«Im Kirchenvolk brodelt es»

In der Katholischen Kirche ist Gleichstellung noch immer strukturell unmöglich. Eine Initiative, die das Priesteramt für Frauen und die Abschaffung des Pflichtzölibats fodert, ist jetzt zustandegekommen.

Anita Lachenmeier (Bild: Keystone)

In der Katholischen Kirche ist Gleichstellung noch immer strukturell unmöglich. Eine Initiative, die das Priesteramt für Frauen und die Abschaffung des Pflichtzölibats fodert, ist jetzt zustandegekommen.

Das Priesteramt auch für Frauen und die Abschaffung des Pflichtzölibats. Dies fordert ein Initiativ-Komitee um alt Nationalrätin Anita Lachenmeier. Jetzt übergeben die Initianten das Begehren den katholischen Kirchenbehörde.

Anita Lachenmeier: Die Echos sind überwiegend positiv. Das unterstreichen die 1005 Unterschriften für Basel-Stadt und 1921 für Baselland, die wir am Donnerstag, 12. Januar 2012, in der Offenen Kirche Elisabethen den Kirchenbehörden übergeben konnten. Persönlich habe ich viele ermutigende Briefe erhalten, aber auch solche, die derart unter der Gürtellinie sind, wie ich es als Politikerin noch nicht erlebt habe.

Was genau wollen Sie mit der Initiative erreichen?

In Staat und Gesellschaft ist die Gleichstellung auf allen Ebenen eingeführt. Frauen machen im Militär Karriere, Männer werden Hebamme. Nur in der katholischen Kirche können Frauen und verheiratete Männer nicht Priester werden. Ihnen wird der Zugang zu Leitungsämtern verwehrt. Das ist gesellschaftlich weder zeitgemäss noch biblisch zu rechtfertigen. Für die Kirche ist es ein Riesenverlust, dass  grosse Teile der Bevölkerung wichtige Aufgaben in der Kirche nicht wahrnehmen können.

Aber Staatskirchenrechtliche Strukturen wie die Synoden haben gegenüber dem Kirchenrecht keine Chance, sich durchzusetzen. Ist die Initiative der richtige Weg?

Es ist ein Weg unter vielen. Es hat schon viele Aufbrüche im Sinne der Initiative gegeben. Doch in letzter Zeit scheint sich Resignation breit zu machen. Die Volksinitiative ist eine weitere Möglichkeit, die bisher noch nicht ausgeschöpft wurde. Uns ist bewusst, dass wir nur einen Artikel der kantonalen Landeskirchenverfassung ändern können, nicht aber das Grundproblem lösen, das im Kirchenrecht begründet liegt. Wie wichtig aber solche Schritte sind, zeigt zum Beispiel der baselstädtische Verfassungsartikel, der die Atomenergie ächtet. Vor Fukushima wurde dieser Artikel auch nur als Papiertigerli belächelt. Heute ist die Mehrheit für den Atomausstieg.

Was antworten Sie dem Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz Bischof  Norbert Brunner, der die Kirchenbehörden mit dem Hinweis aufs Kirchenrecht für nicht zuständig erklärt hat?

Ich denke, er wäre gut beraten, wenn er unsere Initiative ernst nimmt und spürt, wie stark es im Kirchenvolk brodelt. Viele Gläubige stehen nicht mehr dahinter, was in der Kirche läuft. Die vielen Kirchenaustritte können der Bischofskonferenz nicht egal sein.

Bischof Huonder und sein Generalvikar Martin Grichting wollen die Trennung von Kirche und Staat. Ist die Volksinitiative Wasser auf die Mühlen jener, die die staatskirchenrechtlichen Strukturen abschaffen wollen?

Die Gefahr halte ich für gering, weil die Schweiz eine starke demokratische Tradition hat, die wir uns von der Kirche nicht nehmen lassen. Die Möglichkeit der Mitsprache ist für das Kirchenvolk extrem wichtig. Wenn Huonder und Grichting diese abschaffen wollen, würde sich die katholische Kirche in ihr Schneckenhaus zurückziehen und ihren Untergang einläuten.

Die Initiative ist nun zustande gekommen. Was sind die nächsten Schritte?

Jetzt werden wir die Diskussion über die  Verfassungsänderung intensivieren, denn die Landeskirchenräte und Synoden  müssen sich nun für das Frauenpriestertum und für verheiratete Priester und Priesterinnen in der katholische Kirche einsetzen.

Woher nehmen Sie die Kraft, gegen das Jahrhunderte alte Bollwerk der römischen Hierarchie vorzugehen?

Als ich 20 Jahre alt war, ist eine echte Aufbruchstimmung in der Kirche präsent gewesen. Ich hatte das Gefühl, jetzt bewegt sich etwas. Diese Hoffnung habe ich nie ganz aufgegeben, weil es immer Menschen gibt, die am gleichen Strick ziehen. Und wenn nicht jetzt, wann dann…?

Die Gleichstellungs-Initiative

Die Behörden der römisch-katholischen Kantonalkirchen in Basel-Stadt und Baselland sollen darauf hinwirken, dass die Kirche die gelichberechtigte Zulassung von Männern und Frauen zum Priesteramt ermöglicht. Dies fordern zwei gleich lautende Volksinitiativen. Im Initiativekomitee engagieren sich prominente Persönlichkeiten wie die Grüne alt Nationalrätin Anita Lachenmeier, die feministische Theologinnen Professor Helen Schüngel-Straumann und Monika Hungerbühler, CVP-Grossrat und alt-Synodenpräsident Christoph Inglin, die Juristin Professor Denise Buser sowie der Jurist Professor Felix Hafner.  

Quellen

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