Mit dem «Nunnefirzli» frischte der grosse Jazzer George Gruntz die traditionelle Fasnachtsmusik mit jazzigen Harmonien auf.
Der Marsch gehört mittlerweile zum Standard-Repertoire der Basler Fasnachtscliquen, die sich musikalisch etwas zutrauen. Besonders eingängig klingt er, wenn er von Trommlern und Pfeifern intoniert wird, denen auch wirklich etwas zuzutrauen ist. Dann klingt das «Nunnefirzli» definitiv nicht nach leichten Darmausstoss-Geräuschen, wie es der etwas seltsame Titel suggeriert.
Bei seiner Uraufführung trug der Fasnachtsmarsch noch den Titel «Change of Air». Das war am 22. Juni 1967 im alten Basler Stadttheater. Ein Marsch war das «Nunnefirzli» damals noch nicht wirklich.
Es war ein Stück, das der grosse Schweizer Jazz-Weltmusiker George Gruntz (1932 – 2013) für sein legendäres Konzert «From Sticksland with Love – Drums and Folklore» geschrieben hat. Für eine Jazz Rhythm Section mit ihm selbst am Flügel, dem Schweizer Ausnahme-Drummer Daniel Humair am Schlagzeug und dem amerikanischen Musiker Jimmy Woode am Bass sowie eine Pfeifer-Gruppe als mehrstimmiges Soloinstrument.
Ein wohlklingend swingender Ohrwurm
«Change of Air» ist der wohlklingende Ohrwurm auf dem Live-Album, auf dem sich die Schweizer und internationalen Jazz-Stars im prickelnden Fusions-Wettstreit mit den Basler Trommlern und Pfeifern unter der Leitung von Paul Sacher und Georges Mathys auch mal frei austoben. «Das marschiert à la Basel und swingt à la Jazz», wie der renommierte deutsche Jazzkritiker Joachim-Ernst Berendt zur Platte schrieb.
Berendts Vergleich passt gut zum Resultat, das wenig später entstand, als Gruntz mit Werner Spichty, der den Trommeltext schuf, «Change of Air» zum «Nunnefirzli», also zum Fasnachtsmarsch ausbaute.
Gruntz hatte nicht die Absicht, die Basler Fasnachtsmusik zu revolutionieren, wie er auch im Jazz ein Erneuerer war, der ohne Brecheisen zu Werk ging. Er schrieb einen Marsch, der das hergebrachte Basler Marschthema nicht über den Haufen wirft, wie dies andere Komponisten – oft ohne nachhaltigen Erfolg – immer wieder versuchen.
Es ist ein Marsch, der strassen- und gassentauglich ist, aber «durch gewitzte Melodiefloskeln und mit seiner kühnen jazzoiden Quartenharmonik heraussticht», wie der Musiker und Pfeifer Bernhard «Beery» Batschelet im Jubiläumsbuch des Fasnachts-Comité «Basler Fasnacht – vorwärts, marsch!» schrieb. Also letztlich doch eine kleine fasnachtsmusikalische Revolution.
Jazz-Harmonien
Es sind diese speziellen Jazz-Harmonien, die bis heute das Besondere am «Nunnefirzli» ausmachen und das Militärische oder Folkloristische, das vielen traditionellen Märschen (aber zum Glück meist nur ganz dezent) noch anhaftet, endgültig hinter sich lassen. Das kommt, wie eingangs erwähnt, besonders dann zum Tragen, wenn das «Nunnefirzli» nicht nur von Pfeifern und Trommlern gespielt wird, die sich selber etwas zutrauen, sondern denen man etwas zutrauen darf.
Mit anderen Worten: Es ist kein einfach zu spielendes Stück Fasnachtsmusik. Vielleicht ist das der Grund, warum das «Nunnefirzli» – Batschelet spricht von einem «Jahrhundertwurf» – lange Zeit während der Fasnacht nur selten zu hören war. Heute indes ist es ein oft gespielter Marsch.