Kampf gegen längere Einkaufszeiten

Mit fast 70’000 beglaubigten Unterschriften ist das Referendum gegen unbeschränkten 24-Stundenbetrieb in Tankstellenshops heute eingereicht worden. Die Gegner der Ausdehnung wollen damit «ein klares Zeichen setzen».

Ein Kind allein zuhause – weil das Mami im Tankstellenshop arbeitet. (Bild: zVg)

Mit fast 70’000 beglaubigten Unterschriften ist das Referendum gegen unbeschränkten 24-Stundenbetrieb in Tankstellenshops heute eingereicht worden. Die Gegner der Ausdehnung wollen damit «ein klares Zeichen setzen».

«In der Rekordzeit von nur drei Monaten haben wir fast 87’000 Unterschriften gegen den 24-Stunden-Arbeitstag gesammelt», freute sich Unia-Präsidentin Vania Alleva vor dem Bundeshaus. «Wir wollen damit jetzt auch national ein klares Signal setzen gegen die bürgerlichen Bestrebungen, das Arbeitsrecht immer mehr auszuhöhlen.» Und sie sei zuversichtlich, dass die Schweizer Bevölkerung da mitziehen werde. In Kantonen und Städten hätten die Menschen nämlich «in 90 Prozent der Fälle» klar Nein gesagt zur Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten – zuletzt mit über 60 Prozent deutlich in Basel.

Fromme, Linke und Grüne vereint

Diese Erfolge kann eine breite «Sonntags-Allianz» verbuchen, welche sich in zahlreichen Nachbarländern und nun auch in der Schweiz formiert hat. Sie reicht von linken Parteien über die Gewerkschaften bis hin zu christlich-frommen und grünen Politikern. Aber auch die Bischofskonferenz oder der evangelische Kirchenbund sind mit dabei und die «Theologische Bewegung für Solidarität und Befreiung».

Nach der Gewerkschafterin Alleva betonte darum etwa der fromme EVP-Präsident Heiner Studer bei der Einreichung des Referendums: «Die Bibel sagt ganz klar, an sechs Tagen sollst Du arbeiten und am siebenten ruhn!» Das gelte es zu verteidigen. Und der Vizepräsident der Grünen, Jo Lang, argumentierte eher philosophisch: «Alles hat seine Zeit – Arbeits- und Freizeit, Werktag und Freitag, Arbeitsstunden und Feierabend.» Mit der Ausdehnung der Einkaufszeiten bis hin zum Verkauf rund um die Uhr verfolge vorab der Freisinn eine Politik der kommerzialisierten «Pseudofreiheit, die noch mehr Stress bringt». Da walte «die dumpfe Einfalt des time is money».

«Parlament gegen das Volk»

Nach dem Kampf um die Verkaufszeiten in Tankstellenshops folgten nämlich gleich weitere ähnliche bürgerliche Angriffe an dieser Front. So verlange etwa die Motion des Tessiner CVP-Ständerates Philippo Lombardi für die ganze Schweiz Ladenöffnungszeiten von morgens 6 bis abends 20 Uhr – und auch am Samstag bis abends um sieben. Mit seiner Zustimmung zu diesem Ansinnen habe «das Parlament gegen das Volk entschieden», meinte der SP-Nationalrat Jacques-André Maire.

Noch perfider sei indes die Motion des freisinnigen Tessiner Ständerats Fabio Abate: «Der Bundesrat soll Artikel 25 der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (ArGV2) so anpassen, dass er den Erfordernissen des modernen Fremdenverkehrs entspricht», fordert Abate. Die Verordnung 2 definiert «mögliche Abweichungen von den gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeitvorschriften», wo dies unumgänglich ist. So etwa in Spitälern, Heimen oder Gastbetrieben und im öffentlichen Verkehr oder bei Berufsmusikern. Abate will die Einschränkung des Sonntagsverkaufs «auf Fremdenverkehrsgebiete während der Saison» aufheben und den Sonntagsverkauf faktisch generell erlauben.

Verordnung umgeht Volksabstimmung

Im Unterschied zu Lombardi, dessen Vorstoss referendumsfähig wäre, sei Abate darum «sehr perfid und antidemokratisch», betont die Sonntagsallianz, weil über eine Verordnung gar nie abgestimmt werden könne. Darum werde man notfalls rechtlich dagegen vorgehen. Vorerst aber gelte es nun das Tankstellen-Referendum zu gewinnen, betont Vania Alleva. Denn da drohe «ein Dammbruch». Sei der verhindert, wären Lombardi und Abate wohl ebenfalls erledigt.

Nächster Artikel