Als soziale Wesen reagieren Kinder auf körperliche wie auf emotionale Einflüsse. Prägend sind wiederholte Bewegungserfahrungen in einem sicheren Umfeld. Kinder brauchen uns als Vorbilder und Gegenüber.
Das Wichtigste, das wir unseren Kindern geben können, damit sie sich im Leben zurechtfinden, ist alles, was die Bindungs- und Beziehungsfähigkeit fördert. Als soziale Wesen reagieren Kinder auf körperliche wie auf emotionale Einflüsse. Schon der direkte Körperkontakt in den Wochen nach der Geburt («Wochenbett», 6 bis 8 Wochen) vermittelt Sicherheit und Geborgenheit.
Diese frühen Gefühlserfahrungen und die Berührungen werden im Gehirn als emotionale Muster gespeichert und eingebrannt. Freude und ein Gefühl der Geborgenheit im direkten Umfeld sind entscheidend für eine positive seelische und gesundheitliche Entwicklung. Emotionale Vernachlässigung verhindert Lerngelegenheiten und positive Erfahrungen. Das Bedürfnis des Kindes nach einer zuverlässigen emotionalen Bindung ist nicht befriedigt – es gedeiht nicht. Korrekturen gelingen nur mit grossem Aufwand, und entsprechende (Früh-)förderung wiederum hat nur dann Erfolg, wenn das Kind berührt wird, wenn die emotionalen Zentren angesprochen und aktiviert werden.
Kinderzimmer sollen Freiräume sein
Bewegung fördert die Entwicklung der motorischen, geistigen und sprachlichen Fähigkeiten. Schon in der Schwangerschaft setzt die Bewegung des Babys Reize für die Entwicklung des Gehirns und der Muskulatur. Gefühle von Freude bewirken ein Strampeln, Angst und Furcht ein Erstarren des Babys. Prägend für die Kleinkinder ist die wiederholte Bewegungserfahrung in einem sicheren Umfeld. Kinderzimmer müssen früh zu Freiräumen werden, indem wir zum Beispiel ein Klettertau, eine Strickleiter oder Klettergriffe an die Wand montieren – oder mit dem Kind jonglieren üben. So fördern wir spielend die Geschicklichkeit (koordinative Fähigkeiten).
Ein vielseitiges Freizeitverhalten, sportliche und musikalische Betätigung haben eine anregende Wirkung auf die geistige Leistungsfähigkeit. Zu viele Bequemlichkeiten (Auto, Lift, Rolltreppe, Kinderwagen bei über Dreijährigen) führen zu Bewegungsmangel. Grenzen der materiellen Verwöhnung zu ziehen, ist eine für die Entwicklung eines Kindes ebenso wichtige Erfahrung.
Kommunikation ist das A und O
Kommunikation bedeutet Wahrnehmung, Interaktion und Anregung. Sie funktioniert nur in der Beziehung, (visuelle) Berieselung macht stumpf. Im Kontakt zum Kind müssen wir emotional und gedanklich dabei sein. Hantieren wir am Smartphone oder iPad, sind wird nicht verfügbar. So fehlt schon dem Kleinkind die sprachliche Auseinandersetzung und damit die kommunikative Kompetenz. Zum Lernen braucht es persönliche Beziehungen.
Märchen erzählen hilft den Kindern, Ruhe zu finden und sich zu konzentrieren. Im Blick- oder Körperkontakt können wir uns gut rückversichern, ob das Kind noch emotional «dabei ist». Wir geben Fähigkeiten und Fertigkeiten weiter, ebenso Vorstellungen von Regeln, von Haltungen und Orientierungen. Kinder brauchen uns als Vorbilder und als Gegenüber.
Dr. med. C. Lüdin,
Facharzt FMH für Kinder- und Jugendmedizin, Muttenz