielsweise der Aussenanstrich regelmässig erneuert werden. Und alle fünf Jahre kommt die Schifffahrtsbehörde und misst mit Ultraschall die Materialstärke des Stahlbodens. In Mehlins Auftrag kümmert sich die Besatzung eines benachbarten Schleppers um den Unterhalt des Bootes. «Ich empfehle jedem Käufer, ebenfalls einen Matrosen mit dem Schiffsunterhalt zu betrauen.»

Wer auch immer sich das Büroschiff anschaffen will (Kostenpunkt um die 250’000 Franken), kommt idealerweise aus Basel und will es dort lassen, wo es jetzt liegt. Grosse Sprünge macht das Boot nicht mehr, über einen eigenen Motor verfügt es nicht. Und weite Transporte würden dem siebzigjährigen Schiff nicht bekommen. Übrigens: Wohnen darf man auf dem Boot von Gesetzes wegen nicht. Es liegt ausserhalb der Wohnzone.

Artikelgeschichte

  • 18. Juni 2014: Auf Wunsch von Roger Mehlin wurden die Besitzverhältnisse des Bürobootes richtiggestellt. Dieses gehört nicht Mehlin, sondern dem Unternehmen dessen Geschäftsführer er ist. Ausserdem wurde in einer ersten Version dieses Artikels geschrieben, dass das Büroboot «Pamina» heisst. Das war nicht korrekt.

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