Konkurs: Der EHC Basel ist am Ende

Der EHC Basel hat am Montagmorgen seine Bilanz deponiert. Das Thema Spitzeneishockey dürfte für die Region Basel endgültig Vergangenheit sein. Die Spieler wurden vom Entscheid völlig unvorbereitet getroffen.

Am Schluss am Boden: Der EHC Basel, hier mit Sandro Gartmann beim Heimspiel im Januar gegen Olten. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der EHC Basel hat am Montagmorgen seine Bilanz deponiert. Das Thema Spitzeneishockey dürfte für die Region Basel endgültig Vergangenheit sein. Die Spieler wurden vom Entscheid völlig unvorbereitet getroffen.

Es sind Szenen zwischen Wut, Machtlosigkeit und Galgenhumor, die sich am Montagmorgen vor dem Spielereingang der St.-Jakobs-Arena abspielen. Eishockey-Profis, das Handy ans Ohr geklemmt auf der verzweifelten Suche nach ihrem Manager. Spieler, die sich noch eine Schachtel Waschmittel in den Kofferraum stellen: «Schliesslich kann ich mir den nächsten Monatslohn an die Backe streichen, da nehme ich, was ich kriegen kann.» Es gibt kein Spitzeneishockey mehr in Basel. Am Montagmorgen hat die EHC Basel AG ihre Bilanz deponiert. Kurz vor der Presse wurde die Mannschaft vom Verwaltungsrat informiert.

Der Verwaltungsrat des EHC hat die Notbremse gezogen, weil er schlicht keine Lust mehr hatte, nach jeder Saison rote Zahlen zu verhindern, indem er eine siebenstellige Summe aus privater Kasse einschiesst. 2012 waren es 1,4 Millionen Franken, 2013 und 2014 lagen im selben Bereich. Einen letzten Ausweg hätte es noch gegeben, erklärte Präsident Matthias Preiswerk vor den Medien. Der EHC wollte die St.-Jakob-Arena von der Arena-Genossenschaft kaufen und sie selbst vermarkten. «Das hätte noch einmal Investitionen bedingt», gab Preiswerk zwar zu, «aber wir sind uns sicher, dass wir schlussendlich Einnahmen in sechsstelliger Höhe hätten generieren können.»

Keine Antwort aus Basel-Stadt?

Der Plan war da. Doch er konnte nicht durchgeführt werden. Das Problem: Die Arena war einst mit sehr viel öffentlichen Geldern gebaut worden. Die Kantone Basel-Stadt und Baselland hatten zusammen mit Gemeinden 8,2 Millionen Franken an den 25-Millionen-Bau gezahlt. Weitere 4,5 Millionen Franken hatten die Industriellen Werke Basel (IWB) eingeschossen. Deshalb hätte der EHC die Einwilligung der beiden Regierungen gebraucht, um eine Übernahme der Halle von der Eigentümerin, der Stadiongenossenschaft, verhandeln zu können.

Aus Liestal habe der EHC bis am 30. April positive Zeichen erhalten, erzählte Preiswerk: «Aber aus der Stadt wurden wir bloss per Mail an die Verwaltung der St. Jakobshalle und an das Finanzdepartement verwiesen. Eine offizielle Antwort hat uns nie erreicht.» Die Gespräche mit Thomas Kastl, dem Geschäftsführer der von Basel-Stadt geführten St. Jakobshalle sind laut Preiswerk «nicht positiv» verlaufen.

Um mit der Arena Geld verdienen zu können, hätte der EHC Events in der Halle durchführen müssen. Das wäre aber nicht im Sinne der St. Jakobshalle, die im selben Teich fischt. «Man wollte von der St. Jakobshalle her keine Konkurrenz», sagte Preiswerk. Tatsächlich hatte der Kanton 2002 mit der Genossenschaft eine Konkurrenz-Vereinbarung geschlossen, um zu verhindern, dass der St. Jakobshalle Einnahmen entgehen. Diese besteht noch immer.

Der basel-städtische Regierungsrat Christoph Eymann kontert die Vorwürfe zumindest teilweise. «Wenn Herr Preiswerk das so gesagt hat, muss ich das aber korrigieren. Wir waren bereit, in Verhandlungen zu steigen. Ich habe Herrn Preiswerk sogar geschrieben, dass ich sehr zuversichtlich bin, dass wir eine Lösung finden werden», sagt Eymann im Interview mit der TagesWoche.

«Alle haben sich bedient»

Der Privatbankier Preiswerk hatte das EHC-Präsidium vor sechs Jahren übernommen, nach dem Abstieg des Teams aus der höchsten Schweizer Liga. Seither versuchte er, den Club finanziell breiter abzustützen. Dieser Versuch ist nun gescheitert. Preiswerk wirkte bei der Bekanntgabe des Konkurses nicht verbittert, aber doch schwer enttäuscht über die ausbleibende Unterstützung. Zum Beispiel, als er erzählte, beim Marketingmanager einer grossen Basler Firma sei er abgeblitzt, «weil wir ein Verlierer-Image haben und man ein Engagement bei uns den Aktionären nicht vermitteln könne». Eine gewisse Arroganz wollte Preiswerk bei einigen potenziellen Sponsoren sogar ausgemacht haben.

Auch von Seiten der Arena-Genossenschaft fühlte sich Preiswerk lange Zeit nicht unterstützt: «Als ich hier angefangen habe, gab es einen Vertrag, den man nur mit einem Universitätsabschluss verstehen konnte. Der fehlt mir leider.» So hatte die Stadionbetreiberin Basel United das Recht auf die Hälfte aller Werbeeinnahmen, die in der Arena erarbeitet wurden. Selbst wenn der EHC die Werbung selbst akqurierte. Und der Caterer soll dem EHC Ende Saison nach 22 Spielen 20’000 Franken als Anteil an den verkauften Lebensmitteln überwiesen haben. «Da haben sich alle erst bedient», stellte Preiswerk mit mehr als einer Prise Sarkasmus fest, «haben aber dabei natürlich immer nur für den EHC gearbeitet …»

Keine Zuschauer, kein Interesse

Das Hauptproblem des EHC war allerdings das mangelnde Interesse der Öffentlichkeit. Seit dem Abstieg aus der NLA waren die Zuschauerzahlen nie in jenem Bereich, der eine gesunde Finanzierung ermöglicht hätte (siehe Statistik unten). Der Griff nach der Halle war so auch jener nach dem viel zitierten Strohhalm.

Das Thema Profi-Eishockey dürfte für die Region Basel damit auf längere Zeit, wenn nicht für immer beendet sein. Zusammen mit der ersten Mannschaft gingen auch die Young Sharks in die Konkursmasse, die Nachwuchsabteilung des EHC. Da diese nicht überschuldet ist, könnte sich für sie ein Interessent finden, hoffte Preiswerk am Montag. Aber ob das auch geschieht, steht noch in den Sternen.

Die eine Neuigkeit überholt die andere: Oben preist der EHC noch seine Saisonkarten an – unten wird das Ende verkündet. Um 14 Uhr dann ist auf der Website nur noch ein Abschiedsbrief zu lesen.

Die eine Neuigkeit überholt die andere: Oben preist der EHC noch seine Saisonkarten an – unten wird das Ende verkündet. Um 14 Uhr dann ist auf der Website nur noch ein Abschiedsbrief zu lesen.

Eine andere Frage ist, was aus der 2002 für 25 Millionen Franken erbauten St.-Jakob-Arena werden soll. Sie gehört der privaten Genossenschaft St. Jakob-Arena, die nun plötzlich ohne ihren Hauptmieter dasteht.

Es ist bereits das zweite Mal, dass der EHC Basel finanziell in die Schieflage gerät. 1988 konnten nur Donatoren den Konkurs des Vereins abwenden, der damals in der 2. Liga dümpelte. Ganz so tief geht es in diesem Jahr mit dem Basler Eishockey nicht: Die erste Mannschaft des EHC Basel Kleinhüningen, dem Stammverein des EHC, der nicht vom Konkurs der AG betroffen ist, spielt derzeit in der 1. Liga.

Eine Übersicht über die Geschichte des EHC gibt die BaZ.

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