Nicht nur, wie wir einkaufen, ist entscheidend, auch das Wo spielt eine grosse Rolle.
Einkaufen zu gehen bedeutet ja eigentlich, dass man Geld gegen etwas tauscht, das man braucht, und das mehr oder weniger dringend: Essen, weil man Hunger hat, oder eine Winterjacke, weil der Sommer vorbei ist. Wer möchte oder sonst nichts zu tun hat, kann auch Shoppen anstatt einzukaufen, dann ist der Vorgang Geld gegen Sachen keine reine Grundbedürfnisbefriedigung mehr, sondern ein Hobby.
Stunden-, tage-, wochenlang durchkämmt man diverse Läden, on- oder offline, um das Ersehnte zu erlegen, das man oft erst erkennt, wenn man es sieht; diese Suche nach dem Ungewissen gehört dazu. Es gibt verschiedene Arten des Shoppens: Frustshoppen, zum Beispiel, eine Ersatzbefriedigung. Belohnungsshoppen, eine schöne, wenn auch etwas egozentrische Sache. Neues-Image-braucht-neue-Kleider-Shoppen: kann gut oder verheerend enden.
Aber auch die Wahl des Ladens ist entscheidend: ein Fairtrade-Geschäft verkauft immer ein gutes Gefühl, selbst wenn einem die Sachen nicht gefallen. Besonders hervorzuheben ist der Museumsshop. Er wird nicht betreten, um einzukaufen, sondern weil er da ist, denn Schöngeister erwerben nichts Materielles, sondern nur Künstlerisches. Deshalb ist der Shop meist so geschickt platziert, dass man sich einreden kann, man hätte gar nicht gemerkt, dass man die ausgestellten Sachen kaufen kann – na, so was, da ist ja ein Preisschild!
Die Museumsbesucher, die Poren aller Sinne nach so viel Gesehenem weit offen, sind dem plötzlichen Konsum hilflos ausgeliefert, wie Kinder an den Süssigkeitsständen der Kasse greifen sie zu – die Glücklichen kommen mit einer Postkarte davon, andere ergattern mehrfarbige Stifte oder Geduldspiele. Das macht aber auch nichts: Das Tolle an Museumsshops ist, dass sie völlig sinnfreie Dinge verkaufen – denn schliesslich geht es hier um Kunst.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.09.12