Um viertel vor elf am Samstagabend war es soweit: Michael Fässler hat sein Ziel erreicht. Neben Celine van Till amtiert er ein Jahr lang als Mr. Handicap und vertritt die Interessen Behinderter in der Schweizer Öffentlichkeit. Die TagesWoche hat vor der Wahl mit dem Kandidaten gesprochen und sein Leben und seine Ziele erfragt.
Michael Fässlers Traum war es, Eishockeyprofi zu werden. «Schon als ich drei Jahre alt war, wusste ich, dass ich nach ganz oben will», sagt der heute 24-Jährige. Also begann er mit dem Training beim EHC Zunzgen-Sissach und wurde immer besser. Neben dem Sport absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung.
Doch als er 17 Jahre alt war, veränderte sich alles. Michael Fässler erlitt im Training eine Hirnblutung und ist seither linksseitig gelähmt. «Ich habe mich am Anfang oft gefragt, warum das ausgerechnet mir passieren musste.» Doch bald habe er gelernt zu akzeptieren, dass er nicht mehr Eishockey spielen konnte. Geholfen hat ihm dabei, dass er einen neuen Sport für sich entdeckt hat: «In der Rehab gab es jeden Tag eine Stunde Tischtennis-Training. Dort machte ich mit», sagt Fässler.
Neue Ziele und Träume
Die Möglichkeit, wieder Sport machen zu können, gab ihm Kraft. «Und auch meine Familie war und ist sehr wichtig für mich.» Mit dieser Unterstützung kämpfte sich der aufgestellte Baselbieter zurück ins Leben. «Am Anfang musste ich wieder alles neu lernen: das Sprechen, das Gehen, alles.» Heute ist er so selbstständig, dass er alleine wohnen kann. Und er hat neue Ziele und Träume.
Am Samstag wird Fässler in Luzern an der Wahl zum Mister Handicap teilnehmen. «Zuerst wollte ich nicht, aber dann wurde mir klar, dass es wichtig ist, dass Leute mit einer Behinderung an die Öffentlichkeit gehen», sagt Fässler. «Wenn wir uns verkriechen, bringt das keinem was.» Er will die Leute zum Nachdenken bringen – über sich selbst und über andere. «Denn jeder hat seine Behinderungen, seine Schwächen», meint er, «sie sind nur nicht bei allen gleich gut sichtbar.»
Michael Fässler wäre der erste Mister Handicap der Schweiz. Bisher gab es nur eine Miss-Wahl. Was winkt bei einem Sieg? «Die Mister-Handicap-Wahl ist finanziell nicht so lukrativ, es geht mehr darum, sich als Botschafter für Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung einzusetzen.» Das findet Fässler gut. «Aber der Gewinner hat einen ziemlich vollen Terminkalender in den ersten zwei Wochen.» So oder so: Langweilig wird es Fässler nicht. Sein nächstes Ziel ist die Teilnahme an den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro.
- Er hat’s geschafft: Michael Fässler ist Mr. Handicap 2013
- Michael Fässler war am 11. Oktober Gast an der Telebar auf «Telebasel».
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.10.12
Artikel ergänzt und überarbeitet. Michael Fässler hat’s geschafft: Er wurde am 13. Oktober in Luzern zum Mr. Handicap gewählt.