Prostitution und Gewalt? Anwohner der Claramatte haben andere Sorgen – eine Buvette soll nun Abhilfe schaffen.
Es scheint der Sündenpfuhl des Kleinbasels zu sein, vielleicht der sündigste Fleck der Stadt, glaubt man den Medien. Regelmässig berichten diese über Messerstechereien, Überfälle, Prostitution und Drogengeschäfte. Demnach müsste jeder vernünftige Mensch einen Bogen um die Claramatte machen. Das sehen auch die Kleinbasler Liberalen unter Anführung von Grossrat André Auderset so – und fordern in einer Petition: «Gebt die Claramatte den Kindern zurück!»
Die Parkanlage zwischen Claragraben und Hammerstrasse werde immer mehr «von Drogensüchtigen und Prostituierten als Aufenthaltsort missbraucht», die Anwohner fühlten sich nicht mehr sicher, gebrauchte Spritzen und Kondome lägen herum.
Im April soll die Petition in der entsprechenden Kommission behandelt werden. Parallel zur Unterschriftensammlung der Liberalen hat sich eine andere Bewegung formiert. Es handelt sich ebenfalls um geplagte Anwohner, der Unterschied ist nur: Diese Gruppe hat andere Sorgen als die Petenten. Ihr Ziel aber ist dasselbe.
Lärmklagen wegen Festivitäten
Der aus Quartierbewohnern bestehende Verein Claramatte stört sich über die zunehmende Zahl von Veranstaltungen, die vor ihrer Haustür und gleichzeitig auf dem einzigen Fleck Grün weit und breit stattfinden. Von «Event-Druck» ist in einem Brief des Vereins an die Allmendverwaltung die Rede, von einem Park, der «kein Festplatz» sei, sondern Quartierplatz für Kinder und Familien – explizit aber «nicht für Kulturveranstalter».
Die Krux ist: Seit der Aufwertung des Parks vor sieben Jahren wollen vermehrt auch Gruppen aus anderen Quartieren Veranstaltungen auf der zentral gelegenen Claramatte durchführen. Oftmals erhalten sie auch eine Bewilligung von der Allmendverwaltung. Die Anwohner stören sich dann über den Lärm, weshalb Lärmklagen in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Ausserdem haben sie Mühe mit der Tatsache, dass «ihr» Platz manchmal tagelang belegt ist.
Kindertankstelle als Buvette
Man sehe nicht ein, weshalb etwa eine quartierübergreifende Veranstaltung wie das Johannisfest ausgerechnet auf der Claramatte stattfinden müsse, hiess es von Anwohnerseite am Diskussionsabend «kleinStadtgespräch» zu diesem Thema vor zwei Wochen. Die Christoph Merian Stiftung habe den Platz für Kinder und Familien aus dem Quartier konzipiert, weshalb Veranstaltungen einen direkten Bezug zu diesen haben sollten, hiess es.
Eine Petition will der Verein Claramatte aber nicht auch noch einreichen, zumal möglicherweise schon eine Lösung aufgegleist ist: eine Buvette. Oder korrekt: «Kindertankstelle Plus» soll es richten. Das bestehende Nachmittagsangebot der Robi-Spiel-Aktionen soll zu einer Art Buvette ausgebaut werden, die auch abends geöffnet ist und wo nebst Kaffee Getränke wie Bier oder Wein ausgeschenkt werden. Stühle und Tische stehen bereits dort, nur die Öffnungszeiten müssten erweitert werden.
Grünes Licht von Verwaltung
Ganz so einfach ist es aber nicht: Die vom Erziehungsdepartement subventionierte Kindertankstelle ist in erster Linie dazu da, «Kinder an Leib und Seele zu verpflegen», sagt Andreas Hanslin, Leiter der Robi-Spiel-Aktionen. Der Auftrag: «Mobile Spielanimation». Ein klassischer Buvettenbetrieb war bisher nicht vorgesehen.
Es ist jedoch auch im Sinn der Verwaltung, «die Claramatte verstärkt als Begegnungs- und Veranstaltungsort für das Quartier zu etablieren», sagt Marc Keller, Sprecher des Bau- und Verkehrsdepartements, bei dem die Allmendverwaltung angesiedelt ist. «Es finden seit Wochen Gespräche statt, wie die Kindertankstelle zu einer Buvette hin entwickelt werden kann. Wir klären derzeit ab, wieweit sozialräumliche Aufgaben und Gastrobetrieb zusammengehen können.»
Besser durchmischte Besucher
Eine Buvette in «ihrem» Park wäre im Sinn des Vereins Claramatte. «Das würde den Ort beleben und wieder zu einem Treffpunkt für die Quartierbewohner machen», sagt Rolf Keller vom Verein. Zudem wäre die «soziale Kontrolle» durch die Kindertankstelle-Mitarbeiter dann auch abends garantiert – womit viele Probleme gelöst seien. «Die Durchmischung der Leute würde durch eine Buvette positiv beeinflusst», sagt Rolf Keller.
Am «kleinStadtgespräch» sprach sich auch Grossrat André Auderset für eine «Kindertankstelle Plus» aus. Denn wie gesagt: Auch er wünscht sich, dass die Claramatte wieder zu einem Quartiertreffpunkt wird. Andreas Hanslin von den Robi-Spiel-Aktionen rechnet damit, dass sich die Anwohner bereits diesen Sommer zu einem Bier auf der Claramatte treffen werden: «Wir setzen alles daran.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 29.03.13