Ironie am Baum

Mit trendigem Baumschmuck kann man zeigen, wie abgeklärt und individuell man doch ist.

Heutzutage ist es schon schwierig, sich auszukennen: Einerseits sehnen sich viele nach Tradition und der wohligen Wärme, die sie in kalten Zeiten zu schenken vermag; Kerzen, Kugeln und Christbäume etwa sind schön anzuschauen. Andererseits nehmen viele gerne eine gewisse ­Distanz zu solchen Sachen ein, denn man ist ja viel zu abgeklärt für solch kitschiges Gerümpel.

Nostalgische Elemente wie Krippen, Kugeln und gebratene Gänse sind eher etwas für schlichte Gemüter. Um sich von Letzteren deutlich abzugrenzen, kann man entweder zum vollen Weihnachtsverweigerer werden, der sich am Heiligabend ein Käsebrot schmiert und ein Büchsenbier öffnet – um dann aber wahrscheinlich mit traurigen Augen die Lichter und Bäume anderer durch die Fenster zu betrachten. Oder man macht alles mit, nimmt aber eine ­total ironische Haltung ein, die deutlich macht, dass man überhaupt mit Weihnachten nichts am Hut hat.

Der Wirtschaft sind letztere Verweigerer lieber, die müssen nämlich Geld ausgeben, um ihre Verachtung und gleichzeitig ihre Individualität zum Ausdruck zu bringen: Alles, was entfernt in der Natur an einem Baum hängen könnte, wie Äpfel oder Vögel, kommt auf den Estrich, stattdessen wird die Tanne zum Facebookprofil: Fastfood, Ballerinaschuhe oder Scooter zieren die Zweige. Solche Kugeln sind natürlich viel teurer, denn sie sind speziell (ebenso wie ihre Besitzer, wie sich versteht), das freut den Detailhandel.

Angenehmer Nebeneffekt: der Hotdog reflektiert das Kerzenlicht gleich wie normale Kugeln. Wenn dann die Lichter brennen und die Kinderlein kommen, ist alles gar nicht mehr so tragisch individuell, sondern einfach nostalgisch-schön.