Kinokomplex am Theaterplatz

Der Kanton Basel-Stadt will die Theaterpassage aufwerten und plant zwei weitere Kinosäle.

Der Comix Shop darf an Ort und Stelle bleiben. Um ihn herum plant die Stadt mit der kult.kino AG eine Umgestaltung der Theater­passage. (Bild: Nils Fisch)

Der Kanton will die Theaterpassage aufwerten und baut dem Kultkino Atelier zwei weitere Kinosäle. Das Atelier wird somit zum städtischen Zentrum des Programmkinos, die übrigen Kultkinos Club und Camera sollen jedoch erhalten bleiben – vorläufig zumindest.

Gewinnerin des Umbaus in der Theaterpassage wäre die kult.kino AG, die schon heute mit den drei Sälen des Kinos Atelier in der Passage vertreten ist. Gemäss Ratschlag wird die kult.kino AG zukünftig nicht nur – wie erwünscht – den Barbetrieb führen, sondern infolge der Bauarbeiten zwei zusätzliche Kinosäle erhalten. Die Basler Regierung wünscht sich ein «Kino-Miniplex mit fünf Sälen» in der Theaterpassage und damit eine «Standortaufwertung», die die «Kulturmeile» vom Schauspielhaus über das Theater Basel, das Stadtkino, die Kunsthalle, das Stadtcasino bis zum Historischen Museum weiter akzentuieren soll.

Dem Kanton – Immobilien Basel-Stadt ist Eigentümerin der Liegenschaft – ist diese Aufwertung 2,5 Millionen Franken wert. Die restlichen 1,2 Millionen Franken steuert die kult.kino AG bei.

Die Investition ist es dem Kanton wert, weil das Projekt die Bedürfnisse von zwei Partnern abdeckt. «Die Theaterpassage hat keine einfache Geschichte», sagt Christian Mehlisch von Immobilien Basel-Stadt, «unser Ziel ist eine bessere Positionierung. Das ­Interesse der kult.kino AG am Gastronomiebetrieb und an einem erweiterten Spielort passt ausgezeichnet zu unseren Überlegungen.»

Kündigungen akzeptiert

Ebenso passend ist der Zeitpunkt: Die Mietverträge der anderen Mieter in der Theaterpassage laufen über zehn Jahre und enden im Sommer 2013. Nicht alle sind erneuert worden: In der Passage bleiben dürfen der Comix Shop, der Gitarrenhändler Aux Guitares, der Oekoladen, Stoffler Musik sowie der Ballettshop.

Die restlichen Läden müssen raus oder sind bereits weg. «Die Kündigungen wurden allesamt akzeptiert», sagt Mehlisch. «Ein bestehender Mieter hat Bedürfnisse angemeldet, der Businessplan hat uns überzeugt. Der Kanton finanziert einzig den Grundausbau für die räumliche Erweiterung. Die kinospezifischen Einbauten werden von der kult.kino AG finanziert.»

Stichwort: «Kulturmaximierung»

Der Ratschlag der Regierung schlägt allerdings neben der Standort­aufwertung noch einen anderen Ton an: Hervorgehoben wird die «kulturelle Aufgabe», die die Programmkinos erfüllen: «Viele wertvolle Filme, kleine und grosse, werden hier einem interessierten Publikum zugänglich gemacht», steht im Text.

Die kult.kino AG hat sich, so der Ratschlag weiter, zu einem nicht subventionierten Betrieb der «Kulturmaximierung» entwickelt, der «mehr als lediglich ein Abspielort für Filme» sei und «neben eigenen Rahmenprogrammen auch Raum für Koproduktionen oder Fremdveranstaltungen» biete. Und weiter: «Um dem Anspruch einer kulturellen Plattform gerecht werden zu können, muss die Infrastruktur diesen Bedürfnissen entsprechen.»

Autorenkino konzentriert

Es geht im Ratschlag also nicht nur um einen Liegenschaftsumbau, sondern ebenso um Kulturpolitik. Das bestätigt Philippe Bischof, Leiter der Kulturabteilung Basel-Stadt: «Betreffend der kulturpolitischen Relevanz war unsere Abteilung im Projekt involviert. Das Autorenkino ist effektiv von grosser Bedeutung, nicht nur für die Filmstadt Basel, sondern für den gesamten Kulturstandort. Durch Kooperationen wie jüngst mit dem Bildrausch-Festival belegt die kult.kino AG immer wieder ihre wichtige Funktion.»

Unterstützt wird somit eine Konzentration des Autorenkinos in der Theaterpassage – allerdings betreibt die kult.kino AG mit den beiden Sälen des Kinos Camera an der Rebgasse sowie dem Club am Marktplatz neben dem geplanten Kinokomplex noch zwei Aussenstellen, die eine Abwertung erfahren dürften. «Sollte das Camera infolge der geplanten Konzentration geschlossen und sollten dessen beide Säle in die Theaterpassage transferiert werden, fände ich das eine absolut richtige Überlegung», sagt Philippe Bischof. «Jeder zusätzliche Standort verursacht wohl auch Mehrkosten.» Kommt hinzu, dass neue Säle nicht per se ein zusätzliches Publikum anziehen und die Auslastung sichern würden.

Denkbar, dass am Ende der Club oder das Camera geschlossen wird.

Das Kleinbasel würde damit, nach dem Ende des Movie am Claraplatz und des Royal beim Badischen Bahnhof in den vergangenen Jahren, sein letztes Kino verlieren. Bei der kult.kino AG wird dies jedoch dementiert: «Wir haben einen gültigen Mietvertrag. Im Moment sehen wir uns nicht veranlasst, auf den Eröffnungstermin der geplanten neuen, kleineren Kinos die Camera-Säle aufzulösen», sagt Romy Gysin, Co-Geschäftsleiterin der kult.kino AG. «Grundsätzlich ist zu einer künftigen Kinoschliessung momentan nichts zu sagen. Die Entwicklung der Kinozahlen im Studiobereich werden ausschlaggebende Einflüsse auf einen derartigen Verwaltungsratsentscheid haben», so Gysin.

Parlament entscheidet

Gysin bestätigt, dass der Betriebsaufwand durch die Eröffnung zweier zusätzlicher kleiner Vorführräume «nicht enorm strapaziert» werde. Das Unternehmen habe «in den guten Jahren Reserven angelegt und verfügt über einen guten Freundeskreis».

Der Ratschlag liegt nun beim Gros­sen Rat. Andreas Albrecht, Präsident der Bau- und Raumplanungskommission, rechnet mit einem Parlamentsentscheid im Spätherbst. Die Bauphase ist für Februar bis September 2014 geplant, die Eröffnung soll im Oktober nächsten Jahres stattfinden. Und wenn das Parlament das Projekt bachab schickt? «Andere Pläne machen wir, wenn es so weit ist», sagt Romy Gysin. «Wir halten das Projekt für eine optimale Win-win-Situation, für die Stadt wie für uns.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.06.13

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