Miron Landreau bringt die Barszene im Matthäus zum Blühen

Nach einer Odyssee durch Städte und Kulturszenen bringt Opernsänger Miron Landreau (39) mit «Flore» ein neues Bar-Flair nach Basel, wo einst Blumen blühten.

«Hier bleibe ich.» Der ausgebildete Sänger Miron Landreau eröffnet im Basler Klybeckquartier sein Wunschlokal.

(Bild: Nils Fisch)

Nach einer Odyssee durch Städte und Kulturszenen bringt Opernsänger Miron Landreau (39) mit «Flore» ein neues Bar-Flair nach Basel, wo einst Blumen blühten.

Viel mehr Multikulti als an der Kleinbasler Klybeckstrasse zwischen Kaserne und Feldbergstrasse findet sich am Rheinknie kaum. Das Angebot in den umliegenden Läden und Restaurants ist so international durchmischt wie die Menschen, die auf den breiten Trottoirs flanieren. Mittendrin an der Ecke Florastrasse eröffnet Miron Landreau im ehemaligen Blumengeschäft Mäglin das «Flore». Wo einst bunte Blumen blühten, verströmen nun warm-braune Farbtöne das angenehme Flair eines Pariser Bistros.

«Der Name spielt natürlich auch mit der Vergangenheit des Lokals, der Geist des ‹Flore› ist aber geprägt vom legendären Café de Flore im Pariser Künstlerquartier Saint-Germain», sagt Landreau. In diesem legendären Café trafen sich einst Intellektuelle wie Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir oder Künstler wie Pablo Picasso, Alberto Giacometti und Jean Cocteau.

Ein Schöngeist mit kreativem Output ist Landreau selbst. Geboren in einem Fischerdorf bei Nantes, wo die Einhand-Weltumsegelungs-Regatta «Vendée Globe» startet, kennt auch das Kind einer Fotografin und eines Künstlers wechselnde Wohnorte. Über Stationen in Frankreich, Spanien und Deutschland bis nach Basel entwickelte Landreau einen ausgeprägten Sinn für die schönen Dinge des Lebens. «Ich bin Ästhet und ein Epikureer – wenn es den Begriff auf Deutsch auch nicht wirklich gibt.»

Ein Mann des Genusses

Gibt es schon, doch hat die von «Lust» getriebene Philosophie des altgriechischen Philosophen Epikur in unseren Breitengrad fälschlicherweise den negativen Beigeschmack eines faulen Genussmenschentums. Landreau treibt diese Lust jedoch zum Aktivismus. Nach seiner Schulzeit jobbte er als Journalist oder Fotograf sowie in diversen Funktionen für Galerien. Als Musikverantwortlicher prägte er vor 18 Jahren die frisch eröffnete Cargo Bar und legte als DJ Miron bei der «Funk You»-Serie in der damaligen Carambar an der St. Johanns-Vorstadt auf – als Mann mit Stil logischerweise Vinyl.

Und als Mann des Genusses entwickelte Landreau natürlich auch eine Affinität zum Wein. «Wenn man gerne isst, ergibt sich diese Leidenschaft von alleine.» Landreau bildete sich «learning by drinking» zum Weinfachmann, arbeitete zehn Jahre für einen südafrikanischen Familienbetrieb mit Spitzenweinen, beriet einen Basler Weinimporteur und betreute die Weinmessen eines Schweizer Grossisten. «Weinlehre hat mit Neugier, Offenheit, dem Erkennen von Zusammenhänge erkennen und dem Abrufen von Erinnerungen zu tun. Dafür braucht es nicht immer eine Schule oder Studium.» Doch Landreau suchte noch nach einer Ausbildung, die ihn wirklich erfüllte. Das Studium in Kunstmanagement liess er jedoch schnell sausen. «Das meiste kannte und konnte ich bereits aus meinen Jobs. Und der Rest war mir zu theoretisch und trocken.»

Mit 28 trat Landreau seine erste Ausbildung an – zum Sänger. Und finanzierte sich mit einer Bar im Entrée eines Opernhauses.

An teilweise feuchten Abenden kam der Wunsch auf, zur Musik zurückzufinden. Darauf reifte die Idee: Opernsänger. «Man bescheinigte mir Talent in der Stimme und für die Bühne.» Das fand auch das Konservatorium in Nantes, wo Landreau mit 28 Jahren seine erste Ausbildung antrat. Finanzieren konnte er dies, indem er eine Bar im Entrée des Opernhauses reaktivierte. Die lief gut – jedenfalls besser als die Sängerkarriere. «Nach dem Abschluss fand ich nirgendwo den Einstieg in ein Opernhaus. Ich war dafür schon zu alt. Überall suchen sie nach Stimmen mit Erfahrung.» Oder hatte die Stimme in den vielen Nächten in verrauchten Bars zu sehr gelitten?

«Vor schwierigen Passagen sollte man sich schon schonen, aber als Bass-Bariton kommen die tiefen Töne nach einer Zigarre gar nicht so schlecht.» Die Verbindung beider Welten, als Bar-Bariton, ist dem Puristen aber zuwider. «All diese Möchtegern-Tenöre, die Pop-Hits intonieren, finde ich grässlich. Geht es um die Musik, mache ich keine Kompromisse.» Als in Nantes auch noch die Beziehung in Brüche ging, war es vor zwei Jahren Zeit für einen Neustart in Basel. «Hier fühle ich mich am meisten verwurzelt. Und ich wusste, hier kann ich auch mein Wunschlokal am ehesten verwirklichen.»

Nur Musik vor 1965

Kennt man seine Vita, findet man viel davon im «Flore» wieder. Zentral natürlich beim Blick auf die Weinauswahl. An die 15 Sorten im Offenausschank, fast 200 aus der Flasche, hauptsächlich aus Frankreich. «Ich will mit kleinen, innovativen Winzern zeigen, dass der derzeitige schlechte Ruf der Grande Nation wegen überteuerter alter Klassiker-Weine schon wieder überholt ist. Und den Geist französischer Caves à vins, wo man ein Glas trinkt und die Flasche nach Hause nehmen kann, finde ich zeitlos schön und pflege ihn gerne auch hier.»

Die Holztischchen mit Gusseisen-Fuss hat Landreau aus einer Pariser Bar importiert. Den Rest hat der Selfmademan mithilfe von Freunden und seiner Freundin selbst gebaut. Im Elsass kaufte er Kirschholz und verarbeite es mit dem Stiefvater zu einem einladend grossen Tafel-Tisch, Getränke-Abstellflächen und einer Ablage hinter der Bar. Die Bar selbst ist aus Nussbaumholz. Die Wände sind von einem englischen Kunstmalerfreund mit grafischen Elementen im Stile der Zwanzigerjahre bemalt. Dazu passt das Grammophon mit Schellack-Scheibe auf der Bar. «Musik ist natürlich ein zentrales Element des ‹Flore›. Entsprechend dem Retro-Ambiente läuft qualitativ hoch stehende Musik, die aus der Zeit vor 1965 sein soll, ausser es ist Serge Gainsbourg oder France Gall. Electro-Musik passt hier nicht rein. Ich will keine hippe Bar.»

Das Partyvolk wird denn auch kaum im «Flore» einkehren, da Landreau um 22 Uhr schliesst. «Ich will ein lebhaftes Gewusel am Tag. Ab Herbst gibt es ein Mittagsmenu und durch den Tag Bistro-Platten mit Patés oder eine Fischsuppe aus meiner Region.» Das «Flore» ist ein Ort für das erste Glas, nicht das letzte. Bei dem Savoir-Vivre-Flair kann das aber durchaus früher als gewöhnlich sein. Und wie lange hält es den umtriebigen Landreau an der Ecke im Kleinbasel? «Ich fand in Basel meine Liebe und eröffne mit dem ‹Flore› mein Wunschlokal in einer wunderbaren Umgebung. Hier bleibe ich, bis ich den verlassenen Leuchtturm am Meer für den Lebensabend finde.»

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Eröffnung: Samstag, 29. August, 9 bis 22 Uhr.
www.florebasel.weebly.com

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