Wer sein Portemonnaie in der Öffentlichkeit liegen lässt und es kurz darauf wieder findet, muss trotzdem eine neue ID kaufen – auch dann, wenn diese stets unberührt im Portemonnaie steckte. Der Staat verdient viel Geld mit dieser Sicherheitsmassnahme.
Die Erleichterung war riesig. Ja, der Chauffeur habe das Portemonnaie auf dem Sitz im Tram gefunden. Und: Ja, er habe es selbstverständlich dem Fundbüro des Sicherheitsdepartements gebracht. «Zum Glück!», sagte sich der Mann, der das Portemonnaie am Abend davor im Tram liegen gelassen und der BVB den Verlust sofort per Mail mitgeteilt hat.
Am Morgen ging er zum Spiegelhof, um das Portemonnaie abzuholen. «Ist alles noch drin?», fragte der nette Herr dort. Alles war noch drin, sogar die 200 Franken. Bloss etwas verblüffte den Mann: In seiner Identitätskarte (ID) war ein Loch.
Der Ausweis, der noch über ein Jahr gültig gewesen wäre, war nun also unbrauchbar. «Warum?», wollte der Mann wissen. Das sei eine Sicherheitsmassnahme, sagte der Herr. Darauf der Mann: «Aber bis auf den Chauffeur hatte das Portemonnaie niemand in der Hand.» Das sei eben so, sagte der Herr. Glücklich über das Portemonnaie und voller Unverständnis über die ID-Geschichte ging der Mann. In der Hand hielt er die gelochte ID und das Antragsformular für eine neue ID, das ihm der Herr mitgegeben hatte.
Verordnung als Grundlage
Wir fassen zusammen: Eine ID, die nie als gestohlen gemeldet wurde, weil sie nach dem Liegenlassen vom Tramfahrer gefunden wurde, wird von Amtes wegen unbrauchbar gemacht. Der Besitzer muss einen neuen Ausweis beantragen. Und zahlen. 70 Franken für die ID, 145 Franken für einen Pass. Ausserdem ist die Person eine gewisse Zeit «ID-los».
Danièle Bersier vom Bundesamt für Polizei erklärt das Vorgehen mit einer entsprechenden Verordnung. Die «Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige» sehe vor, dass der Verlust eines Ausweises dessen Ungültigkeit zur Folge habe. Grund sei die Sicherheit: «Oft kann man nicht garantieren, dass eine ID in der Zwischenzeit nicht missbräuchlich verwendet wurde.»
Zustupf für die Staatskasse
Zum Fall des Tramfahrers, dessen ID kaum je in «falschen» Händen war, sagt sie: «Es ist nicht möglich, jeden Einzelfall abzuklären.» Deshalb werde das Loch-Prozedere mit allen Identitätskarten und Reisepässen, die dem staatlichen Fundbüro abgegeben werden, durchgeführt.
Allein im Fundbüro Basel-Stadt wurden im vergangenen Jahr insgesamt 620 Identitätskarten und 75 Pässe abgegeben – und gelocht. Die betroffenen Personen mussten neue Ausweise beantragen, was dem Staat – nebst üblichen Ausweis-Erneuerungen – weitere 54’275 Franken in die Kasse spülte. Fest steht also: Die Staatskasse erhält regelmässig Zustüpfe dank unaufmerksamen Bürgern. Und zwar bereits seit 2002. Damals trat die Verordnung des Bundesrates in Kraft.