Ist jeder selber schuld, der sich Scientology anschliesst? Der Basler Physiker Andreas Aste meint Nein und engagiert sich im Widerstand gegen die Sekte. Das Porträt eines Basler Sektengegners.
Andreas Aste ist kein Mensch, den Sekten gerne haben. Vor ein paar Jahren sprach ihn ein Zeuge Jehovas in der Basler Unibibliothek an, sie diskutierten zwei Stunden, dann habe der Mann Reissaus genommen, erzählt Aste amüsiert. Aste ist Physiker, er unterrichtet an der Uni Basel und am Paul Scherrer Institut in Villigen.
Seit einiger Zeit rechnet er sich durch die physikalischen Grundlagen der Energiewende – da kann ihn die Pseudowissenschaft der Scientologen nicht fordern: «Als Naturwissenschaftler bin ich der Ansicht, was überprüfbar ist, muss man überprüfen, was wiederholbar, wiederholen.» Die sogenannten Axiome, auf denen die Lehre der Scientologen fusst, können diesen Ansprüchen nicht standhalten.
Aber die Sekte fordert ihn durchaus heraus. Aste glaubt, dass man ihnen die Menschenfängerei nicht durchgehen lassen darf. «Menschen, die sich nicht wehren können, die vielleicht eine Krise durchleben, traurig sind oder blockiert, die muss man schützen», sagt er. Und: «Ich bin so strukturiert, dass es mir nicht egal ist, wenn solche Typen ihr Unwesen treiben.»
Klar könne man die Haltung vertreten, dass jeder selber schuld ist, der nach all den Enthüllungsberichten noch mitmacht, räumt er ein. Aber letztlich sei das Konzept von Schuld und Unschuld eine Konstruktion des menschlichen Verstands, ein Ordnungsprinzip einer komplizierten sozialen Welt. Also nicht immer ein verlässlicher Ratgeber. Er stützt lieber auf ein ethisches Empfinden ab, das, wie Aste glaubt, allen Menschen gegeben ist.
In seiner Partei – Aste ist Präsident der CVP-Sektion Grossbasel West – hat man die Direktive erlassen: Hände weg von Scientology! Eine Einladung der Scientologen zum Gespräch, die an zahlreiche CVPler erging, wurde ausgeschlagen. Gegenüber Journalisten will sich die Partei nicht äussern, das sagt etwa Grossrätin Andrea Knellwolf. Man fürchtet sich davor, dass es Scientology gelingt, Aufmerksamkeit zu erzeugen und letztlich Akzeptanz zu gewinnen.
Background-Check von Scientology
Aste behagt das nicht so richtig. Auch er erhielt eine Einladung zum Gespräch. Nachdem er absagte, erreichte ihn ein persönliches Schreiben, in dem eine Öffentlichkeitsbeauftragte der Sekte bat, seine Haltung zu überdenken. Er sei ein hochinteressanter Mensch als Physiker und zudem zweifacher Familienvater – ihre eigenen Töchter hätten auch schon bei «Jugend forscht» teilgenommen. Aste war irritiert, offenbar hatte Scientology über ihn recherchiert.
Nun hat er sich mit den Gegnern im Quartier des neuen Hauptsitzes an der Burgfelderstrasse kurzgeschlossen, hat ihnen ein paar Facebook-Freunde zugeschanzt. Vor Kurzem hat er auch einen Leserbrief bei der «Schweiz am Sonntag» eingereicht. Und sollte es einmal eine Demo geben und dann ein Mann gebraucht werden, der ein Plakat in die Luft hält, darf man gerne bei ihm anklopfen.