Joggeli-Eigentümer und FC Basel im Clinch

Der Vermarktungsvertrag zwischen dem FC Basel und der Stadiongenossenschaft ist blockiert. Und der ehemalige Stadion-Chef redet von Verlustgeschäften beim Stadionbetreiber.

Es ist derzeit vieles etwas wirr im St.-Jakob-Park. Der im April vorgestellte Vermarktungsvertrag zwischen FC Basel und Stadioneigentümern ist nicht unterschrieben. Trotzdem hat der FCB die gesamte Vermarktung bereits übernommen. (Bild: TaWo)

Der Vermarktungsvertrag zwischen dem FC Basel und der Stadiongenossenschaft ist blockiert. Und der ehemalige Stadion-Chef redet von Verlustgeschäften beim Stadionbetreiber.

Es knirscht im Gebälk des Joggeli. Im April noch waren ­grosse Neuigkeiten verkündet worden: Der FC Basel werde ab dem 1. Juli die gesamte Vermarktung übernehmen und dafür die Genossenschaft St.-Jakob-Park als Eigentümerin des Stadions mit 3,8 bis 4 Millionen Franken pro Jahr entlöhnen. Die Stadionbetreiberin Basel United, die bislang auch die Vermarktung unter sich hatte, kümmere sich noch um den Stadionbetrieb.

Es klang, als ob der Deal längst in trockenen Tüchern wäre. Doch seither ist es zum grossen Knall gekommen. ­Thomas Meyer, erst seit 2012 Präsident der Genossenschaft und Verwaltungsratspräsident von Basel United, zog sich im Juli zurück, nachdem der restliche Verwaltungsrat von Basel United im Zusammenhang mit der Neuorganisation ein Schreiben versandt hatte, das Meyer desavouierte: «Es standen sehr viele Unwahrheiten darin. Ich verlangte, dass der Brief unverzüglich zurückgenommen wird, was nicht geschah.»

Meyer trat in der Folge nicht zurück, dieses Detail ist ihm wichtig: «Ich habe meine Ämter zur Verfügung gestellt – und man hat sich daran bedient.» Daniel Egloff, Direktor von Tourismus Basel, und vorher bereits Verwaltungsrat bei Basel United, übernahm das Verwaltungsratspräsidium ad interim. CVP-Nationalrat Markus Lehmann ist neu Präsident der Genossenschaft.

Beim FCB schrillten die Alarmglocken

Meyer war bei der Ausarbeitung des im April vorgestellten Konstrukts federführend. Mit Egloff und Lehmann im Amt stocken die Verhandlungen, und die Verträge zwischen FCB, Genossenschaft und Basel United sind noch nicht unterschrieben.

Dieses Vorgehen liess beim FCB die Alarmglocken schrillen. Er hat für die Vermarktung des Stadions eine Marketingabteilung aufgebaut und bereits Verträge mit Sponsoren abgeschlossen. Plötzlich aber sah der FCB sein Projekt gefährdet. FCB-Präsident Bernhard Heusler sagt: «Uns alle, inklusive unserer Werbepartner, irritiert das Infragestellen der Verträge.»

Basel United drohen rote Zahlen

Der Grund der Verzögerung: Die Genossenschaft und Basel United möchten vom FCB mehr Geld sehen. Was, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet und mehrere Quellen bestätigen, mit Löchern bei der Stadionbetreiberin Basel United zu tun hat. Diese hielt bislang als hunderprozentige Tochter der Stadiongenossenschaft die Vermarktungsrechte des Stadions. Gehen diese an den FCB, drohen Basel United rote Zahlen. Interne Berechnungen gehen von Verlusten von über einer Million Franken aus.

Und das, obwohl der FCB gemäss dem im April vorgestellten Modell drei Millionen Franken an Basel United für den Betrieb des Stadions rund um die Spiele bezahlen würde – neben den 3,8 bis 4 Millionen, die für die Vermarktung an die Genossenschaft gehen.

Ein Problem von Basel United dürfte sein, dass sich die Firma auch in der Vermarktung anderer Standorte versuchte: Schänzli, St.-Jakob-Arena, dazu das Oldtimer-­Zentrum Pantheon. All das soll kein gutes Geschäft gewesen sein, aber die Verwaltung vergrössert haben.

Laut Meyer nahm Basel United in den letzten Jahren nur an einer Stelle Geld ein: im St.-Jakob-Park mit dem Hauptmieter FCB. Als Meyer 2012 seine Ämter bei Genossenschaft und Basel United antrat, liess er eine Vollkostenrechnung machen und stellte fest: «Alle Vermarktungsaktivitäten neben dem St.-Jakob-Park waren defizitär. Es handelte sich dabei um einen hohen sechsstelligen Betrag.»

Verlorene Stadionpartner

Im Kontrast dazu steht die Aussage des heutigen Genossenschaftspräsidenten Markus Lehmann. Er meint: «Basel United war zwölf Jahre lang ein Erfolgsmodell. Dieses Modell wird jetzt von aussen infrage gestellt und einseitig kritisiert.»

Es gibt allerdings klare Anzeichen dafür, dass das Geschäften für Basel United spätestens nach der Euro 2008 schwieriger geworden ist. Ursprünglich war geplant, acht Stadionpartner zu finden, die für eine Fixsumme im Stadion Werbepräsenz und exklusive Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte erhalten sollten. Basel United fand maximal sieben Partner. Davon waren zuletzt noch drei übrig.

Das Problem, vor dem Basel United stand: Sponsoren wollen nicht Partner des Joggeli werden, sondern mit dem FCB werben, der emotionalere Kundenbindung verspricht. Ein Stadion gibt keine Autogrammstunden. Aus diesem Grund gab es schon vor Meyer Mitarbeiter von Basel United, die in der Vermarktung eine Zusammenarbeit mit dem FCB anregten.

Musfeld wollte keine Neuordnung

Doch sie stiessen bei Stephan Musfeld auf wenig Gegenliebe. Er, der mit seiner Beharrlichkeit den Bau des St.-Jakob-Parks massgeblich vorangetrieben hatte, wollte das bestehende Konstrukt nicht verändern. Und was Musfeld sagte, wurde in der Genossenschaft nicht hinterfragt. Erst als er 2012 zurücktrat, kam Bewegung in die Sache. Doch es gibt nicht wenige Stimmen, die meinen, er habe weiter Einfluss in der Genossenschaft.

Musfeld selbst erklärt seine damaligen Überlegungen aus den Ferien im Tessin: «Die Genossenschaft baute das Stadion und brauchte eine Betreiber- und Vermarktungsfirma. In Absprache mit dem FCB wurde die Basel United gegründet, die für den Betrieb von Rasen bis zur Lüftungsanlage zuständig war, aber auch für die Vermarktung vom Stadionpartner bis zum Konzert und Länderspiel. Der FCB hatte damals gar keine Vermarktungsabteilung.» Zur geplanten Neuordnung will er sich nicht äussern. Ausser, dass sich eigentlich niemand gegen die neue Konstruktion wehre, es gehe wohl um finanzielle Fragen.

Musfelds Pantheon verursachte bei Basel United Verluste

Als die Sprache aufs Pantheon Basel kommt, beantwortet Musfeld die Fragen schriftlich. Musfeld ist Initiator sowie Mitinhaber des Oldtimer-Forums. Während Musfeld bei Basel United im Verwaltungsrat sass, übernahm eben dieses Basel United auch die Vermarktung des Oldtimer-Silos. Und das, sagt Musfelds Nachfolger Meyer, nicht zum Vorteil von Basel United: «Beim Pantheon ging ein sechsstelliger Betrag verloren.»

Dem widerspricht Musfeld: «Das stimmt nicht. Das Mandat hat im Schnitt leider ein Minus im niedrigen fünfstelligen Bereich ergeben.» Als heikel empfand er das Engagement von Basel United beim Pantheon nie: «Es passte in die Strategie von Basel United und lag räumlich richtig. Ich habe mir während der 25 Jahre Gratisarbeit für die Genossenschaft, Basel United und notabene für den FCB nie Gedanken über meine persönliche Situation gemacht, sondern nur das Ziel vor Augen gehabt.»

Sicher ist: Unter Meyer wurde der Pantheon-Vertrag gekündigt, seit dem 31. März 2013 liegt die Vermarktung bei Brüderli-Gastronomie. «Und das mit Erfolg», fügt Musfeld an.

Der EHC Basel könnte die Arena übernehmen

So bleibt Basel United noch die St.-Jakob-Arena, die daran krankt, dass der EHC Basel im Schnitt nur knapp 1300 Leute anlockt. «Schwer defizitär» sei die Eishalle, sagt Meyer. Die «Schweiz am Sonntag» schätzt, sie schreibe im Jahr ein Minus von 200 000 Franken. Doch das dürfte bloss der Betrieb sein. Zusammen mit den Lohnkosten der für die Arena angestellten Personen könnte sich der Betrag verdoppeln.

Mehr zur Arena: Die BaZ hat sich mit der vertraglichen Situation rund um die St.Jakob-Arena befasst. Der Bericht von William Kong: «Einige Risse im Eis».

Basel United wird so kaum darum herumkommen, die Vermarktung der Arena abzugeben. Erste Gespräche sind geführt. Interessiert ist neben den Betreibern der St. Jakobshalle auch der EHC Basel mit seinem Präsidenten Matthias Preiswerk.

Vorerst aber versucht die Genossenschaft, mehr Geld vom FCB zu erhalten, um Basel United vor Verlusten zu bewahren. Der FCB drängt dagegen darauf, dass Basel United Kosten reduziert. «Es kann ja nicht sein, dass dem Fussball Mittel entzogen werden, um Lücken aus der Vergangenheit zu decken», sagt FCB-Präsident Heusler.

Lehmann will alles noch einmal durchrechnen

Doch Genossenschaftspräsident Lehmann will die Vertragsdetails noch einmal neu berechnen: «Die 3,8 bis 4 Millionen, die der FCB der Genossenschaft bezahlen will, sind ein Ansatz. Aber ich will verifizieren, ob die Zahlen, die die Grundlage dieser Summe bilden, richtig interpretiert wurden. Es ist die Verantwortung des Genossenschaftsvorstandes, allenfalls eine Korrektur vorzunehmen.»

Die Neuorganisation an und für sich aber wird nicht mehr aufzuhalten sein. Alle Werbe- und Cateringverträge sind an den FCB überschrieben, der Betrieb läuft seit dem 1. Juli genau so, wie es im April präsentiert worden ist. Bislang auch ohne schriftlichen Vertrag mit der Genossenschaft.

Der Vorstand der Stadiongenossenschaft

Der Vorstand der Genossenschaft St.-Jakob-Park ist ein Männergremium, dessen Mitglieder weit über das Stadion hinaus ­Einfluss ausüben:

Unterschriftsberechtigt sind Markus Lehmann ­(Präsident der Genossenschaft, Nationalrat BS/CVP) und Andi Trüssel (Kassier der Genossenschaft, Verwaltungsrat Basel United, Landrat BL/SVP).

Mitglieder sind Daniel Egloff (­Direktor Tourismus Basel, ­Verwaltungsratspräsident Basel United), Jörg Schild (alt Regierungsrat BS/FDP, Präsident Swiss Olympic), Ueli Vischer (alt Regierungsrat BS/LDP, Präsident ­Uni-Rat Basel, Verwaltungsratspräsident Messe Schweiz), Urs Wüthrich (Regierungsrat BL/SP), Bernhard Heusler (Präsident FC Basel), Peter Howald (Leiter Sportamt BS), Mathieu Jaus (Treuhänder, Ex-Finanzchef FCB), Marcel Thommen (Verwaltungsrat Basel United, Finanzchef FC Concordia).

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 16.08.13

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