Kampf um die Weltmeere: Wer schützt die Netzneutralität?

Um den rasant steigenden Bedarf an Breitband zu decken, investieren Tech-Konzerne wie Facebook und Google in Unterwasserkabel. Das Engagement ist nicht unumstritten. Aktivisten sorgen sich um die Netzneutralität.

So verlaufen die Kabel, durch die alle Welt surfen kann.

(Bild: telegeography.com)

Um den rasant steigenden Bedarf an Breitband zu decken, investieren Tech-Konzerne wie Facebook und Google in Unterwasserkabel. Das Engagement ist nicht unumstritten. Netzaktivisten sorgen sich um die Netzneutralität.

Die Internet-Infrastruktur sieht aus wie ein dicht befahrenes U-Bahn-Netz. Hunderttausende Kilometer Seekabel verlaufen durch die Ozeane, durch die der Traffic für Netflix-Abonnenten oder smarte Kühlschränke geleitet wird. Es sind die Arterien der Digitalwirtschaft. 

Das Unternehmen TeleGeography hat diese Unterwasser-Verbindungen auf einer interaktiven Karte visualisiert. Besonders zwischen Europa und den USA verlaufen jede Menge Datenautobahnen. Und in diesem Markt mischen immer mehr die Tech-Konzerne mit. 

Im Oktober wurde bekannt, dass die Webrivalen Facebook und Google in Kooperation mit dem Schweizer Unternehmen TE Connectivity ein neues Seekabel durch den Pazifik verlegen werden. Das Pacific Light Cable Network (PLCN) soll Los Angeles und Hongkong auf einer Strecke von 12’800 Kilometern verbinden und eine Übertragungsgeschwindigkeit von 120 Terabit pro Sekunde haben.

Damit hätte man genügend Kapazitäten, um 80 Millionen HD-Videokonferenzen von Hongkong nach Los Angeles simultan durchzuführen. Spezielle fiberoptische Leiter sorgen dafür, dass die Daten mit Hochgeschwindigkeit durch den Pazifik rasen. 2018 soll das 400 Millionen Euro teure Projekt an Netz gehen.

Kabelbedarf verbindet Konkurrenten

Es ist nicht das erste Investment von Google in Seekabel. Der Internetkonzern ist noch an fünf weiteren Unterseekabeln beteiligt. Bereits im Juni war das Unterseekabel Faster angeschaltet worden, das Googles Rechenzentrum im US-Bundesstaat Oregon mit Japan verbindet. Die 9000 Kilometer lange Verbindung hat eine Kapazität von 60 Terabits pro Sekunde und ermöglicht japanischen Internetnutzern eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung.

Die Tech-Konzerne bauen interkontinentale Datenverbindungen sukzessive aus, um ihre Dienste zuverlässiger anbieten zu können. Im Mai gaben Facebook und Microsoft den gemeinsamen Bau einer Datenleitung zwischen den USA und Spanien bekannt. Das Seekabel Marea soll vom US-Bundesstaat Virginia aus 6000 Kilometer nach Bilbao führen. Die Route ist insofern ungewöhnlich, als die meisten Transatlantikkabel in Nordeuropa anlanden.



Wie die Kabel auf den Grund des Meeres kommt? Mit etwas Hilfe von diesen Robotern.

Wie die Kabel auf den Grund des Meeres kommt? Mit etwas Hilfe von diesen Robotern.

Dass sich Konkurrenten wie Facebook und Microsoft beim Bau von Datenautobahnen zusammentun, liegt vor allem am rasant steigenden Bedarf an Breitband. Cloud-Dienste Suchmaschinenanfragen, aber vor allem Live-Videos, die Facebook neuerdings pusht, benötigen riesige Kapazitäten und vor allem schnelle Leitungen, für die die zumeist um die Jahrtausendwende verlegten Seekabel nicht ausreichen. Daher treiben die Tech-Konzerne den Ausbau der Internet-Infrastruktur voran.

Viel Macht für die Tech-Giganten

«Es gibt nur wenige Tech-Unternehmen, die die Ressourcen haben, Seekabel zu erwerben», sagt Jonathan Hjembo, Analyst bei der Beratungsfirma TeleGeography, im Gespräch. «Diese Unternehmen werden einen grösseren Einfluss darauf haben, wie die Netze konzipiert werden, aber sie werden den Markt nicht monopolisieren.» Investitionen in das Kabelsystem seien sehr teuer, daher würden sich selbst die umsatzstarken Tech-Konzerne lediglich an Konsortien beteiligen, bei denen die Kosten auf mehreren Schultern verteilt sind, so Hjembo.

Allerdings gibt es Unterschiede in den Beteiligungsmodellen. Während das Seekabel Marea von Telxius, einer Tochterfirma des spanischen Telekommunikationskonzerns Telefónica, betrieben wird und Kapazitäten an Facebook und Microsoft verkauft, haben Google und Facebook beim Transpazifikkabel Vorrechte beim Datentransfer erworben: Sie können Daten privilegieren und restliche Kapazitäten vermieten. Beim Unterwasserkabel Faster, das nicht öffentlich ist, kann Google seinen Anteil an den Übertragungskapazitäten kontrollieren.

Das weckt bei Netzaktivisten die Sorge, dass Tech-Konzerne die Kontrolle über die Internet-Infrastruktur erlangen und die Geschwindigkeit drosseln könnten. Die Tech-Giganten wären theoretisch in der Lage, Regionen auf der Welt kurzerhand den Saft abzudrehen. Das verstösst gegen das Prinzip der Netzneutralität, also den Grundsatz, dass alle Daten gleich behandelt werden.

Wer schützt die Netzneutralität?

Allein, die Internetregulierung ist schwach ausgeprägt. Internationale Regime zur Regulierung von Seekabeln gibt es praktisch nicht. Und die Staaten sind mit der Beteiligung an Datenautobahnen sehr zurückhaltend.

Und so stossen private Telekommunikations- und Tech-Konzerne in das Vakuum und verlegen Seekabel, durch die unsere Suchanfragen oder Telefongespräche verpackt in Bytes und Bits in Millisekunden durch die Ozeane rauschen.

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