Langjährige Haftstrafen nach Foltertod im Drogenmilieu

Nach tagelanger Folter starb 2013 ein Drogenkonsument in einer Basler Wohnung. Jetzt hat das Strafgericht harte Strafen gegen den Haupttäter, dessen Mutter und einen Mittäter verhängt.

«Lässt einen schaudern»: Strafrichterin Susanne Nese zeigte sich an der Urteilsverkündung entsetzt über die Tat im Drogenmilieu.

(Bild: Carol Engler)

Nach tagelanger Folter starb 2013 ein Drogenkonsument in einer Basler Wohnung. Jetzt hat das Strafgericht harte Strafen gegen den Haupttäter, dessen Mutter und einen Mittäter verhängt.

Das Basler Strafgericht hat nach langer Beratung seine Urteile im Tötungsfall im Basler Drogenmilieu gefällt. Auch die Urteilsbegründung fiel aussergewöhnlich lang aus. Richterin Susanne Nese (SP) war sichtlich entsetzt über die Tat, die sich im Winter 2013 in einer Wohnung am St. Johanns-Ring abgespielt hat.

«Was einen schaudern lässt», sagte Susanne Nese an die Adresse des Haupttäters gerichtet, «ist die totale Gefühlskälte. Die Entmenschlichung, wie Sie Ihrem Opfer das Menschsein genommen haben. Sie haben Ünay* gefesselt, gequält und gebrandmarkt wie ein Stück Vieh. Als er tot war, haben Sie ihn wie ein Stück Vieh in eine Kiste verfrachtet, haben ihn aufgeschlitzt und verfaulen lassen. Sie sind innerlich und äusserlich komplett verwahrlost.» 

In die Drogen geboren

Eine detaillierte Rekonstruktion der Ereignisse hat die TagesWoche zum Prozessauftakt veröffentlicht. Jetzt wurde der 28-jährige Stefan* wegen Freiheitsberaubung und vorsätzlicher Tötung zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Parallel dazu muss der seit seiner Jugend Schwerstabhängige eine ambulante Drogentherapie durchlaufen.

Mittäter Fabrizio* wurde zu 8,25 Jahren Haft verurteilt, zusätzlich muss er eine stationäre Therapie absolvieren. Bei ihm stellte ein Gutachter eine dissoziative Persönlichkeitsstörung fest. Die 56-jährige Mutter Stefans, langjährige Drogenkonsumentin, verurteilte das Gericht wegen Gehilfenschaft zu fünf Jahren Haft. Keinem der Täter attestierten die Richter eine verminderte Schuldfähigkeit. Sie blieben, ausser bei der Mutter, leicht unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte für Stefan 12,5 Jahre gefordert und für Fabrizio zehn. 

Tod nach Überdosis

Alle drei hausten im Dezember 2013 in der Wohnung der Mutter. Dort verbrachten sie ihren Alltag, konsumierten und handelten mit Heroin, Kokain und anderen Stoffen. Auch das Opfer Ünay hielt sich als Hilfskraft der Dealer-WG in der Wohnung auf. Nachdem Stefan Ünay des Diebstahls bezichtigt hatte, hielten sie den Heroinsüchtigen während Tagen fest, um ein Geständnis aus ihm herauszupressen. Als sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechtert hatte, setzte ihm Stefan eine Spritze mit einer hohen Dosierung des Heroinersatzstoffes Diaphin. Sein Tod war dann die Folge einer Überdosis. 

Die Polizei fand die Leiche erst Wochen später auf dem Balkon in einer Kiste, nachdem der Haupttäter einem Bekannten von den Ereignissen erzählt hatte. Stefan zeigte vor Gericht als einziger Täter Reue. Er sagte: «Es war unter aller Sau, was wir gemacht haben. So kann es nicht weitergehen.» Er wolle nun in der Haft eine Berufslehre in Angriff nehmen. Richterin Nese würdigte diese Ankündigung und schloss mit den Worten: «Sie haben noch eine Chance. Ünay haben Sie sie genommen.»

* Alle Namen dem vorhergehenden Artikel entsprechend geändert.

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