Nach Cyanid-Debakel in der Frenke: Verfahren läuft

Der Frenke gehts dreckig: Erst im August verschmutzten Fäkalien den Bach, im Februar vergiftete ihn Cyanid. Ein Grossteil des Fischbestandes ist nun tot, die Gemeinde Bubendorf legte zeitweilig eine Notleitung nach Ziefen.

Der Frenke gehts dreckig: Erst im August verschmutzten Fäkalien den Bach, im Februar vergiftete ihn Cyanid. Ein Grossteil des Fischbestandes ist nun tot, die Gemeinde Bubendorf legte zeitweilig eine Notleitung nach Ziefen.

Cyanid ist gefährlich, 50 Milligramm reichen, um ein Menschenleben zu beenden. Das ist schon lange bekannt: Ranghohe Nazi-Kader sollen sich mit der Blausäure-Verbindung gezielt das Leben genommen haben.

Eine mehrzeilige Formel beschreibt den Vorgang, wie aus Cyanid Kohlendioxid und Stickstoff wird, oder: wie hochgradiges Gift zu Luft wird. So wird es auch industriell verwendet.

Nur hat das nicht funktioniert, als die Firma Rero AG in Waldenburg am 19. Februar 6000 Liter mit Cyanid kontaminiertes Abwasser in die ARA Frenke 2 einleitete. Das schädigte die dortige Mikrobiologie derart (siehe Box), dass die Abwasseraufbereitung nur noch mangelhaft funktionierte.

Rero veredelt Metalle und ist eines der grössten Unternehmen der Schweiz in diesem Bereich. Für die Veredelung braucht es unter anderem Cyanid.

Schon im August 80 Prozent des Fischbestands dahingerafft

Bereits kurz zuvor, im August 2014, hatte eine technische Störung dazu geführt, dass verunreinigtes Abwasser in die Frenke gelangt war. Daniel Zopfi, stellvertretender Leiter Jagd und Fischerei Basel-Landschaft, schätzt, dass damals etwa 80 Prozent des Bachforellenbestandes zwischen dem ARA-Einlauf in Niederdorf und dem Mündungsbereich der hinteren Frenke verendeten. Auch der Bestand an den Kleinlebewesen Benthos hat gelitten.

Im August war es eine Störung, die das Wasser nur teilgereinigt in den Bach entliess. Und vor zwei Wochen? Das Amt ist überzeugt: Auch dahinter steckt kein Vorsatz, da ist einfach etwas schiefgelaufen. Darum hat Reinhold Tschopp, Geschäftsführer der Rero AG, unverzüglich in einer Stellungnahme dargelegt, wo der Fehler lag und wie er künftig verhindert werden soll.

Menschliches Versagen, schreibt Tschopp, habe zur Havarie geführt, Tests und entsprechende Kontrollen wurden nachlässig durchgeführt und beurteilt.

Ermittlung läuft, es bestand aber keine Gefahr für Menschen

Auch Roland Bono vom Amt für Umweltschutz und Energie AUE ist überzeugt: «Eine Verkettung von unglücklichen Umständen hat zu diesen Ereignissen geführt.» Trotzdem läuft nun ein Ermittlungsverfahren gegen die Waldenburger Firma, Gespräche zwischen Staatsanwaltschaft, AUE und Rero laufen. Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Für die Menschen hat gemäss Behördenangaben zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden.

Die Firma Rero verspricht, ihre Abwässer künftig doppelt zu testen, das Personal mit der entsprechenden Verantwortung wird verdoppelt. Auch das AUE verschärft die Auflagen für die Firma. So darf sie kritische Abwässer erst wieder in die ARA Frenke 2 leiten, «wenn sie nachgewiesen hat, dass alle zumutbaren Vorkehrungen zur künftigen Vermeidung solcher Vorfälle getroffen wurden. Das AUE wird weiterhin risikoorientierte Kontrollen durchführen», sagt Roland Bono.

Pumpwerke von Hölstein bis Frenkendorf abgeschaltet

Trotzdem wurden zur Sicherheit die Trinkwasser-Pumpwerke von Hölstein bis Frenkendorf abgestellt. Aus Angst, das kontaminierte Wasser könnte ins Grundwasser gelangen. Am 25. Februar gab das kantonale Labor Entwarnung und meldete, dass das Grundwasser in der betreffenden Region von einwandfreier Qualität sei.

Trotzdem hätte allein die Abstellung der Pumpen in Bubendorf zu einem Wassernotstand führen können. Deshalb hat die Gemeinde eine Notleitung von Ziefen gelegt und die Bevölkerung aufgerufen, Wasser sparsam zu verbrauchen. Seit vergangener Woche dürfen die Bubendörfer nun wieder ausgiebig duschen und baden.

Die Bubendörfer können nun wieder ausgiebig duschen und baden.

Unglückliche Umstände führten zu den beiden Havarien in der Frenke. Sie hatten nichts miteinander zu tun und schützen vor der Möglichkeit künftiger Havarien nicht. Wie lange es nun dauern wird, bis wieder Normalzustand herrscht in der Frenke, kann Daniel Zopfi nicht sagen.

Das AUE ist nach wie vor mit der Aufarbeitung der Geschehnisse beschäftigt, die Strafermittlungsbehörden werden über Schuld oder Unschuld der Rero AG urteilen. Und die Frenke-Fischer, Pächter des betroffenen Abschnitts, werden die Fischpopulationen wieder aufstocken.

30 Abwasser-Reinigungsanlagen betreibt Baselland – genauer das Amt für Industrielle Betriebe –  über den ganzen Kanton verteilt. Diese reinigen jährlich 35 Millionen Kubikmeter Abwasser. Die Hauptarbeit dabei übernehmen Mikroorganismen, sogenannter Belebtschlamm. Werden diese Bakterien, Pilze und Protozoen durch Gifte – wie im Fall ARA Frenke 2 von Cyanid – dezimiert, verringert sich automatisch ihre Reinigungsleistung. Das Resultat: Ungereinigtes oder nur zum Teil gereinigtes Abwasser fliesst ins Gewässer. Im betreffenden Fall wird die tote Biomasse mit intaktem Belebtschlamm – hier aus der ARA Frenke 3 in Bubendorf – angeimpft. Es dauert allerdings mehrere Tage, bis die Biomasse ihre volle Wirksamkeit entfaltet.

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