Nach einer deutlichen Abnahme in den vergangenen fünf Jahren weist die Kriminalstatistik 2016 bei den Straftaten erstmals wieder eine leichte Zunahme um 1 Prozent aus. Laut Aussagen der Staatsanwaltschaft ist diese Zunahme von Zufälligkeiten geprägt und widerspiegelt keine generelle Aufwärts-Tendenz.
Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. So auch diejenigen, die in der Kriminalstatistik von Basel-Stadt präsentiert werden und jeweils für viel Aufmerksamkeit sorgen. Ein paar Kennzahlen:
- 2016 verzeichnete die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt (ohne Delikte betreffend Ausländergesetz und übrige Bundesnebengesetze) insgesamt 24’826 Anzeigen. Das entspricht einer Zunahme um 3 Prozent gegenüber 2015 (beziehungsweise einer Abnahme im Fünfjahresvergleich um 2 Prozent).
- Die Delikte gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches nahmen um 1 Prozent auf 21’118 Fälle zu (im Fünfjahresvergleich ist hier eine Abnahme um 2 Prozent zu verzeichnen).
- Bei den Gewaltdelikten (u.a. Delikte gegen Leib und Leben, Geiselnahme, Vergewaltigung, Sexuelle Nötigung, Raub) war eine Zunahme um 2 Prozent auf 2515 Fälle zu verzeichnen (im Fünfjahresvergleich plus 3 Prozent).
- Bei den Vermögensdelikten (Einbruchdiebstahl, Raub, Entreiss- und Taschendiebstahl, Betrug und Erpressung) gab es indes eine Abnahme um 5 Prozent auf 14’838 Fälle (im Fünfjahresvergleich ebenfalls ein Minus von 5 Prozent).
- Um 14 Prozent auf 3708 zugenommen hat die Zahl der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (im Fünfjahresvergleich ist die Zahl stabil geblieben).
- Die Anzahl der angezeigten Delikte im Bereich der Jugendanwaltschaft nahm im langjährigen Vergleich um happige 31 Prozent auf 1421 Fälle zu.
Wie bereits vom Bundesamt für Statistik bekannt gegeben wurde, präsentiert sich die aktuelle Entwicklung in Basel-Stadt damit anders als in der restlichen Schweiz, wo die Zahl der Straftaten grossmehrheitlich zurückgegangen ist.
Differenziertes Bild bei genauerer Betrachtung
Es ist aber nur eine vermeintlich deutliche Sprache, welche diese Zahlen sprechen. Die verantwortlichen Bereichsleiter der Basler Staatsanwaltschaft versahen diese statistischen Ergebnisse bei der Präsentation vor den Medien mit sehr viel «aber». Grundsätzlich stellte Beat Voser als Chef der Kriminalpolizei fest, dass Abweichungen im kleinen Prozentbereich oft von Zufälligkeiten oder Einzelfällen abhängen würden.
Auch hinter den gesamtschweizerischen Vergleich setzte Voser ein grosses Aber. Der Stadtkanton Basel-Stadt lasse sich nicht mit ländlichen Kantonen oder Kantonen mit grossen ländlichen Gebieten vergleichen. Er wies darauf hin, dass Basel wegen seiner Zentrumsfunktion viele Straftaten von Delinquenten aus der Baselbieter und ausländischen Agglomeration zu verkraften habe.
Die Grenzlage Basels mache – mit Ausnahme von Genf – auch einen Vergleich mit anderen Schweizer Grossstädten schwierig. Die Landesgrenzen haben unter anderem einen starken Diebstahltourismus zur Folge. «Dass Basel mit Abstand die meisten Velodiebstähle zu verzeichnen hat, liegt nicht in erster Linie daran, dass hier viele Menschen ein Velo besitzen, sondern an der Grenzlage zu Frankreich», sagte er.
Einzelfälle beeinflussen die Statistik zum Teil massiv
Voser und seine Kollegin Verena Schmid Lübke, Leitende Jugendanwältin, wiesen auch darauf hin, dass einzelne Straftäter die Statistik massiv beeinflussen können. Ein besonders augenfälliges und auf den ersten Blick aufrüttelndes Beispiel:
Bei den Sexualdelikten ist eine massive Zunahme von 44 Prozent auf 393 Fälle zu verzeichnen. Mit 115 Fällen und einer Steigerung um 360 Prozent schreckt die Zunahme bei den «Sexuellen Handlungen mit Kindern» auf. Diese Zahlen sind aber für den statistischen Vergleich wenig aussagekräftig. 75 Fälle gehen auf einen einzigen Täter zurück, dessen Taten aus mehreren vergangenen Jahren erst 2016 statistisch erfasst wurden.
Die Zahl der Vergewaltigungen stieg demgegenüber von 32 auf 33 Fälle (plus 3 Prozent) nur leicht an.
Auch Jugendanwältin Schmid Lüpke berichtete von einer Konzentration von schweren Sexualdelikten auf wenige Täter:
Bei der Jugendkriminalität gibt es bei den Delikten gegen die sexuelle Integrität ebenfalls einen happigen Anstieg um 158 Prozent (im Fünfjahresvergleich) auf 31 Fälle zu verzeichnen. Besonders stark ist der prozentuale Anstieg bei den «Sexualdelikten mit Gewalt» um 333 Prozent auf 13 Fälle. Knapp zehn dieser Fälle gehen auf zwei jugendliche Täter im Alter von 16 und 17 Jahren zurück.
Starke Zunahme bei der Gewalt gegen Beamte
Sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Jugendlichen nahm die «Gewalt gegen Beamte» oder die «Hinderung bei einer Amtshandlung» stark zu:
Bei den Jugendlichen wuchs die Zahl binnen eines Jahres um 31 auf 33 Fälle massiv an (plus 450 Prozent im Fünfjahresvergleich). Bei den Erwachsenen nahmen die Fälle von Gewalt gegen Beamte um 91 Prozent auf 248 zu. Voser verwies in diesem Zusammenhang auf zwei Anlässe, die sich hier besonders stark auswirkten: auf Krawalle nach einem FCB-Spiel und auf einen «Saubannerzug von Linksextremen». Ins Gewicht gefallen seien auch gewalttätige Handlungen von Insassen des Ausschaffungsgefängnisses auf dem Bässlergut.
Sorgen bereitet der Staatsanwaltschaft die Zunahme bei den Körperverletzungen. Deren Zahl nahm um 7 Prozent auf 543 Fälle zu. Prozentual besonders stark (plus 258 Prozent) war die Zunahmen bei den schweren Körperverletzungen, auch wenn die absolute Zahl der Fälle mit 43 nicht ganz so hoch erscheint.
Dafür sah es bei den Tötungen besser aus. Vollendete Tötungen gab es 2016 keine zu verzeichnen, und bei den versuchten Tötungen ging die Zahl der Fälle um ein Drittel auf 8 zurück.
Besitz oder Konsum von Drogen
Bei den Betäubungsmitteldelikten (plus 14 Prozent) fielen vor allem die leichten Fälle von Besitz (plus 16 Prozent) oder Konsum (plus 18 Prozent) von Drogen ins Gewicht, wobei sich diese Fälle natürlich oft überschneiden. Ausser bei den «leichten Fällen» von Drogenhandel (plus 4 Prozent) gingen alle anderen Delikte (Anbau, «schwere Fälle» von Drogenhandel und Drogenschmuggel) zahlenmässig zurück.
Thomas Homberger, Leiter des Betäubungsmitteldezernats, wies darauf hin, dass die angezeigten Fälle von Drogenbesitz oder -konsum zu einem nicht unwesentlichen Teil auf polizeiliche Interventionen in ganz anderen Fällen zurückgehe. «Wenn die Polizei Velofahrer kontrolliert, stellt sie nicht selten auch kleinere Mengen an Betäubungsmitteln sicher», nannte er als Beispiel.