Nach dem Gottesdienst gibts Kaffee und Zopf

Gottesdienst in Sissach, 25. November 2012, 10 Uhr.

Gottesdienst in Sissach, 25. November 2012, 10 Uhr.

Halbleere Kirchenbänke – von wegen. Die reformierte Kirche von Sissach war an diesem 25. November voll, nicht gerade gerangelt voll, aber sehr gut besetzt, grösstenteils von Leuten über 60.

Es ist Ewigkeitssonntag, man gedenkt der Verstorbenen des vergangenen Jahres. Über 50 Frauen und Männer haben sich bereits um halb zehn auf dem Friedhof unmittelbar neben der Kirche eingefunden, beten gemeinsam und tragen für alle Hingeschiedenen eine Kerze auf deren Grab.

Der Gottesdienst steht denn auch im Zeichen der Verstorbenen. Für jede und jeden brennt auf dem Altar ein weiteres Lichtlein. Vier gros­se Kerzen, die Pfarrer Matthias Plattner eine nach der anderen anzündet, widmet er erstens den Menschen, die todkrank sind, zweitens allen, die anderswo als in Sissach gestorben sind, drittens jenen, die viel zu jung gestorben sind und noch voller Pläne waren, und viertens jenen, die weit weg von uns ­Opfer von Kriegen und Gewalt wurden.

Umrahmt wird der Gottesdienst nicht nur von Bernhard Müllers mächtigem Orgelspiel, sondern auch vom Gesang des Männerchors Liederkranz Sissach. 22 Männer, die einzig beim «Dona nobis pacem» etwas Anfangsschwierigkeiten haben, sonst aber die Kirche mit ihrem Gesang prächtig füllen. Sie unterstützen die sangesfreudige Gemeinde bei den beiden Chorälen aus dem Kirchengesangbuch und beim Lied «Von guten Mächten treu umgeben …», dessen Text auf einem Blatt ­Papier verteilt wird und das Pfarrer Plattner auf dem Keyboard grad selbst begleitet.

Der Predigt zugrunde liegt ein Vers aus der Bergpredigt «Tritt ein durch die enge Tür …». Ihn nimmt Pfarrer Plattner zum Anlass, in ­Dialekt von seiner Reise im Sommer zu erzählen, als er vom mal nebligen, mal kühlen Norden in den verheis­sungsvollen Süden wanderte – ein Gleichnis sozusagen. Die manchmal mühsame Wanderung ist das ­Leben, der Süden das Paradies.

Alles in allem ein etwas gewagter Vergleich, aber die Leute hören zu, aufmerksam. Nach Orgelspiel und Abschied trifft sich ein grosser Teil der Kirchgänger im Gemeindesaal, man trinkt Kaffee, es gäbe auch Weissen, isst Zopf, erzählt herrliche Anekdoten, und gegen Mittag löst sich die Gesellschaft auf.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.11.12

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